Markus Söder bei Caren Miosga - „Die Grünen sollten mal überlegen, was man anders machen kann“

Nach einer kurzen Sendepause meldet sich ARD-Moderatorin Caren Miosga am Sonntagabend mit einem Gespräch mit Markus Söder zurück. Der CSU-Chef kritisierte die Ukraine-Politik des Kanzlers und das Gejammer der Grünen.

Markus Söder bei Caren Miosga / Screenshot
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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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„Wurde die schon wieder abgesetzt?“, fragte jüngst ein Kollege, nachdem Caren Miosga nach nur wenigen Sendungen plötzlich nicht mehr eingeplant war für den Sonntagabend. Die Antwort lautet: nein. Tatsächlich haben ARD und die Moderatorin für das Jahr 2024 einen Vertrag geschlossen, der nur 30 Sendungen vorsieht. Das ist der Grund, warum Miosga dann und wann pausieren wird im laufenden Jahr. 

Am Sonntagabend jedenfalls meldete sich die Nachfolgerin von Anne Will nach einer ersten kurzen Sendepause zurück. Dafür hatte sich Miosga den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) ins Studio geladen. Zentrale Fragestellung: „Wie geht Politik in ernsten Zeiten, Herr Söder?“. Der CSU-Chef hatte es namentlich sogar in den Sendungstitel geschafft. 

Es sind ernste Zeiten

Ja, wie geht sie bloß, die Politik in ernsten Zeiten? Vielleicht benennen wir erstmal, was gerade alles so ernst ist in der Bundesrepublik und – mit Blick auf den Ukrainekrieg und weil die Europäische Union auch nicht gerade ihre glanzvollsten Zeiten erlebt – letztlich im ganzen Westen: Deindustrialisierung, ineffiziente, aber teure Klimapolitik, und die Migration haben wir immer noch nicht im Griff. Es brodelt deshalb von der politischen Mitte bis zu den Rändern, was sich in den Umfragewerten der neuen Wagenknecht-Partei ebenso zeigt wie im Erstarken der AfD.

Ja, es sind ernste Zeiten. Doch von klaren und nachhaltigen Lösungen für die gängigsten Probleme dieses Landes kaum eine Spur. Da kann man die Lupe auspacken, wie man will, und sich ganz doll anstrengen, irgendwo ein Licht am Ende des Tunnels zu suchen, aber es bleibt dunkel in der Bananenrepublik Ampelland. Dort hat man jetzt übrigens die Schnauze voll von zu viel Kritik an der Bundesregierung, weshalb die Bundesinnenministerin – mit tatkräftiger Unterstützung eines Verfassungsschutzes, den in der aktuellen Größe (4000 Mitarbeiter) gar niemand (außer vielleicht der Bundesregierung) braucht – nun zum Angriff bläst auf jene, die den Staat „verhöhnen“. 

Dabei ist die Sache eigentlich recht einfach. Wenn man nicht verhöhnt werden will, muss man halt einen besseren Job machen – aber das wiederum ist eben komplizierter als unbescholtene Bürger mit ihrer legitimen Meinungen zu Vorfällen unterhalb der Strafbarkeitsgrenze zu etikettieren. Wehret den Anfängen und so! Lange Vorrede, aber notwendig. Wir geben zurück ins Studio. 

Söder will (immer noch) nicht Kanzler

Da saß er also, der bayerische Ministerpräsident Markus Söder – und eingangs wird direkt gelacht miteinander. Ganz so ernst sind die Zeiten dann vielleicht doch nicht, wenn man den Humor nicht endgültig verliert. Ein Wichtiges vorab: Söder rechnet nicht damit, Kanzlerkandidat der Union im kommenden Jahr zu werden. „Einmal machen das die Bayern, das war bei Strauß und Stoiber so, ein zweites Mal ist das eher extremst unwahrscheinlich“, sagte Söder. Friedrich Merz sei der Favorit und die Entscheidung über die Kanzlerkandidatur werde nach den ersten Wahlen in Ostdeutschland fallen.

Dort – genauer in Sachsen, Thüringen und Brandenburg – bahnt sich jeweils eine kleine Sensation an: In allen drei Bundesländern könnte die AfD in diesem Jahr stärkste Kraft werden. Das liegt auch daran, dass die Menschen im Land höchst unzufrieden sind mit der Ampelregierung in Berlin, bestehend aus SPD, Grüne und FDP, von deren Landesablegern der ein oder andere sogar aus den Parlamenten fliegen könnte; wegen der 5-Prozent-Hürde.  

„Mir ist seine Strategie nicht klar“

Bei Miosga ging es zunächst aber um den Ukrainekrieg, genauer: um die Debatte über die Taurus-Lieferungen, welche die Ukraine gerne hätte, bei denen Deutschland aber noch zögert respektive bisher eine Absage erteilt hat. So genau weiß man das ja immer nicht, was auch die jüngste Abhöraktikon durch Russland zeigt. 

