Die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin / picture alliance

Entwurf zum Stiftungsfinanzierungsgesetz - Staatlicher Meinungskorridor für parteinahe Stiftungen

Jetzt hat die Ampel-Regierung endlich einen Gesetzesentwurf ins Parlament eingebracht, der die Finanzierung der parteinahen Stiftungen verfassungskonform regeln soll. Das geplante Stiftungsfinanzierungsgesetz ist allerdings völlig unzureichend und in Teilen auch verfassungswidrig.

Volker Boehme-Neßler

Autoreninfo

Volker Boehme-Neßler ist Professor für Öffentliches Recht, Medien- und Telekommunikations- recht an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Davor war er Rechtsanwalt und Professor für Europarecht, öffentliches Wirtschaftsrecht und Medienrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Technik (HTW) in Berlin.

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Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar dieses Jahres war ein Paukenschlag. Karlsruhe hatte sich mit dem Problem beschäftigt, wie der Staat die Stiftungen der politischen Parteien finanzieren darf. So wie bisher jedenfalls nicht, das war in aller Kürze der Inhalt seines Urteils. Das war bemerkenswert. Immerhin geht es um hunderte Millionen Euro an Steuergeldern pro Jahr, die – so das Gericht in Karlsruhe – in verfassungswidriger Art und Weise über Jahrzehnte an politische Stiftungen verteilt wurden – und immer noch werden. Für das Haushaltsjahr 2023 sind rund 697 Millionen Euro zur Unterstützung der Parteistiftungen eingeplant.

Kein Geld ohne Gesetz

Es ist ein echter Fortschritt, dass die Finanzierungsfrage jetzt in einem Gesetz geregelt werden soll. Das hat das Bundesverfassungsgericht allerdings in seinem Urteil vom Frühjahr erzwungen. Freiwillig haben die politischen Parteien das nicht getan. So eine grundlegende – wesentliche – Frage gehört in einer parlamentarischen Demokratie auch ins Parlament. In einem Gesetz müssen die Kriterien festgelegt werden, nach denen die Gelder – immerhin fast 700 Millionen Euro für das Haushaltsjahr 2023 – unter den Parteistiftungen verteilt werden.

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Heidemarie Heim | Sa., 4. November 2023 - 18:29

Der sich so selbstsicher meinenden wahren Demokraten, dass die von ihnen ernannten höchsten Verfassungsrichter/innen gar nicht anders können, als zu ihrem Wohlwollen zu entscheiden. Gier fressen scheinbar doch Hirn! Als beurteilender oberster Verfassungsschützer würde ich so ein offen gegen das Grundgesetz verstoßende Gesetzesvorhaben nicht mal mit der Kneifzange anfassen, geschweige denn mich mit den darin so offensichtlich vorhandenen Verstößen befassen. Zurück an den Absender, Setzen, Sechs! Wir mögen ja in vielen Punkten was Demokratie oder Staatswesen auf den Hund gekommen sein weil wir diesen Parteien/Politiker/innen und Institutionen erlaubt haben den Staat wie einen Selbstbedienungsladen für Posten, Geld und Macht ohne jegliche Haftung aufzuziehen, aber beim GG ist Schluss mit lustig! Das ist und bleibt hoffentlich liebe Entscheider/innen in Karlsruhe UNVERKÄUFLICH restriktive UNANTASTBAR! MfG

Stefan Jarzombek | Sa., 4. November 2023 - 19:20

"Das geplante Stiftungsfinanzierungsgesetz ist allerdings völlig unzureichend und in Teilen auch verfassungswidrig."
Das genau ist meiner Ansicht nach der Trick.
Verfassungswidrige Gesetze auf den Weg bringen und falls die Opposition klagt, gibt's dafür ja noch das Verfassungsgericht in Karlsruhe.
Das Verfassungsgericht sollte sich jedoch eigentlich nicht ständig mit den Grauzonen der Regierung beschäftigen müssen.
Dennoch, sein Maßstab ist allein das Grundgesetz. Fragen der politischen Zweckmäßigkeit dürfen für das Gericht keine Rolle spielen. Es bestimmt nur den verfassungsrechtlichen Rahmen, innerhalb dessen sich die Politik entfalten kann. Die Begrenzung staatlicher Macht ist ein Kennzeichen des modernen demokratischen Verfassungsstaates.
Anscheinend ist es heutzutage gängige Praxis, die Grenzen der Machbarkeit per Bundesverfassungsgericht auszuloten.
Schade, denn Demokratie geht anders. Eine offene Debatte darüber täte dem Staat mal gut.

