Ende des Verbrenners - Gegen das Auto

In der Ampelkoalition ist neuer Streit um das von der EU beschlossene Verbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor entbrannt. Die FDP besteht auf einer Ausnahme für synthetische Kraftstoffe. Aber wie konnte es überhaupt so weit kommen, dass Europapolitiker bestimmen, welche Technologie sich durchsetzen soll?

Spätestens 2035 hat es sich ausgebrannt / dpa
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Daniel Gräber leitet das Ressort Kapital bei Cicero.

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Stellen wir uns vor, eine Bundestagsfraktion – zum Beispiel die der Grünen – brächte einen Gesetzesentwurf in das Parlament ein, wonach Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotor vom Jahr 2035 an nicht mehr zugelassen werden dürfen. Als Neuwagen kämen dann nur noch Elektroautos auf deutsche Straßen. Welche Chance hätte ein solches „Verbrennerverbot“ wohl im Land von Rudolf Diesel, Carl Benz und Gottlieb Daimler?

Vermutlich keine. Die Bild-Zeitung würde Sturm dagegen laufen. Gewerkschaften zum Großkampf aufrufen und Politiker vor den Fernsehkameras die ewige Liebe zum Automobil schwören. Ja, Elektromobilität ist richtig und wichtig, würden sie sagen. Aber bitte mit Augenmaß. Wir dürfen nicht gleich das Kind mit dem Bade ausschütten. Es geht auch um Arbeitsplätze und um bezahlbare Mobilität für alle. 

Ein Spiel mit dem Feuer

Den Abschied vom Verbrennungsmotor gesetzlich zu erzwingen, diese Idee wäre im Bundestag vermutlich gescheitert. Dennoch wird sie nun Realität. Das deutsche Parlament wurde gar nicht dazu gefragt. Debattiert und entschieden wurde nicht in Berlin, sondern in Brüssel und Straßburg. Die breite deutsche Öffentlichkeit hat vom „Verbrennerverbot“ der Europäischen Union erst erfahren, als es schon so gut wie beschlossen war.

Wenn es gut läuft und die Verfechter der reinen Elektromobilität recht behalten, wird man die Weitsichtigkeit der EU-Industriepolitik loben, die gegen Beharrungskräfte aus dem fossilen Zeitalter den Technologiesprung in die Zukunft durchgesetzt hat. 

Wenn es schlecht läuft und das eintritt, was Skeptiker befürchten, kann diese weitreichende Entscheidung nicht nur enormen volkswirtschaftlichen Schaden anrichten, sondern auch das ohnehin schon schwindende Vertrauen in die EU-Institutionen erschüttern. 

Wenn der Staat Gott spielt

Elektroautos sind die Zukunft, daran hat in der Branche kaum jemand mehr Zweifel. Doch die offene Frage ist: welche Zukunft? Eine, in der nur noch Batteriefahrzeuge rollen? Oder werden sich auch noch andere, klimaneutrale Antriebsarten durchsetzen? Und welche Rolle spielt dann noch die europäische Autoindustrie?

Das Verbrennerverbot der EU ist eine Anmaßung. Ähnlich wie beim Atomausstieg legen Politiker fest, welche Technologie gut und welche schlecht ist. Sie bremsen damit neue Entwicklungen und das schöpferische Spiel von Angebot und Nachfrage. Und sie neigen dazu, den einmal eingeschlagenen Weg mit Entschlossenheit zu verfolgen, auch wenn er sich als Sackgasse herausstellt.

 

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Das führt dann zu immer mehr Markteingriffen: einer Spirale aus Regulierungen und Subventionen. In der deutschen Energiepolitik ist derzeit genau dies zu beobachten. Und auch die Fahrzeughersteller werden, wenn ihre Elektroautos nicht ausreichend Käufer finden, nach dem Staat rufen. Aber der Reihe nach. Zunächst zur Vorgeschichte.