Söder sagte über die Ukraine-Politik – dort sieht er eine „Materialschlacht“ am Laufen – von Olaf Scholz: „Mir ist seine Strategie nicht klar.“ Denn: „Wenn Taurus helfen könnte, und da sind sich alle Militärexperten einig, sogar innerhalb der Bundesregierung, dass diese Waffe eine Waffe ist, die einen Unterschied machen kann: Dann ist mir nicht ganz klar, warum man zwei Jahre Zeitenwende und Waffenlieferungen und jetzt in letzter Sekunde einen Rückzieher macht“ 
 

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Söder plädierte dafür, dass die Bundesregierung eine klarere Linie verfolgt, eine Strategie erarbeitet und auch dafür, dass Deutschland, Frankreich und Großbritannien in der Ukraine-Frage zusammenstehen sollten. „Da wird so viel Freundschaftsporzellan zerdeppert.“ 

„Wenn die Eltern noch leben, sollte man sich um sie kümmern“

Dass Miosga, anders als Will, auch persönlicher und privater werden will in ihren Gesprächen, zeigte sich anschließend, als Misoga Söder fragte – der seine Eltern früh verloren hat – wann diese ihm fehlen. „Oft“, sagte Söder. Der frühe Tod der Eltern habe ihn sehr getroffen und er das Ganze bis heute noch nicht wirklich verarbeitet, so Söder. „Ich kann nur jedem sagen: Wenn die Eltern noch leben, sollte man sich um sie kümmern.“ Insbesondere während Corona hätte er mehr Rat gebraucht, so Söder. Da habe er sich sehr oft sehr alleine gefühlt. 

Zu seiner beruflichen Karriere sagte Söder mit Blick auf die angesprochene mögliche Kanzlerkandidatur: „Ich habe einen Super-Job: Ich bin Ministerpräsident in Bayern. Und in Berlin gibt es nur einen Super-Job: den des Kanzlers.“ Er wolle in Bayern bleiben und „ab und zu in Berlin nach dem Rechten schauen“, so Söder – und lächelte verschmitzt. Ein typischer Söder: Der CSU-Chef hat nämlich einen Heidenspaß daran, aus Bayern heraus hin und wieder gegen Berlin zu bürsten.  

Man inszeniert sich als Märtyrer 

Das neue Cannabis-Gesetz wurde am Sonntagabend nur gestreift. Position Söders: Wer kiffen will, soll nach Berlin gehen. Anschließend ging es um die schwarz-grüne Option, die für Söder vor noch gar nicht langer Zeit noch eine sehr gute Option war und heute überhaupt keine mehr sein soll. Wegen des Ausstiegs aus der Kernenergie, wegen des Heizungsgesetzes, wegen den Grünen als „der ideologische Kern der Ampel“. Söder: „Es darf auf keinen Fall der Eindruck entstehen: Wer schwarz wählt, bekommt grün. Ich finde: Die Grünen sollten nicht mehr verlängert werden.“

Ja, die Grünen. Da macht man zuerst jede Menge Ideologie und beschimpft Leute, die gegen die Politik der Grünen sind, als Antisemiten oder Rechtsextremisten, und jetzt wundert man sich bei den Grünen wiederum, warum man nicht sonderlich beliebt ist im Land. Medial wird das – anders als bei der AfD oder selbst der Union – gerne geframt als „Hass und Hetze“, während die Grünen jammern, dass alle so gemein zu ihnen seien, sie bisweilen sogar beleidigt werden. 

Der Opfernarrativ ist das neue grüne Ding

Potzblitz! Der Opfernarrativ ist das neue grüne Ding. Man inszeniert sich als Märtyrer der guten Sache und wirft der politischen Konkurrenz vor, zu zündeln; obwohl man zentraler Ideengeber war und ist für eine extrem ineffiziente und extrem teure Klimapolitik. Und obwohl man reihenweise Leute in der eigenen Partei und im eigenen Umfeld hat, die sehr vieles versuchen, aber sicherlich nicht, die Situation zu deeskalieren, wenn sie mal wieder so tun, als sei alles richtig und wichtig, wo man „Klimaschutz“ oder „Demokratie“ draufgepappt hat. 

Söder hat Habeck jüngst deshalb „Mimosenhaftigkeit“ vorgeworfen, nachdem der sich beschwert hatte, dass er in einer Talkrunde nicht ausreichend zu Wort gekommen war. Söder kenne das, sagte er über seine Erfahrungen der vergangenen Jahre, „aber da habe ich auch nie geweint“. Kritik an seinem Umgang mit den Grünen lässt er abprallen – und das auch zu Recht. Denn alles, worüber sich die Grünen derzeit beschweren, kennen andere Parteien schon zur Genüge. Das ist die Meinung des Autors dieser Zeilen, der überdies findet, dass man schon auch eine dicke Haut haben muss, wenn man für sehr gutes Geld und sehr viele Privilegien in Berlin oder anderswo in der Bundesrepublik Politik macht. 

Söders Meinung liest sich unter anderem so: „Die Grünen sollten überlegen, was leisten sie selbst für einen Beitrag, dass ein großer Teil der Bevölkerung sie ablehnt.“ Und weiter: „Mein Rat an die Grünen: Umgekehrt mal in sich gehen und überlegen, was man anders machen kann.“ In ernsten Zeiten sicherlich nicht die schlechteste Idee. Und weniger Jammern! Ja, weniger Jammern wäre gut – und auch weniger Infantilität. 

„Macht ihr mir mal so einen Moralkodex“ 

Dass eine Politikwissenschaftlerin und eine Journalisten der Zeit das Gespräch ab etwa der Hälfte der Sendung zur Runde machten, sei an dieser Stelle erwähnt. Soll uns aber nicht weiter beschäftigen, weil das, was dann folgte, weitgehend überflüssig war. Die Moderatorin konfrontiert Söder mit Söder-Zitaten, anschließend wird über Formulierungen diskutiert, nicht über Inhalte. 

Da warf Söder dann den richtigen Satz in die Runde, als die Politikwissenschaftlerin meinte, Söder solle unbedingt etwas zur Politik der Ampel sagen, aber die Frage sei, wie Dinge gesagt würden. Der CSU-Chef antwortete nämlich auf die einzig richtige Weise. Er sagte ironisch: „Gut, dann macht ihr mir mal so einen Moralkodex und sagt mir dann, welche Worte ich noch verwenden darf oder nicht. Und dann werde ich das mal auswendig lernen.“  
 

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