An welchen Gott glauben Sie?

„7 Fragen an das Leben“ stellte Autor Dirk von Nayhauß prominenten Zeitgenossen. Und stellte fest, dass die Frage nach dem Glauben ungewöhnlich offen beantwortet wird:mal aufrichtig zweifelnd, mal überraschend bekenntnisfreudig

Renate Schmidt An den liebenden Gott. In meiner Konfirmationszeit habe ich immer nur den strafenden Gott, den zürnenden Gott, den auf korrekte Verhaltensweisen und Regeln achtenden Gott kennen gelernt. Heute denke ich: Gott nimmt mich so an, wie ich bin. Nicht nur ich vertraue in ihn, er vertraut auch in mich, dass ich im Wesentlichen das Richtige mache. Und er sieht über kleine Fehler, die ich habe, auch die ich mache, auch mal hinweg. Letztlich ist Gott für mich immer gegenwärtig, ich habe das Gefühl einer Begleitung. Wo ich mich aufgehoben fühle und denke: In Wirklichkeit kann mir nichts wirklich Fürchterliches passieren, mit dem ich nicht fertig werde. Für mich ist Gott ein Synonym für Liebe, für Ewigkeit und für Leben. Gott ist alles das zusammen. Wolfgang Schäuble An den Gott, wie er in unserem christlichen Glaubensbekenntnis beschrieben ist. Meine persönliche Beziehung zu Gott wurde sehr durch die Erfahrung von Verantwortung beeinflusst. Als ich 1984 Mitglied der Bundesregierung wurde, hatte ich das Gefühl: Das ist nicht nur ein großes Glück und eine große Erfüllung, sondern in erheblichem Maße auch eine große Last, wenn man plötzlich Verantwortung für andere tragen muss. Da hat mir die Gewissheit geholfen: Ganz alleine bist du nicht, du musst die Verantwortung nicht ganz alleine tragen, für die allerletzten Dinge bist du nicht verantwortlich. Roland Berger An einen gerechten, gnädigen Gott. Das Christentum ist unter den Religionen die vielleicht anspruchsvollste und für die Menschen verheißungsvollste: Es verlangt, stets moralische Imperative zu befolgen und den Nächsten zu achten, und fordert gleichtzeitig auf, Leistung für sich und die Gemeinschaft zu erbringen und ein tiefes Vertrauen in die Gnade Gottes zu entwickeln. Das Christentum fördert und fordert die individuelle Persönlichkeit. Dies hat den Menschen in christlichen Gesellschaften größere Entfaltungsmöglichkeiten gegeben als bei anderen Glaubensrichtungen. So hat das Christentum, vor allem im Protestantismus, trotz mancher Irrwege die Blüte des Abendlandes und Nord-amerikas mit ermöglicht – nicht zuletzt dank klarer Wertvorstellungen. Heide Simonis Eigentlich bin ich ein stark gläubiger Mensch, aber nicht gebunden an eine Kirche. Ich glaube weniger an einen Gott, eher an ein Prinzip, wonach die Welt organisiert ist. Ich glaube auch, dass der Mensch eigentlich gut geboren ist und er Regeln wie „Du sollst nicht töten!“ ursprünglich tief in sich hat. Diese Überzeugung ist für mich der Anlass, mich zu engagieren, sonst hätte ich irgendetwas anderes versucht, vielleicht Karriere in einer Bank gemacht, aber das hat mich nicht interessiert. Ich habe ein ganz starkes Gefühl für Ungerechtigkeiten: Ich finde es nicht richtig, wie die Güter in der Welt verteilt sind; wie Starke Schwächere rumschubsen. Das ist auch der Grund für mein Engagement bei Unicef. Jörg Immendorff Oh je, das ist eine ganz, ganz schwere Frage. Ich habe keine konfessionsfixierte Vorstellung vom Göttlichen, das sind ja eher menschliche Erfindungen. Gott – im christlichen Sinne und wie er den Kindern beigebracht wird – sieht uns von außen. Wir sind seine Schafe oder seine Anvertrauten und er schützt uns oder er entzieht uns seinem Schutz. Die Bandbreite der Spekulationen ist gewaltig: Menschen stellen sich Gott als Lichtquelle vor, als Ursprung des Universums, als universelle Energie.Es gibt die These, dass die Menschen sich Gott erfunden haben, weil sie ihn brauchen, aber da wäre ich mir persönlich nicht so sicher. Allerdings geht das in eine Intimsphäre, die kaum verbal zu behandeln ist. Markus Wolf Den kann ich schwer definieren. Früher hätte ich als überzeugter Marxist und Atheist –der ich meine, noch zu sein – gesagt: an keinen Gott. Aber das Leben und vor allem das Nachdenken über das Leben lässt mich das etwas differenzierter beantworten. Deswegen habe ich in meinem letzten Buch „Freunde sterben nicht“ manche Gedanken meiner engsten Freunde wiedergegeben, die an ein höheres Wesen glauben, in einigen Fällen auch an ein Leben nach dem Tod; und dass uns Dinge bestimmen und leiten, die außerhalb unserer, sagen wir mal, marxistisch-historisch-dialektisch begründeten Weltsicht liegen.

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