Aus radikalem wird common sense

Um den CO2-Ausstoß im Straßenverkehr zu senken, hat die EU 2015 einen sogenannten Flottengrenzwert eingeführt. Das bedeutet: Die durchschnittlichen Emissionen der neu zugelassenen Fahrzeuge eines Herstellers dürfen einen gesetzlich festgelegten Grenzwert nicht überschreiten. Für Personenkraftwagen und leichte Nutzfahrzeuge lag er zunächst bei 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer und wurde auf 95 Gramm verschärft. Jetzt soll dieser Wert bis zum Jahr 2035 auf null gesenkt werden. Neuwagen dürfen dann kein CO2 mehr ausstoßen. Damit fallen sowohl Benzin und Diesel als auch neuartige synthetische Kraftstoffe weg. Was bleibt, ist das Elektroauto.

„Als wir 2019 die Verschärfung der Flottengrenzwerte beschlossen haben, war von einer Reduzierung auf null nie die Rede“, sagt Jens Gieseke, CDU-Abgeordneter im Europaparlament. „Das war damals noch eine extreme Forderung radikaler NGOs. Doch dann hat die EU-Kommission diese Forderung übernommen.“ 

Für den Niedersachsen, der die EVP-Fraktion in den Verhandlungen zu diesem Thema vertreten hat, ist das Verbrennerverbot Ausdruck davon, wie einflussreich bestimmte Umweltorganisationen in Brüssel geworden sind. „Die kämpfen inzwischen mit härteren Bandagen als die Industrielobby“, sagt Gieseke.

Der mächtigste Grüne der Welt

Die gegenüber grünen Ideen eigentlich recht aufgeschlossene Wochenzeitung Die Zeit hat dazu vor einigen Monaten einen bemerkenswerten Artikel veröffentlicht, der hinter den Kulissen des Berliner Politikbetriebs herumgereicht wird und für Raunen und Staunen sorgt. Unter dem Titel „Der mächtigste Grüne der Welt“ wird darin Hal Harvey vorgestellt: ein Amerikaner, der mit Beharrlichkeit, strategischem Verstand und steinreichen Verbündeten ein internationales Netz aus Stiftungen, Denkfabriken und anderen Lobbyorganisationen aufgebaut hat, die das Ziel verfolgen, eine möglichst drastische Klimaschutzpolitik durchzusetzen. In Deutschland zählen Agora Energiewende und Agora Verkehrswende zu Harveys Netzwerk, finanziell bestens ausgestattete Stichwortgeber der Bundesregierung – und deren Personalreserve: Robert Habecks wichtigster Staatssekretär, Patrick Graichen, war Chef von Agora Energiewende, bevor er ins Wirtschaftsministerium wechselte.

Was den Kampf gegen den Verbrennungsmotor angeht, ist der International Council on Clean Transportation (ICCT) eine wichtige Organisation. Ohne Harvey und dessen Kontakte zu spendablen, klimabewegten US-Milliardären gäbe es sie nicht. Das sagt der deutsche ICCT-­Mitgründer Axel Friedrich in dem Zeit-Artikel: „Wir hatten die Idee, Hal Harvey das Geld.“ Es handelt sich dabei um jene Organisation, die 2015 manipulierte Abgasmessungen bei Dieselfahrzeugen von Volkswagen aufdeckte.
Der Dieselskandal stürzte nicht nur den deutschen Vorzeigekonzern in eine bis heute nicht ausgestandene Krise, sondern hatte auch einen Reputationsverlust der gesamten Branche zur Folge, der mit dazu führte, dass das Verbrennerverbot durchgesetzt werden konnte.

Als in der EU um die erneute Verschärfung der Flottengrenzwerte gerungen wurde, war die ebenfalls von Harveys Stiftungsnetzwerk unterstützte Organisation Transport & Environment sehr aktiv, berichtet der Europapolitiker Gieseke. „Kaum hatte ich einen Änderungsvorschlag, der klimaneutrale, synthetische Kraftstoffe erlauben sollte, kam von denen die Gegenstudie.“
Am Ende setzten sich die Gegner der sogenannten E-Fuels durch. Innerhalb der EU-Kommission war das vor allem Frans Timmermans. Der Sozialdemokrat aus den Niederlanden stieg unter Jean-Claude Juncker zum ersten Vizepräsidenten und wichtigen Strippenzieher auf. Unter Ursula von der Leyen ist er für die europäische Klimapolitik zuständig. Sein Ehrgeiz sei groß, heißt es in Brüssel. Beim Green Deal treibe er die Kommissionspräsidentin regelrecht vor sich her. Mit Unterstützung seines Büroleiters Diederik Samsom, einem ehemaligen Greenpeace-Aktivisten aus den Niederlanden. 

