Donetsk
Ukrainische Soldaten an der Front im Raum Donetsk, 19.08.2023 / picture alliance

Wo bleibt das Korrektiv? - Der Ukrainekrieg und das Versagen der Experten

Im Ukrainekrieg spielen Experten-Analysen eine wichtige Rolle. Allerdings gibt es ein Missverständnis über deren Funktion. Sie werden nämlich nicht benötigt, um politisches Handeln zu legitimieren. Sie werden als Korrektiv gebraucht, damit wir wissen, was schiefläuft.

Autoreninfo

Frank Lübberding ist freier Journalist und Autor.

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Mittlerweile wird in der Ukraine seit achtzehn Monaten gekämpft. Jeder Tag werden auf beide Seiten hunderte Soldaten verwundet oder getötet, die Infrastruktur des Landes ist schwer beschädigt, selbst wenn die Schäden des klassischen Luftkrieges im Vergleich zu denen im Zweiten Weltkrieg eher marginal sind. Darauf hat erst vor wenigen Tagen Edward Luttwak hingewiesen.

Zudem hat dieser Krieg für beide Seiten schwerwiegende demografische, ökonomische und soziale Folgen. Diese sind zwar für die Ukraine als gravierender einzuschätzen, aber trotzdem ist in beiden Ländern bisher kein innenpolitischer Stimmungswandel zu bemerken. Die Unterstützung des Krieges ist für die Regierungen in Kiew und Moskau einstweilen gesichert, wenigstens gibt es keine validen Hinweise auf einen bevorstehenden Kurswechsel.

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Oliver Strebel | Fr., 25. August 2023 - 12:19

Hallo Herr Lübberding, schön mal wieder von Ihnen Interessantes zu lesen.

Eine Niederlage der Ukraine halte ich für unwahrscheinlich. Zwar hat Russland die Abwehrschlacht des Sommers 23 gewonnen. Aber Russland hat auch keinen Meter gut gemacht.

ME. haben Drohnen und präszise Artillerie den Krieg grundlegend verändert. Man kann am Boden keinen Mucks mehr machen, ohne fürchterlich getroffen zu werden (*). Der Krieg ähnelt wieder dem WK1.

Der Schlüssel zum Frieden liegt in China und den USA. Wenn dort die Erwachsenen einsehen, dass niemend etwas gewinnen wird und R und Ukr zusammenstauchen, weil sie nur Tote und Unsicherheit produzieren, ist das mörderische Trauerspiel vorbei.

(*) Nachbemerkung: 1993 habe ich an der Heeresartillerieschule vorgeschlagen, dass man billige Plastikflieger-Kampfdrohnen braucht und wurde ausgelacht. Heute ist die russische Lancet ein Hauptproblem der Ukraine.

aus meiner Laiensicht hat im Moment Russland die Gebiete unter Kontrolle die es aus verschiedenen Gründen unbedingt wollte das heißt die 4 Oblasten und die Krim. Deswegen gibt es auch keine "Vorwärtsbewegung" seitens der Russen. Jetzt geht es darum,diese Gebiete zu halten während die Ukrainer, wenn sie Selenskyis Ankündigungen folgen wollen/müssen, die Gebiete zurückerobern müssen und das wird nicht ohne Verluste abgehen. Wenn es aber ganz dumm läuft für die Ukrainer können sie noch Odessa verlieren.

Werner Peters | Fr., 25. August 2023 - 12:33

Ich schalte sofort ab, wenn die im TV oder in den Zeitungen "Experten" zur aktuellen militärischen Lage befragen. Da kommt dann mancher, der vor hundert Jahren mal im Stellungskrieg war. Keiner weiß, was wirklich da drüben jeden Tag abgeht. Man kann sich nur vor fake News dadurch schützen, dass man mit gesundem Menschenverstand die Sache betrachtet. Und es ist nun mal so, dass Russland ein riesiges Land mit einem enormen Potential an Menschen und Material ist. Das Durchhaltevermögen der Russen ist legendär. Schon von daher ist das Gerede von einem ukrainischen "Sieg" völlig absurd.

Oliver Strebel | Fr., 25. August 2023 - 13:07

Antwort auf von Werner Peters

... Drohnenvideos vom Tage sehen, die beide Seiten publizieren. Das Bild ist auf beiden Seiten dasselbe: ein jämmerliches Gezwerche und Krepieren.

