Rauchschwaden steigen während der Pyro-Show des Konzerts der Band Rammstein über dem Olympiastadion in Berlin auf / dpa

Nachdenken über Rammstein - Wehe dem Linde-Mann, der alles haben kann

Was nach einem Naturereignis aussieht, der Erfolg von Rammstein, ist Ergebnis harter Arbeit und einer langjährigen Vorbereitung. Und doch wird es nach den Vorwürfen gegen Till Lindemann so wie bisher nicht weitergehen können.

Autoreninfo

Jens Peter Paul war Zeitungsredakteur, Politischer Korrespondent für den Hessischen Rundfunk in Bonn und Berlin, und ist seit 2004 TV-Produzent in Berlin. Er promovierte zur Entstehungsgeschichte des Euro: Bilanz einer gescheiterten Kommunikation.

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Der folgende Text enthält nur Meinungen und Vermutungen. Keine Tatsachen außer jener, dass der Autor seine Vermutungen für zutreffend hält, stellenweise aber auch lediglich für möglich und einigermaßen plausibel. 

Je näher ich mich in den vergangenen Wochen mit Rammstein-Sänger Till Lindemann beschäftigt habe, ohne ihn jemals zu sprechen oder auch nur aus der Ferne zu sehen, desto mehr wuchs in mir die Überzeugung: Es muss sich um einen in Wirklichkeit sehr einsamen Mann handeln. Im Alter von 60 Jahren immer noch – oder: immer wieder – auf  der Suche zu sein nach der einzigen großen, wahren Liebe, stelle ich mir schmerzhaft vor. 

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Christoph Kuhlmann | So., 20. August 2023 - 09:56

Es hat im Grunde nicht mit Lindemann zu tun. Es gibt halt viele Frauen, die sich von Rockstars gerne flachlegen lassen. Während sich bei Männern keiner darüber aufregt, dass diese permanent zum Sex bereit sind, bereit sein müssen, es ist geradezu normativ, werden Frauen grundsätzlich verführt und als Opfer männlicher Sexualität dargestellt. Hinzu kommt der Personenkult, der populären Akteure entgegengebracht wird. Es muss so etwas wie ein Unterwerfungsbedürfnis bei etlichen Menschen geben. Genauso eine Art von Herdentrieb, der sie dazu bewegt, sich zu zigtausenden zusammenzuballen. Für mich persönlich ist das einfach zu strange. Ich ziehe Konzerte mit maximal 1000 Besuchern vor. Ich höre Rammstein in den Diskotheken und würde mir etwas differenziertere Rhythmen wünschen und weniger Balla Balla Lyrics.

Karl-Heinz Weiß | So., 20. August 2023 - 10:53

Ein eindrucksvolles Porträt der momentanen gesellschaftlichen Stimmung. Was in den 70er-Jahren ein selbstverständliches Zeichen gegen Spießigkeit galt, ist derzeit ein Ausbund von Frauenverachtung. Bei dieser Bewusstseinsspaltung speziell bei der 68-er Generation ist es nicht verwunderlich, warum der Bedarf an psychologischer Hilfestellung so extrem gestiegen ist. Und der SPIEGEL bewährt sich bei dieser Gelegenheit als Stürmgeschütz der anderen Art. Rudolf Augstein rotiert hoffentlich nicht zu stark.

Ernst-Günther Konrad | So., 20. August 2023 - 11:13

Eine sehr interessante Betrachtungsweise Herr Dr. Paul. Einiges kann, muss aber nicht so sein und so leiten Sie Ihren Artikel entsprechend mit Ihrer ganz persönlichen Einleitung ein. Herr Lindemann steht für mich derzeit stellvertretend für etliche Künstler aller Genres, die wahrscheinlich für sich einen Sinn in ihrem Leben suchen und dabei sich selbst überhöhen, trotz elementarem Einbruch des Selbstwertgefühls, das sie mit Drogen und exzessiver Lebensführung kompensieren wollen. Auch bei diesem "Skandal" verliert nicht nur der Künstler, sondern all diejenigen, die unmittelbar ihrem "Idol" den Götzendienst erwiesen und mitmachten in der Hoffnung, sie könnten für sich selber in irgendeiner Weise einen Vorteil erlangen. Ja, ich sehe das auch so, das dürfte ein harten Einschnitt für Lindemann sein auf dem Weg zur Selbsterkenntnis. Denn auch er hat auf seine Weise dem Götzendienst durch Drogen, Alkohol, zügelloser Sexualität gefrönt. Den Sinn des Lebens hat er aber noch nicht gefunden.

Stefan Bauer | So., 20. August 2023 - 12:27

... so what?

Diese verlogene Neiddebatte ...

Was mich am meisten stört - alle anderen Rockbands, die es GANZ GENAUSO handhaben, über die redet keiner wirklich.
Nur der arme Till bekommt alles ab, wie idiotisch und verlogen.
Und das in Zeiten, wo gewisse Kreise sogar über die Legalisierung von Pädophilie nachdenken (in meinen Augen sind DAS Verbrecher!).