Kunde ist Casus knacksus

In der deutschen Autoindustrie gab es zunächst noch Widerstand gegen die strikte EU-Politik. Wobei sich die großen Fahrzeughersteller untereinander nicht einig waren. Volkswagen setzte unter dem inzwischen abgelösten Vorstandsvorsitzenden Herbert Diess voll auf den Elektroantrieb – auch, um das durch den Dieselskandal beschmutzte Image wieder aufzupolieren. Mercedes-Benz zog nach und verkündete Mitte 2021 seine „Electric-­only“-Strategie. In Bayern hingegen warnt BMW-Chef Oliver Zipse nach wie vor: „Wir halten es für falsch, in Europa den Verbrenner abzuschalten.“ Statt nur auf den batterieelektrischen Antrieb zu setzen, sollte die Politik einen technologieoffenen Ansatz verfolgen.

Technologieoffenheit ist das Schlagwort derjenigen, die nicht an die überragende Weisheit ehrgeiziger EU-Politiker und grüner Lobbyisten glauben. Seit der kalifornische Elektroautopionier Tesla die traditionellen Hersteller aufgescheucht hat und nun auch noch neue Konkurrenten aus Asien auf den westlichen Markt drängen, ist zwar klar, dass das Batterieauto eine wichtige Rolle spielen wird. Das bestreitet auch niemand mit klarem Verstand.

Was Kritiker des E-Auto-Hypes allerdings zu bedenken geben: Den kompletten, derzeit mit fossilen Brennstoffen betriebenen Individualverkehr auf batterieelektrische Antriebe umzustellen, ist unrealistisch. Sich nur darauf zu fokussieren, kann daher nicht nur wirtschaftlich riskant sein, sondern auch dem Klimaschutz schaden. Nämlich dann, wenn in Europa der „Havanna-Effekt“ eintritt und alte Verbrenner einfach länger gefahren werden. Denn eine zentrale Variable der Gleichung ist noch vollkommen offen: die Kundenakzeptanz. 

„Das ist katastrophale Wirtschaftspolitik.“

In der Autobranche gibt es einige, die so denken. Sie halten die politischen Vorgaben aus Brüssel für falsch, sprechen das aber nicht offen aus, weil es weder an den Finanzmärkten noch in der Medienöffentlichkeit gut ankommt. Man gilt dann schnell als ewiggestriger „Petrolhead“, der dem Wandel im Weg steht.

Thomas Koch ist eine Ausnahme. Der Maschinenbauprofessor und Spezialist für Verbrennungsmotoren kennt die deutsche Autoindustrie von innen. Bevor er 2012 seinen Lehrstuhl am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) bekam, hat er bei der damaligen Daimler AG Motoren für Nutzfahrzeuge entwickelt. Koch denkt als Ingenieur pragmatisch und lösungsorientiert, aber wenn es um den industriepolitischen Kurs geht, den die EU nun einschlägt, wird er emotional, fast wütend.

„Wir tun so, als ob wir in Europa den Stein der Weisen für uns gepachtet hätten. Man muss aber darauf achten, was einen exportorientierten Kontinent wie unseren und insbesondere eine export­orientierte Nation wie Deutschland auf der Welt erwartet“, sagt Koch. „Und die Welt hat eine ganz andere Perspektive als manche Europäer, die der Meinung sind, die Zukunft beim Automobil sei ausschließlich eine rein elektrische.“ Es könne doch nicht unsere Strategie sein, „etwas, was uns Wohlstand sichert, hier abzubauen und kampflos an andere Länder und Kontinente zu übergeben. Das ist katastrophale Wirtschaftspolitik, die kritisiere ich massiv.“

Alternative E-Fuels?