Thomas Hechinger | Sa., 4. November 2023 - 20:27

Das vorgeschlagene Stiftungsfinanzierungsgesetz ist nichts anderes als ein Anti-AfD-Gesetz. Nur darum geht es: Wie können wir uns das Geld zuschaufeln und verhindern, daß die von der AfD auch nur einen Cent davon sehen? Der ganze Vorgang ist von ungeheurer Dreistigkeit und Schamlosigkeit. Entweder bekommen alle was oder keiner. So müßte es sein.
Im übrigen wäre ich dafür, daß die staatliche Finanzierung der Parteistiftungen abgeschafft wird. Nach einer Übergangszeit von wenigen Jahren aus Gründen des Vertrauensschutzes sollte jede der Stiftungen auf parteieigenen Füßen stehen. Die AfD zeigt, daß das geht. Das sollten die andere Parteien auch hinbekommen. Und wenn nicht, dann müssen sie ihre Stiftung eben zumachen.

Edwin Gaza | Sa., 4. November 2023 - 20:41

So ist das in einer Demokratur mit Blockparteien.
Du sollst keine fremden Parteien neben uns haben. Amen

Ingofrank | Sa., 4. November 2023 - 20:55

die Steuern die der Staat eintreibt, als Selbstbedienungsladen nutzen ist an Unverfrorenheit nicht zu überbieten
Unfähig diese Politikselbstdarsteller einfach unfähig.
Mit besten Grüßen aus der Erfurter Republik

Hans-Hasso Stamer | Sa., 4. November 2023 - 23:03

Es ist wirklich frustrierend, wie hilflos man dem Abbau der Demokratie zusehen muss. Es stehen ja nur noch die Fassaden, aber selbst die werden immer löchriger. Sie werden das Gesetz mit ihrer Mehrheit durch den Bundestag bringen und dann muss das Verfassungsgericht bei der zu erwartenden Klage der AfD entscheiden. Bloß das steht auf Seiten der Kartellparteien.

Leider funktioniert die Grundlage der Demokratie, die Gewaltenteilung, nicht mehr. und wer glaubt, dass dieser Albtraum 2025 zu Ende geht, der hat sich getäuscht – da bin ich sicher. Das macht Kartell hatte längst alle Entscheidungsebenen besetzt. Da ändern dann Wahlen auch nichts mehr.

Dieser Alptraum wird kaum nur bis 2025 dauern lieber Herr Stamer. Wir befinden uns in einem "Staatlichen Meinungskorridor für parteinahe Stiftungen". Wir haben nicht nur unfähige Politiker, die sich den Staat zu eigen machen. Alles Genossen der beginnenden Diktatur. Ach was, die erleben wir bereits stündlich, täglich, jährlich seit 2021. Die Ampel zieht ihre rot/grünen Schlingen lachend um unsere Hälse. Bundespräsident Steinmeier schließt die Schlinge.

Wo liegt noch Kraft für uns?
Die Abgeordneten aller Fraktionen, außer der AfD empfehlen, die Legislaturperioden zu verlängern. Kritiker fürchten mindestens 20 Prozent weniger Demokratie. Ein merkwürdiger, stinkender Nachgeschmack, sich die Laufzeit verlängern zu wollen. Eine ewig klebende Lebensversicherung für Haldenwang und Faeser. Scholz ist auf sie angewiesen.

Dieser

Christa Wallau | Sa., 4. November 2023 - 23:28

den Bock zum Gärtner machen!
Im "besten Deutschland, das wir je hatten", gehören inzwischen die absurdesten Vorhaben
zum politischen Alltag.
Der Irrsinn treibt immer neue Blüten.

Lutz Hofmann | So., 5. November 2023 - 10:09

Die Stiftungen sind auch eine feine Gelegenheit, eigene Leute auf gut dotierten Versorgungsposten zu parken. Die Parteien wissen das und haben ungeniert davon Gebrauch gemacht. Der AfD wird so etwas natürlich mißgönnt und nun wird ein Gesetz gebastelt mit einem Framing das die AfD nicht erfüllen kann. Ich bin kein großer Fan der AfD. Aber hier wird von den Etablierten gewaltig in Richtung gelenkte Demokratie gearbeitet. Ich hoffe der Murks wird eine Prüfung durch das Verfassungsgerichts nicht überstehen.

Danke werter Herr Hofmann! Dafür, dass Sie, man könnte sagen alle von der Palme holen , egal von welcher. Denn auch wenn das mehr als offensichtlich ist, welcher primären Idee diese Gesetzesänderung entsprungen ist, sei es lästige politische Konkurrenz auszubremsen oder sich selbst die Parteitaschen unbegrenzt zu füllen usw., muss doch wirklich JEDEM, egal zu welcher Richtung er tendieren mag klar sein, wo die Grenzen bzw. die roten Linien überschritten werden, und damit unsere demokratische "Verfasstheit" wie ich es für mich nenne entweder unterwandert wird bis hin zu einer ernsthaften Gefährdung! Man muss und sollte sich gerade öfter dabei immer vor Augen führen, welche Legitimation/Vertrauen eine aus Zwängen heraus entstandene Regierungskoalition/Parteien im Grunde genommen, von einem Großteil der Wähler nicht gewählt noch hat, bzw. genießen. Mit solch aus Eigeninteresse und Machterhalt entstandenen plumpen Versuche die Verfassung auszuhebeln delegitimieren sie sich m.E. selbst. MfG