Dorothee Sehrt-Irrek | So., 20. August 2023 - 13:34

Der beschäftigt sich vielleicht phantasievoll, vielleicht einblickend mit Herrn Lindemann.
Es gibt immerhin noch die Möglichkeit, dass Herr Lindemann genau so, wie im Artikel beschrieben, um eine Frau wirbt?
Ich würde das jedenfalls nicht ausschliessen, es aber einem Psychiater*/Philosophen* überlassen.
Das meine ich nicht abwertend, ist doch mein großer Held Mozart. Man erinnert sich an dessen grandiose Oper "Don Giovanni"?
Damit sind wir, wie der Artikel auch, im Fach Drama/Tragödie.
Das Bild vervollständigen würde eine Befassung mit den Phantasien und musikalischen Vorlieben der zahlreichen Fans.
Ich habe mich nie mit der Gruppe befasst, bin aber beeindruckt von deren Kultstatus.
Werden die Fans Herrn Lindemann frei geben und kann er sich noch einmal neu erfinden, auch musikalisch?
Als Band mit dem Hintergrund der DDR ist sie einfach mal schon historisch bedeutend!
Scheints nicht nur Kult, sondern auch Kunst, soweit ich das von Wiki/kurzen Ausschnitten her beurteilen kann.
RESPEKT

Christa Wallau | So., 20. August 2023 - 13:45

Alles, was Sie hier über die Causa Lindemann und seine Band schreiben, kann ich gut nachvollziehen. Ihre Sicht auf die Person Till Lindemann ist (endlich einmal) eine, die ihm wirklich gerecht werden will.

Sie, lieber Herr Paul, gehören für mich zu einer Gruppe von Menschen, die nicht sehr groß ist:
Sie besitzen nämlich einen scharfen Verstand (Intellekt), verbunden mit einem hohen Wahrhaftigkeitsanspruch, und g l e i c h z e i t i g sind Sie ein äußerst empathischer Mensch, was dieser Kommentar eindrücklich unter Beweis stellt.

Beides - Herz und Verstand - ist bei den meisten Leuten nicht gleichmäßig verteilt, sondern e i n Aspekt überwiegt normalerweise stark, was die Verständigung untereinander sehr erschwert.

In Ihnen - wie gesagt - sehe ich sowohl den klugen Analytiker als auch den mitfühlenden Psychologen. Als solcher sind Sie in meinen Augen ein Riesengewinn für den CICERO.
Herr Marguier sollte sie niemals gehen lassen!

Herzliche Grüße!

Liebe Frau Wallau, ich sehe es genau wie Sie! Herr Paul ist ein Gewinn für den Cicero. Er ist intelligent, schreibt tolle Artikel und ist Mensch, was, wie Sie auch hervorheben, in der heutigen Zeit ein rares Gut ist. Ich bin kein Rammstein Fan, habe aber die Artikel über die Band, hauptsächlich Lindemann, mit Interesse gelesen! Welch ein Aufwand für unseren lieben Herrn Paul! Ich glaube auch, dass Lindemann ein Getriebener ist, dem die Weiber (sorry!) bis ins Bett nachgelaufen sind. Er musste nicht viel tun. Und, wie Herr Paul schreibt, läuft es so auch bei vielen anderen Bands ab. Da wird es einfach hingenommen. Ist halt so! L. muss es sich mit einigen (Männern) beim Spiegel usw. verdorben haben! Jetzt liest man, dass Shelby Lynn, die das ganze Drama initiiert hat, auf „Einladung“ von J. Klöckner und D. Bär, bei der CDU/CSU Fraktion im BT sprechen soll, um die „Opferperspektive zu stärken“! Ich weiß nicht, ob ich das gut finden soll. Geht es eine Nummer kleiner? Danke Herr Paul!!!

JQ | So., 20. August 2023 - 17:05

Für Groupies ist diese an Verlogenheit unübertroffene Laberei, eine wunderbare Geldquelle, oder glaubt hier jemand ernsthaft, dass die Tränen nur durch Mitleid trocknen werden?

Thomas Hechinger | So., 20. August 2023 - 19:13

Der „Fliegende Holländer“. Ruhelos irrt er über die Meere und findet das Ziel seines Lebens nicht.

Die Cathy | Mo., 21. August 2023 - 11:27

... die abgedrehten 'Fan-Girls' für diese 'Frau' Swift gesehen hat, kann sich gut vorstellen, wie irre sowas in diesen Kreisen abläuft. Dabei ist doch alles ganz einfach: Wem's in Reihen 1 bis 10 nicht paßt, bleib einfach da weg !! Und wem deren 'Musik' zuviel Geräusch enthält, stell' sie einfach ab !!

Reihe 1 bis 10 werden von überspitzt "Willigen" besetzt?
Mir droht keine Gefahr mehr, aber gewußt habe ich das nicht.
Sitze aber eigentlich auch lieber hinten , damit man bei nichts mitmachen muss:)
Mit Opernglas ist es allerdings auch nicht schön, dann aber wieder bei zu guter Akustik (Semperoper Dresden) doch verträglicher.

Armin Latell | Mo., 21. August 2023 - 14:54

insbesondere seine Texte, die man gerne auch als asozial empfinden kann, ist eben reine Geschmackssache. Ich halte ihn für einen herausragenden Künstler, insofern adelt ihn der abstoßende Neid all dieser Journos, Wokeisten und Trittbrettfahrer. Ob er sich an spießige Erwartungen anpasst, ist ganz alleine seine Entscheidung. Mir gefallen seine Musik und die Show. Ich wüsste keine Band, die da an Rammstein auch nur annähernd herankommt. "Lindemann in Moscow" zeigt, dass er auch ohne Rammstein große Hallen füllen kann! Sein Seelenleben ist seine Sache. Aus meiner Sicht muss sich da überhaupt nichts ändern. Höchstens diese mittlerweile total verkommene Gesellschaft.