Wenn es schlecht läuft, so das Szenario der „Electric-only“-Kritiker, wird eine Technologie, in der Deutschland weltweit führend war, aus Europa vertrieben – in der vagen Hoffnung, im Elektroautorennen mit China und den USA mithalten zu können. Wobei dort weiterhin auch Verbrenner und Hybride (Elektroautos mit zusätzlichem Verbrennungsmotor) gebaut und verkauft werden.
große Hoffnungen setzen der Ingenieur Thomas Koch, der Europapolitiker Jens Gieseke und einige andere, die den Verbrennungsmotor retten wollen, in E-Fuels. Das sind neuartige Kraftstoffe, die mit elektrischer Energie hergestellt werden.

Dabei wird CO2 aus der Luft oder aus Kraftwerken gebunden, das beim Verbrennen wieder ausgestoßen wird. Wenn zur Herstellung Wind- oder Solarstrom verwendet wird, sind E-Fuels daher klimaneutral. In Brüssel wurde lange darum gerungen, ob es für solche Kraftstoffe eine Ausnahme vom Verbrennerverbot geben soll. Innerhalb der Bundesregierung hatte sich die FDP dafür starkgemacht, während die grüne Umweltministerin Steffi Lemke die Linie des niederländischen Verbrennergegners Frans Timmer­mans unterstützte: null CO2 am Auspuff, egal, was vorher getankt wurde.

Am Ende kam eine vage Absichtserklärung heraus. Die EU-Kommission kündigte an, einen Vorschlag zu machen, wie Verbrenner mit E-Fuels nach 2035 noch zugelassen werden könnten. FDP-Chef Christian Lindner und andere liberale Spitzenpolitiker feierten das gegenüber ihrem deutschen Publikum als großen Erfolg. „Diese kluge Entscheidung sichert Technologie-Optionen, auch beim Verbrenner. Einseitige politische Festlegungen bei naturwissenschaftlich-­technischen Fragen sollten vermieden werden“, twitterte Lindner.

„Viele werden ihre Jobs verlieren“

Doch der EVP-Abgeordnete Gieseke gießt Wasser in den Wein. „Das ist nur eine rechtlich unverbindliche Erklärung, die nichts an dem beschlossenen Verbrennerverbot ändert“, sagt er. „In Wirklichkeit konnte sich die FDP gegenüber ihren Koalitionspartnern nicht durchsetzen.“ Der Kampf sei verloren, Verbrenner werden in Europa keine Zukunft mehr haben. „Eine ganze Industrie wird vertrieben. Das wird massive Auswirkungen auf die Beschäftigten haben. Viele werden ihre Jobs verlieren“, so Gieseke. 

Eine Befürchtung, die auch Roman Zitzelsberger teilt. Er ist Chef der Industriegewerkschaft Metall im Autoland Baden-­Württemberg. Mercedes-Benz, Porsche, Audi haben dort große Fabriken. Drum herum hat sich eine weltweit einzigartige Landschaft aus Zulieferern entwickelt, die mehr Arbeitsplätze bieten als die Autohersteller selbst. Vor allem dort, warnt der Gewerkschafter, wird es zu Umwälzungen kommen. „Wenn weniger Verbrenner gebaut werden, braucht es weniger verbrennerspezifische Teile der Zulieferer“, sagt Zitzelsberger. „Wer bisher zum Beispiel Kolben gebaut hat, muss sich jetzt ein neues Geschäftsfeld überlegen.“

Das Verbrennerverbot der EU sieht Zitzelsberger allerdings nicht als Ursache des Problems an, und das Festhalten am Kolbenmotor auch nicht als Lösung. „Im Pkw wird sich der Elektroantrieb mit Batterie durchsetzen, davon bin ich überzeugt. Denn dies ist die energieeffizienteste Lösung.“ Es wäre brandgefährlich, wenn sich die deutsche Autoindustrie darauf nicht einstellt. „Wenn technologische Brüche erkennbar sind, ist es besser, an der Spitze zu stehen statt abzuwarten. Wo wären wir denn jetzt, wenn wir um die Jahrhundertwende am klassischen Kutschenbau festgehalten hätten?“

Dampfloks wurden auch nicht verboten

Genau das ist die Argumentation der Elektrifizierungsvisionäre in Umweltorganisationen, Parlamenten und Redaktionen, die den deutschen Autoherstellern lange vorgeworfen haben, zu satt und zu träge geworden zu sein, um die Zeichen der Zeit zu erkennen.

