Gedenkfeier für Franz Beckenbauer - „Danke, Franz!“

Mit einer großen Gedenkfeier und prominenten Gästen hat sich der FC Bayern München in der Allianz Arena von Franz Beckenbauer verabschiedet. Es ist der Höhepunkt einer Abschiedsreise, zu der volle Kondolenzbücher gehören – und eine Beileidsbekundung vom Papst.

Rednerpult bei der Abschiedsfeier für Franz Beckenbauer in der Allianz Arena / dpa
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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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Eine Stunde vor der offiziellen Gedenkfeier für Franz Beckenbauer in der Münchner Allianz Arena spielten Blaskapellen, und der Tölzer Knabenchor sang. Und wie das nur richtig ist, wenn ein Verein, eine Stadt, ein ganzes Land Abschied nimmt von einem Großen, durften dabei auch prominente Weggefährten nicht fehlen, die sich am Freitag im Stadion des FC Bayern München versammelt hatten. 

Von den Fußball-Weltmeistern von 1974 waren neben Paul Breitner und Ehrenpräsident Uli Hoeneß unter anderem Günter Netzer, Wolfgang Overath und Rainer Bonhof dabei. Außerdem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, der bayerische Ministerpräsident Markus Söder und Club-Präsident Herbert Hainer. Die Allianz Arena selbst leuchtete rot, wie üblich bei Heimspielen des Rekordmeisters, aber mit diesem Rot ging auch ein großer, weißer Schriftzug einher: „Danke Franz“ leuchtete es rot-weiß in Fröttmaning. 

Volle Kondolenzbücher

Schon die Tage zuvor, seit Beckenbauers Tod am 7. Januar, war die Resonanz auf sein Ableben groß. Nicht nur in den Medien, in denen zahlreiche Nachrufe erschienen waren, in denen erinnert wurde an einen, der den deutschen Fußball geprägt hat wie kaum jemand sonst. Vielleicht wie niemand außer ihm. 

Wie sehr das Leben vieler Menschen auch mit dem Kaiser verbunden war, lässt sich ablesen an den vielen Einträgen in den Kondolenzbüchern an der Säbener Straße und im FC Bayern Museum, auch im Münchner Rathaus. Im digitalen Kondolenzbuch des FC Bayern haben bis Freitag bereits über 20.000 Menschen die Möglichkeit genutzt, sich zu verabschieden. Noch bis zum 31. Januar kann man dort persönliche Botschaften hinterlassen, wie diese: 

Ruhe in Frieden, Kaiser! Ich habe Dich als Spieler nicht wirklich bewusst miterlebt, allerdings wurde ich am Tag des WM-Endspiels 1974 in eine fussballverrückte Familie hineingeboren. Besonders für meinen Vater war es einer der besten Tage seines Lebens, auch dank Dir!

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Lieber Franz Beckenbauer, mit Deiner Art Fußball zu spielen, hast Du uns, meinen Bruder und mich fasziniert. Wir sind dankbar für jede Spielminute, die Du uns gegeben hast, ob in der Nationalmannschaft oder im Verein. Du warst der Größte den Deutschland je hatte. Danke dafür und Ruhe in Frieden.

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Servus Franz 💖 machs guad im Fussballhimmel⚽️🫂

Am Freitag also wurde dann noch einmal groß Abschied genommen in der Allianz Arena in München. Mit 50.000 Menschen, weil für die Feier umgebaut werden musste. An Spieltagen passen 75.000 ins Stadion. Live übertragen wurde das Ganze von ntv und RTL, und das direkt mit einem emotionalen Beginn: einem Cover des Hubert-von-Goisen-Liedes „Heast as net“, in dem besungen wird, wie die Zeit vergeht. Und wie wahr: Die Zeit vergeht und nichts bleibt für ewig, auch der Kaiser nicht. 

Spruchband bei der Gedenkfeier in der Allianz Arena / dpa

50.000 sagen Servus

Was Franz Beckenbauer der FC Bayern München bedeutete, das machte Präsident Herbert Hainer in seiner Eröffnungsrede deutlich: alles. Und während auf der Tribüne auch Beckenbauers Witwe Heidi und Kinder zusahen, ebenso wie Bayern-Trainer Thomas Tuchel, die Mannschaft und der gesamte Stab des Rekordmeisters neben Fans und sonstigen Gästen, sagte Hainer, es sei eine schöne Vorstellung, dass Franz Beckenbauer beim Sieg gegen die TSG Hoffenheim vor kurzem noch zugesehen und vielleicht auch „gegrantelt“ habe, weil nicht von Anfang an alles rund lief in diesem Spiel. 