Im Sommer 22 sah man Russen in ein Minenfeld hineinfahren, wo schon einige ihrer Gefechtsfahrzeuge zerstört herumstanden, und, oh Wunder, sie haben ruck-zuck dort weitere Fahrzeuge verloren. Im Sommer 23 konnte man dieselbe Situation bei den Ukrainern beobachten wo sie binnen weniger Minuten 2 bis 5 von 4 bis 8 Fahrzeugen verloren.

Minen, Drohnen und Artillerie haben die Krieg im mobilisiert. Wer den Abnutzungskrieg gewinnt, wiess niemand. Das System Putin kann mE. plötzlich zusammenbrechen. Die Ukrainer wissen jedoch alle, dass sie von einem Terrorstaat (zB. Prigoschin) besetzt werden und sind hoch motiviert in der Verteidigung. Russland hat jedoch direkt große Resourcen zur Verfügung und die Ukraine hängt vom Westen ab.

Albert Schultheis | Fr., 25. August 2023 - 12:36

Leider gibt es nur extrem selten solche klugen Beiträge zu lesen, selbst achgut schafft das nicht einmal. Es dominieren die Schmalspurdenker Urban, Osthold, Friedman oder Hetzer wie der Veser in der FAZ. "Als Prognostiker sind Experten allerdings nicht besser als der Laie, eher im Gegenteil." - Nicht einmal das! Memento Coronae. Ich bin Laie, habe noch was anderes zu tun als mir nur den Bullschitt der "Experten" reinzuziehen. Interessant ist es zu entdecken, dass in dem ganzen Kalkül um Krieg und Frieden niemals ukrainische Interessen in Betracht kamen, russische nur kurz und am Rande. Es ging um die USA, Dummy!
Tatsächlich, wir treten in die Endphase des Krieges ein: weil die Jugend der Ukraine entweder tot oder desertiert ist. Und weil wir zu feige sind, einen Atomkrieg zu wagen, deshalb hat Putin gewonnen. Punkt. Aber das war bereits vor eineinhalb Jahren klar! Natürlich nicht für "Experten". Und es ist der Sieger, nicht der Verlierer, der die Kapitulationsbedingungen diktiert.

Die einzige offene Frage, die noch bleibt, wenn der letzte junge Ukrainer demnächst in einem der Minenfelder elend verreckt sein wird: Werden Putins uralte T34 und Stalinorgeln Halt machen, oder werden sie weiterrollen bis zur Ostgrenze der Nato? Denn wer sollte ihn dann davor noch zurückhalten? Das letzte Aufgebot, die Agnes oder der Toni? Höchstens noch der Lenz, der Hügle und der laporta! Und der Westen, was macht er dann?

Armin Latell | Fr., 25. August 2023 - 19:17

Antwort auf von Albert Schultheis

haben wir noch so einige Feierabendrambos mehr im Lande, die weder in der Lage, geschweige denn Willens sind, sich bei den ganz normalen Straßenkriegen hier im eigenen Land für die „gerechte Sache“ in den Kampf zu werfen. Da schwadronieren sie viel einfacher über einen Krieg, der sie nichts angeht. Frau Keppelen hat weiter oben einen interessanten Gedanken bez. der weiteren Vorgehensweise der Russen beschrieben-im Prinzip die Stellung nur halten. Schließlich hat Russland jetzt den weltgrößten Schrottplatz und große kontaminierte Gebiete zu sanieren, westl. finanz. Hilfe ausgeschlossen. Ich glaube nicht, dass sie weitermachen würden. Auf keinen Fall direkt gegen die Nato.

"Tatsächlich, wir treten in die Endphase des Krieges ein: weil die Jugend der Ukraine entweder tot oder desertiert ist."

Woher wollen Sie das so genau wissen? Sie scheinen sich wirklich nicht besonders mit der Lage auf dem Gefechtsfeld auszukennen, geschweige sich damit rational auseinander setzen zu wollen. Gerade aus solchen Statements, die Sie hier raushauen, lese ich eher sehr viel Frust heraus, weil Ihre Russen einfach nichts mehr auf die Reihe kriegen. Was hat Putin nach Ihrer Ansicht denn genau schon gewonnen? Und warum war das bereits vor 1 1/2 Jahren klar? Die Realität ist: seine Armee wird jeden Tag kontinuierlich dezimiert, zehntausende Männer in den Tod geschickt, Demografie und Wirtschaft werden langfristig massive Schäden erleiden. Putin zerstört Russland. Was hat er also gewonnen?? Nichts!!
Aber Sie Herr Schultheis, wissen es natürlich besser als die vermeintlichen "Schmalspurdenker Urban, Osthold, Friedman oder Hetzer wie der Veser"!

Tja, Dunning Kruger lässt grüßen!!