Das mag stimmen oder auch nicht. Eines können die Verfechter der reinen Elektromobilität bisher nicht schlüssig erklären: Wenn sich das E-Auto sowieso durchsetzen wird, weil es dem Verbrenner überlegen ist, wozu braucht es dann noch Verbote? Die Diesel- und später die Elektrolokomotive haben ihren weltweiten Siegeszug angetreten, ohne dass je ein Parlament ein Dampflokomotivenverbot beschlossen hat. Diese technische Revolution geschah deshalb, weil die neue Antriebsart Vorteile bot: mehr Reichweite und schnellere Bereitstellung, weil das Anheizen des Dampfkessels entfiel. Das von einer Batterie versorgte Elektroauto hat gegenüber dem herkömmlichen Benzin oder Diesel tankenden Wagen jedoch einen entscheidenden Nachteil: Der Ladevorgang dauert deutlich länger, und die Reichweite ist kürzer.

Der blinde Fleck der E-Auto-Euphorie betrifft noch ein grundlegenderes Problem. Es geht um die Umwelt- und Klimafreundlichkeit dieser Antriebsart. Wenn man es wie beim EU-Verbrennerverbot macht und sich nur anschaut, was aus dem Auspuff kommt, ist die Sache klar. Elektroautos haben nämlich gar keinen. Sie sind sauber, pusten weder das Treibhausgas Kohlendioxid noch gesundheitsgefährdende Stickoxide in die Luft. Doch woher kommt der Strom, den sie zum Aufladen brauchen?

Der kohlebetriebene Stromer 

In Deutschland, das seine letzten Atomkraftwerke abschalten will und daher trotz des Ausbaus von Windkraft und Solarenergie auf Kohle- und Gaskraftwerke angewiesen bleibt, haben E-Autos keinesfalls automatisch die bessere Klimabilanz als ein moderner Verbrenner. Verkehrsminister Volker Wissing wies darauf Anfang des Jahres im Zuge der Debatte um eine AKW-Laufzeitverlängerung hin. „Wir können im Verkehrsbereich mit der Elektromobilität nichts für den Klimaschutz tun, wenn wir Kohlestrom zum Laden nutzen“, sagte der FDP-Politiker der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. „Wir organisieren gerade den Hochlauf der Elektromobilität. Wenn die Menschen erleben, dass die E-Autos nicht nur teuer sind, sondern schlecht für das Klima, wird die Transformation zum Fiasko.“

Wissing wolle nur von eigenen Versäumnissen bei der Dekarbonisierung des Verkehrssektors ablenken, hieß es abwehrend bei den Grünen. Denn das Atomtabu tastet dort nach wie vor niemand an. Stattdessen entwickeln sie Pläne, wie Elektroautos die Energiewende retten könnten: Die Fahrzeugbatterien sollen als Puffer dienen, um die Flatterhaftigkeit der wetterabhängigen Stromerzeugung auszugleichen.

Der Verbrenner ist nur der Anfang

Einen ersten Schritt in diese Richtung hat die Bundesnetzagentur unternommen. Die von einem früheren Grünen-Politiker geführte Regulierungsbehörde will es Netzbetreibern erlauben, Elektroautos den Strom abzudrehen, wenn er knapp wird. Private Ladeeinrichtungen, sogenannte Wallboxen, könnten dann von den örtlichen Stadtwerken abgeschaltet oder zumindest gedrosselt werden.

Das halten die Autohersteller für keine gute Idee. Der Elektroautopionier Tesla hat gemeinsam mit einer Volkswagen-­Tochter und anderen Unternehmen ein Protestschreiben an die Bundesnetzagentur gerichtet. Sie fürchten, dass solche Eingriffe „die Akzeptanz und die Kundenzufriedenheit für Schlüsseltechnologien der Energiewende“ gefährden.

Der Karlsruher Maschinenbauprofessor Thomas Koch fürchtet noch etwas anderes: Der von schlagkräftigen Umweltorganisationen geführte Kampf gegen den Verbrenner sei in Wahrheit einer gegen das Auto an sich. „An dem Tag, an dem der Verbrenner verboten ist, wird auch gegen das Elektroauto gehetzt werden.“

 

Dieser Text stammt aus der März-Ausgabe des Cicero, die Sie demnächst am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

 

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