Auch das ist von Beckenbauer überliefert: Meist war er ruhig, abgeklärt, aber wenn es sportlich nicht lief, dann konnte er auch schimpfen, manchmal regelrecht ausrasten als Spieler und Trainer. Aber immer so, heißt es dann stets, dass derlei positiv abgefärbt habe auf die nächste respektive weitere Leistung der Mannschaft in Spielen und Turnieren. Und Beckenbauer, auch das ist bekannt, hörte gerne italienische Arien, was der Grund dafür war, dass der Star-Tenor Jonas Kaufman sang an diesem Freitag in der Münchner Allianz Arena. Und 50.000 Besucher lauschten und sagten „Servus Franz“, für sich im Stillen.

Von den Engeln im Himmel

Nach Hainer sprach Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Von den „Engeln im Himmel“. Er zitierte den legendären Beckenbauer-Satz „Geht’s raus und spielt’s Fußball“, und er sprach von dessen Stimme, die „uns nun für immer fehlen wird“. Steinmeier ist alt genug, dass er, anders als der Autor dieser Zeilen, Beckenbauer noch spielen sehen durfte. „Von hinten, das ganze Spielfeld im Blick, bewegte er sich unnachahmlich, geradezu unaufhaltsam nach vorne und schoss viele, auch spielentscheidende Tore.“ Immer im Gedächtnis, so Steinmeier, bleibe sein Einsatz im WM-Spiel gegen Holland und gegen Verteidiger Johan Cruyff. 

Auch auf dem heiligen Rasen wird an Franz Beckenbauer erinnert / dpa

Steinmeier lobte aber nicht nur Beckenbauers Fußballspiel, sondern auch sein soziales Engagement, etwa im Rahmen von Beckenbauers gleichnamiger Stiftung. Er lobte Beckenbauers Engagement fürs Land und auch, dass es sein Verdienst war, dass Deutschlands Ruf in der Welt im Zuge des „Sommermärchens“ ein besserer wurde. Seinen Charakter beschrieb er so: „Aufrecht bleiben, auch im Schmerz, Würde bewahren, auch in der Niederlage.“ Außerdem, so Steinmeier, „wusste der Weltstar immer, wo seine Heimat ist“. Möglicherweise war das, diese kleine Spitze sei gestattet an dieser Stelle, Steinmeiers beste Rede als Bundespräsident überhaupt. 

„Aushängeschild des deutschen Fußballs“

Nach einem Einspieler über Beckenbauers Leben und seine sportlichen Erfolge trat dann Bayerns Ministerpräsident Markus Söder ans Mikrofon, dessen Herzensverein der 1. FC Nürnberg ist, was die Bayern-Fans ihm an diesem Freitag wohl verzeihen konnten. Auch deshalb, weil Söder den FC Bayern als „Aushängeschild des deutschen Fußballs“ bezeichnete und Beckenbauer als „Fußballgott“. Des Kaisers größte sportliche Momente, so Söder, seien diejenigen gewesen, „wo wir fast alle wissen, wo wir damals waren“. Söder: „Ich glaube, es hätte ihm heute sehr gefallen, diese Feier zu erleben und Ihre Erinnerungen und Ihre Gefühle zu spüren.“ 

Söder erzählte von seinem Vater, der Anhänger eines robusteren Fußballs gewesen sei, aber Beckenbauer stets lobte für dessen „brasilianische“ Spielweise. Söder ist Teil jener Generation, die Beckenbauer noch vor allem als Trainer kennt, nein, als Weltmeister-Trainer und Europameister-Trainer, um genau zu sein. „Wir alle haben mitbekommen, mit welcher unglaublichen Akribie er gearbeitet hat“ und wie er „Spielern Leidenschaft vermittelt“ habe, so Söder. Manchmal auch, indem er gar nicht gesprochen habe, wenn es mal wieder nicht rund lief auf dem Platz. 
 