Keppelen Juliana | Fr., 25. August 2023 - 13:46

Kommentar. Solche Beiträge sind eher Raritäten in den Medien aber sie geben einem die Hoffnung, dass der Verstand und die Vernunft doch noch vorhanden ist.

Henri Lassalle | Fr., 25. August 2023 - 14:46

aus der Tatsache, dass man - die USA und ihre Verbündeten, sowie Putin-Russland - kein Ende des Krieges will, jedenfall noch nicht. Es geht um geopolitische Absichten, um reiche Bodenschätze, an die auch Putin will, es geht um antiquierte Grossreich-Träume Putins und seiner fellowers......... Niemand will von der Beute lassen. Solche Situationen kennt man aus der Geschichte und der Verlierer war immer der Schwächere, der Geschundene.

Christoph Kuhlmann | Fr., 25. August 2023 - 14:58

Es ist wieder typisch. Die Entscheider sitzen in den USA und der Ukraine. Aber Deutschland möchte mit einem Massenmörder verhandeln, der gerade erst den Beweis seiner kriminellen Energie geliefert hat. Er hat Russland in ein brutales Unterdrückungssystem verwandelt und diese Gewalt dann nach Außen gekehrt. Putin ist wieder da angekommen, wo er begonnen hat. Beim Bündnis ehemaliger Geheimdienstler mit der Mafia. Momentan säubert er die russische Öffentlichkeit von ultranationalistischen Scharfmachern, die seine Macht bedrohen. Das ändert nichts an der Belanglosigkeit der deutschen Debatte. Solange wir uns gegen Russlands nukleare Bedrohung nicht verteidigen können, bleiben wir in Krisenzeiten auf den Kurs der USA festgelegt. Die einzige Verteidigung, die es gibt, ist die Fähigkeit zur posthumen Vernichtung des Volkes des Aggressors. Solange wir Russland im Zweitschlag nicht nuklear vernichten können, sind wir ein Anhängsel der USA. Auch Putin sieht das so. Insofern, wer soll verhandeln?

Armin Latell | Fr., 25. August 2023 - 19:38

aber guten Analysen zu diesem Thema. Ein Laie kann der Logik gut folgen. Leider scheint das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Das wird wohl erst erreicht sein, wenn der letzte kampffähige Ukrainer gefallen ist und der Nachschub an den reichlich vorhandenen verbalen Kampffachkräften aus der EU ausbleibt.

Urban Will | Fr., 25. August 2023 - 20:54

Artikel vom 22.08 („Die westliche Fixierung auf Waffenlieferungen ist falsch“) bestätigt.
Die Waffenlieferungen kommen dosiert und ändern hier oder da was am Frontverlauf, ohne den Krieg zu entscheiden, denn das Risiko einer atomaren Eskalation ist mit Sicherheit in den Köpfen derjenigen, die diesen Krieg steuern (USA) präsent.
Man lässt die Ukrainer krepieren im Bestreben den ewigen Feind Russland zu schwächen.
Die Mehrheit der „Experten“ liefert den Zaungästen und ihren Kriegstümmlern in den Regierungen die passenden Informationen über die tollen Erfolge der ukrainischen Armee hier und dort.
Wenige objektive aus deren Kreise gibt es auch, aber sie werden nicht so gehört.
Kognitive Konsistenz ist aber nun mal nichts, was schießen oder zerstören kann, außer vielleicht die Hirne der Gläubigen.
Der Krieg mag noch ein paar Jahre dauern und noch viele junge Menschen in den Tod jagen, sein Ende ist heute schon absehbar.
In der Sackgasse steckt der Westen, nicht die Russen.

Jens Böhme | Fr., 25. August 2023 - 23:33

Heute in der Vergangenheit herumkramen, was man hätte anders machen sollen, blendet die andere Seite aus. Das russische politische Establishment hat seit dem NATO-Krieg in Jugoslawien 1999 seine Entscheidungen und Konsequenzen getroffen. Putin schaute sogar noch am 25.9.2001 im deutschen Bundestag vorbei und bot die Hand an. Wer nicht mitspielte sind all die ehemaligen sowjetischen Satellitenstaaten, die eigene Vorstellungen abseits von Russland und dem Westen haben und meist Entscheidungen gegen Russland trafen (sicherlich aus historisch gutem Grund). Irgendwer sagte zum russischen Überfall in Ukraine:"Russland hat es in der Hand, den Krieg zu beenden." Dem kann ich zustimmen, denn der Aggressor hat es am Einfachsten, den Überfall zu stoppen und heimzukehren.