Gerhard Lenz | So., 5. November 2023 - 11:44

Ob ein Gesetz verfassungswidrig ist, entscheiden im Moment noch die entsprechenden Gesetze., und nicht politische Kommentatoren, die noch dazu gerne für eine bestimmte Richtung argumentieren - wie man aus der Vergangenheit weiß.
Und ob der vorliegende Entwurf der Verfassung widerspricht, ist weit weniger offensichtlich, als es von Fans der AfD beklagen. Es steht im Moment nämlich nirgends etwa geschrieben, dass alle Parteien einen grundsätzlichen Anspruch hätten, für ihre Stiftungen öffentliche Gelder zu beanspruchen. Und der Gleichheitsgrundsatz gilt nur bedingt - sonst dürfte es auch keine Parteienverbote geben.

Genau das ist üblicherweise das Argument, dass die Betroffenen vorbringen: Soll man die AfD doch verbieten! Aber eine Partei zu verbieten, deren Verfassungstreue und Demokratietauglichkeit durchaus und sehr begründet in Zweifel gezogen werden kann, und sie auch noch mit Steuergeldern zu belohnen, sind nicht das gleiche. Man kann sie duchaus gesetztlich davon ausnehmen.

Helmut Bachmann | So., 5. November 2023 - 16:39

Antwort auf von Gerhard Lenz

Wenn ich ihren Kommentar so durchlese, frage ich mich ernsthaft, ob sie die Verfassung nicht verstehen wollen. Bei ihnen gilt sie offenbar nur noch bedingt.

Ernst-Günther Konrad | So., 5. November 2023 - 13:32

Sie mögen ja völlig zurecht das Gesetz kritisieren und es auch als verfassungswidrig bezeichnen. Ich sehe das durchaus auch so. Die Frage ist nur, wie Karlsruhe im Falle einer Klage reagiere wird. Dass es bei dem Gesetzt ausschließlich darum geht, vor allem die AFD aus der Finanzierung zu halten/zu nehmen, wird auch nur die AFD dagegen klagen. Ich bin inzwischen sehr misstrauisch, was Entscheidungen unseres BVerfG anbetrifft. Zu oft in letzter Zeit hat sich das Gericht selbst als nicht mehr verfassungskonform verhalten und sich von ursprünglichen Entscheidungen und eigentlich festen Verfassungsgrundsätzen zu Gunsten der Politik entfernt. Es ist deshalb gut möglich, dass es das Gesetz zwar kassiert, aber zugleich Wege aufzeigen könnte, wie man dennoch "gesetzeskonform" sein Ziel die Parteienfinanzierung entsprechend zu lenken mittels Hinweisen erreichen könnte. Es ist in jedem Fall inzwischen Usus, verfassungswidrige Gesetze zu gestalten und es dem BVerfG zu überlassen, was ggfls. geht

Helmut Bachmann | So., 5. November 2023 - 14:36

im Kopf zwingt zu vorsichtiger Formulierung. An politischem Wettstreit der Ideen und an der Gewaltenteilung wird gerüttelt. Vermutlich unwissend. Da kommt
die Neuaufstellung des Verfassungsschutzes wohl passend dazu. Er kann gleich als abhängige Behörde dem Innenministerium Anregungen geben, wo die Undemokraten überall lauern. Passt. Kurzer Dienstweg. Gerichte brauchen zu lang. Abendessen mit vielen Leuten sind teuer. Schlanker Staat. Das ist es, was Phaser will? Ist dann nachhaltiger und Rechts ist endlich weg. Noch die CDU in die Koalition, dann könnte man auch das mit den Wahlen vereinfachen: Man erklärt sich alle vier Jahre einverstanden mit der Demokratie und die „Koalition“ kakelt den Rest aus.

Bernhard Marquardt | Mo., 6. November 2023 - 00:42

„Die Parteien haben sich zu einem ungeschriebenen sechsten Verfassungsorgan entwickelt, das auf die anderen fünf einen immer weitergehenden, zum Teil völlig beherrschenden Einfluss ausübt.... Nach meiner Überzeugung ist unser Parteienstaat von beidem zugleich geprägt, nämlich machtversessen auf den Wahlsieg und machtvergessen bei der Wahrnehmung der inhaltlichen und konzeptionellen Führungsaufgabe.“
(Richard von Weizäcker 1992)
Roman Herzog stellte als Präsident des BVerfG 1993 die Frage in den Raum, „ob die politischen Parteien mit ihrem momentanen Tun und Treiben und vor allem mit ihren Machtansprüchen nicht vollends rechtswidrig handeln und ob sie nicht gar dabei sind, die geltende Verfassung in einen anderen, so nicht vorgesehenen und daher eigentlich verfassungswidrigen Zustand zu transformieren.“
Dass die (Regierungs-)Parteien die Judikative einschl. BVerfG via Richterauswahl ungeniert zu einer „jusitia ancilla“ degradieren würden, hätten die Beiden wohl nicht zu träumen gewagt