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Außerdem, so Söder, habe Beckenbauer mit dem „Sommermärchen“ dann noch die nächste Generation Fußballfans erschlossen. Söder: „Wir haben der Welt gezeigt, dass wir ein optimistisches und fröhliches Land sind.“ Die WM in Deutschland, so Söder, werde uns allen in Erinnerung bleiben – und habe Franz Beckenbauer unsterblich gemacht. Und dann wies Söder, und das darf man ihm anrechnen, noch darauf hin, dass sich viele abgewandt hätten von Beckenbauer im Zuge nie bewiesener Vorwürfe rund um die WM damals, die sich zuvor noch rangeschmissen hatten an den Kaiser, um von seiner Strahlkraft, von seinem Glanz und seinem Einfluss zu profitieren. Und auch Söder lieferte eine gute, wenn auch weniger pastorale Rede als Steinmeier. Da kam sogar Bundeskanzler Olaf Scholz, ebenfalls im Stadion, nicht umhin, immerhin zaghaft zu klatschen. 

„Lieber Franz, du fehlst mir sehr“

Die schönste Rede dieses Tages aber kam von Uli Hoeneß, dem Ehrenpräsidenten des FC Bayern München, der sich sichtlich zusammenreißen musste ob der Trauer um seinen verstorbenen Freund und sportlichen Weggefährten. Er erinnerte sich an das erste Mal, als er Franz Beckenbauer spielen sah, und daran, dass er damals gedacht habe: „Mann, wenn du irgendwann mit dem zusammenspielen kannst, das wäre das Höchste.“ Auch daran, dass Beckenbauer als Spieler nie den großen Max gemacht habe, und dass er, Hoeneß, den Ball immer zu Beckenbauer spielte, wenn er nicht wusste, wohin sonst. 

Ehrentribüne bei der Gedenkfeier. Unten rechts: Witwe Heidi und Kinder / dpa

Hoeneß: „Wir haben viele Jahre zusammengespielt, wir haben viel zusammen gewonnen, wir haben aber auch das eine oder andere Spiel verloren. Vom Franz konnte man aber nicht nur auf dem Fußballplatz, sondern überall im Leben viel lernen.“ Und weiter: „Wenn man ein Problem hatte, ging man zum Franz.“ Beckenbauer sei, so Hoeneß zudem, großzügig gewesen „ohne Ende“. Beckenbauer habe außerdem „nie nach oben gebuckelt und nach unten getreten, sondern umgekehrt“. 

Hoeneß lobte Beckenbauers Akribie, seinen Fleiß, auch sein Engagement. „Aber sein Meisterstück hat er eigentlich gemacht, als er die Weltmeisterschaft zu uns geholt hat.“ Dafür, so Hoeneß, habe er sich jahrelang „den Hintern aufgerissen“. Und auch die eine oder andere Anekdote durfte nicht fehlen: etwa darüber, wie er Beckenbauer erstmal traf, nicht wusste, ob er ihn Siezen solle, und Beckenbauer sich mit „Ich bin der Franz“ vorstellte. Und darüber, wie Beckenbauer einst in Unterhosen vor Sepp Blatters Hotelzimmer gestanden und gesungen habe: „Steht auf, wenn ihr Bayern seid!“ Und Hoeneß erinnerte sich an den Stolz in unserem Land während der WM damals und sagte: „Da müssen wir wieder hinkommen: dass wir stolz sind auf dieses Land.“ Aber, fügte Hoeneß an, ohne die AfD. 

Nach der WM, so Hoeneß, habe man jedoch das Gefühl gehabt, dass das „Glückshaferl“ eines Franz Beckenbauer sich geleert habe. Vom Tod seines Sohnes im Alter von 46 Jahren bis zur negativen Presse rund um eine angeblich gekaufte WM, die Hoeneß scharf verurteilte. Seine Rede schloss Hoeneß mit dem Satz: „Lieber Franz, jetzt bist du zwölf Tage tot, und ich muss zugeben: Du fehlst mir sehr.“ Den Abschluss dieser Gedenkfeier aber bildete schließlich Kardinal Reinhard Marx mit einem gemeinsamen Gebet – und Beileidsbekundungen vom Papst, der, so Marx, ausrichten lasse, im Gebet mit den Trauergästen verbunden zu sein. Danke, Franz!

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