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Maurice Weiss/OSTKREUZ

Frank A. Meyer - Der lebendige Citoyen

Der Philosoph Peter Sloterdijk über einen Demokraten, der Glanz verbreitet. Der Schriftsteller Martin Walser über ein Spontaneitäts-Genie. Beide würdigen den Journalisten Frank A. Meyer, der heute 70 wird. Herzlichen Glückwunsch

Autoreninfo

Peter Sloterdijk ist Kulturphilosoph und seit 2001 Rektor an der Staatlichen Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.

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Peter Sloterdijk: „Kristall unter den Mineralien“

 

Unsere erste Begegnung war wohl durch die Einladung zu einer seiner Sendungen in der Reihe „Vis-à-vis“ vor etwa zehn Jahren veranlasst ge­wesen. Oder waren es mehr? Von da an wusste ich jedenfalls, es gibt einen Zeitgenossen, den man im Auge behalten muss.

Warum? Ich hatte einen Mann entdeckt, der etwas verkörperte, was man für ein realistisches Mär­chen halten könnte. Ich war einem Demokraten begegnet, der Glanz verbreitete. Unvermutet hatte ich einen Schweizer Bürger kennenge­lernt, der den Titel „Bürger“ trug wie den höchsten Orden, den die Welt zu vergeben hat.

Was soll man einem solchen Menschen wünschen, wenn nicht das, was er für sich selber verlangt? Frank A. Meyer ist unter den großen Journalisten unserer Tage das, was die Kristalle unter den Minera­lien sind. Er weiß, was Form ist, er verkörpert sie. Er beweist, dass die Kristalle leben. Jeden Tag stellt er unter Beweis, die Kontur ist die Seele des Metiers.

Was soll man einem solchen Mann wünschen, außer, dass er nicht aufhört, die amorphe Mitwelt durch seine Kraft der klaren Linie zu korrigieren?

 

 

Martin Walser: „Virtuose der Lebendigkeit“

 

Wenn Frank A. Meyer etwas vor­trägt, was er aufgeschrieben hat, fällt er sich selber immer wieder ins Wort. Das, was er aufgeschrieben hat, würde jedem anderen Vortra­genden gut und gern genügen. Frank A. Meyer ist jetzt so sehr da, dass er jetzt nicht so tun kann, als sei er nur der, der das aufgeschrie­ben hat. Ihm fällt andauernd ein, wie ihm jetzt vorkommt, was er vor zehn oder 20 Tagen geschrieben hat. Und das muss er sagen. Jetzt sagen. Jetzt dazu sagen.

Denn er lebt jetzt und will uns nicht nur sa­gen, wie er vor zehn oder 20 Tagen gelebt hat und gedacht hat. Er ist viel zu lebendig, als dass er nur der sein könnte, der er vor zehn oder 20 Tagen war. Das ist überhaupt sein Wappen, sein Wesen, sein Wich­tigstes: diese unaufhörliche Leben­digkeit.

Und wie er das praktiziert.

Er darf doch selber überrascht sein von dem, was ihm jetzt noch ein­fällt zu dem, was er vor zehn oder 20 Tagen geschrieben hat. Und das erleben dann wir, seine Zuhörer. Wie er jetzt umgeht mit dem, was ihm vor zehn oder 20 Tagen einge­fallen ist. Das ist überhaupt das Schönste, wie er seinen andauernd andrängenden Reichtum bändigen muss. Staunend erleben wir das: Er ist ein Virtuose der Lebendigkeit. Er ist ein Spontaneitäts-Genie.

Frank A. Meyer ist Kolumnist des Magazins Cicero und Mitglied des Publizistischen Beirats. Die Redaktion wünscht dem Jubilar alles Gute.

[video:Foyergespräch mit Walser und Sloterdijk]

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