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() Rechtsanwalt Stefan Beck
Soll Ihr Vater Kanzler werden?

Stefan Beck, der Sohn des SPD-Vorsitzenden, ist Strafverteidiger in Landau in der Pfalz.

Das Anwaltsbüro liegt im ersten Stock eines herrschaftlichen Bürgerhauses im pfälzischen Landau. Die Sekretärin öffnet und bittet in die hellen, modern eingerichteten Räume. Stefan Beck wurde 1969 als Sohn von Kurt und Roswitha Beck geboren. Ebenso wie Vater und Großvater wuchs er im 16 Kilometer entfernten Steinfeld auf. Hier ging er, wie sein Vater, auf die benachbarte Grundschule, deren Brandmauer an das elterliche Grundstück grenzt. Der Strafverteidiger beendet zwei eilige Diktate und schlägt die blauen Aktendeckel zu. Zur Begrüßung ein wirklich kräftiger Handschlag. Dann lehnt sich Rechtsanwalt Stefan Beck hinter seinem Schreibtisch zurück. Kaum jemand kennt Kurt Beck so gut wie Sie. Warum sollte Ihr Vater Kanzler werden? Da sich die Frage im Moment ja so nicht stellt, kann ich sie Ihnen nur hypothetisch beantworten: Führung bedeutet, dass man auch mit Ernst und einem gewissen Hintergrund und einer gewissen Bodenhaftung an die Dinge herangeht. All das bringt mein Vater mit. Politische Beobachter ziehen immer wieder Parallelen zwischen Ihrem Vater und Helmut Kohl. Können Sie sich das erklären? Ich glaube, das ist ein Klischee. Stehen Sie im regelmäßigen Kontakt zu Ihrem Vater? Ja, soweit es unsere beiden Berufe zulassen. Wir bemühen uns seit Jahren um regelmäßige „Familienzusammenführungen“ auf dem Betzenberg. Das klappt auch einigermaßen. Hatten Sie selbst einmal vor, in die Politik zu gehen? Nein. Ich finde, jeder Mensch soll seine eigenen Wege beschreiten. Das hat auch etwas mit der Größe von Fußstapfen zu tun, in die es hineinzuwachsen gilt. Im Übrigen habe ich den „Berufswunsch Politiker“, wie er heute zum Teil Mode zu sein scheint, nicht vorgelebt bekommen. Meines Erachtens sollte der Schritt in die Politik eher am Ende einer Entwicklung stehen als am Anfang. Wie politisch war Ihre Kindheit? Ich glaube, das wird von Nicht-Politiker-Familien immer deutlich überschätzt. Privat ist privat, bei Becks wie bei Meiers. Allerdings wurde ich natürlich geprägt durch das, was um mich herum zu Hause geschah. So habe ich zum Beispiel sehr früh mitbekommen, wie wichtige Telefonate geführt werden. Seit ich denken kann, gab es in unserem Haus die Bürgersprechstunde und entsprechende Termine. Diese Ereignisse haben sich natürlich als Erinnerungsbilder eingeprägt. An hochpolitische Gespräche in meiner Kindheit kann ich mich wirklich nicht erinnern. Eher an leidenschaftliche Diskussionen über Fußball und schlechte Noten meinerseits. Waren Sie während Ihrer jugendlichen Entwicklung politisch nie anderer Meinung als Ihr Vater? Das wird Sie jetzt vielleicht überraschen: Nein, im Gegenteil, ich bin als Jugendlicher ebenfalls in die SPD eingetreten. Warum? Das war zu Zeiten, als Steinfeld noch von einem CDU-Bürgermeister regiert wurde. Wir Jugendlichen wollten damals einen Jugendraum und hatten bei der Durchsetzung größte Schwierigkeiten. Ich habe mich für die Gemeinderatswahl aufstellen lassen und für die damaligen Verhältnisse auch ein respektables Ergebnis erzielt. Den Jugendraum genehmigte Ihnen dann der eigene Vater, der hatte bei dieser Wahl den alten Bürgermeister abgelöst. Warum sind Sie Anwalt geworden? Weil ich für vieles andere ungeeignet war (lacht). Mathematik und Naturwissenschaften haben mich nie interessiert. Dafür reizte mich immer schon Rhetorik und ich hatte schon früh den nötigen Widerspruchsgeist für diesen Beruf. Im Übrigen bin ich so erzogen, dass man bei Ungerechtigkeit nicht schweigt, sondern sich im Gegenteil engagiert und entsprechend auftritt. Haben Sie in Ihrem Beruf schon einmal mit Ihrem Vater zu tun gehabt? Da dem Ministerpräsidenten des Landes das Gnadenrecht zusteht, und ich Strafverteidiger bin, achte ich peinlich genau darauf, dass es zu keiner Konstellation kommt, in der sich unsere Sphären berühren könnten. Was sagen Sie als Strafverteidiger zur öffentlichen Diskussion und der Entscheidung von Bundespräsident Horst Köhler im Fall Christian Klar? Sollte, wie der Presse zu entnehmen ist, der Grund für die Versagung der Gnadenentscheidung in einer mangelnden Tataufarbeitung und Reue zu sehen sein, so wäre die Entscheidung nachvollziehbar. Die Diskussion, die ja sogar mit Drohungen bezüglich der Wiederwahl des Bundespräsidenten einherging, ist in dieser Form aber höchst schädlich, weil der Eindruck entstehen könnte, dass die Entscheidung hiervon negativ beeinflusst war. Dies halte ich für schädlich für das Ansehen des Bundespräsidenten und des Gnadenrechts. Grundsätzlich gilt, dass persönlicher Druck justizförmige Entscheidungen zulasten eines betroffenen Bürgers nicht beeinflussen dürfen. Daran sollte man sich halten. Sie sind in Steinfeld geboren, wie alle Becks vor Ihnen. Beruflich sind Sie von Steinfeld bis Landau gekommen, das sind knapp 16 Kilometer. Ihr Vater arbeitet in Mainz, Ihre Mutter in Bad Bergzabern. Was bedeutet den Becks eigentlich Heimat? Also ich bin ja schon viel weiter rumgekommen, als Sie hier vermuten lassen (lacht). Ich war bei der Bundeswehr in Speyer, ich war ein Jahr in einer Kanzlei in Ludwigshafen und ich habe in ­Trier studiert. Heimat ist selbstverständlich. Wenn ich nach dem Fußballspiel in Steinfeld in meine Studentenbude nach Trier zurückfuhr – immer vorbei am Stadion in Kaiserslautern –, dann war ich auf dem Weg dorthin und auch nach meiner Ankunft dort immer noch zu Hause. Heimat ist dort, wo man weiß, wo man ist. Und das ist mehr als ein intellektuelles Wissen. Das ist ein tiefes Gefühl. Ihr Vater sieht das ja ganz ähnlich. Können Sie sich vorstellen, dass Kurt Beck eines Tages nicht mehr in Rheinland-Pfalz, sondern in Berlin lebt? Pfälzer kommen überall durch. Insoweit kann ich diese hypothetische Frage durchaus mit „Ja“ beantworten. Auf jeden Fall wird es den Berlinern guttun, etwas von unserer Pfälzer Lebensart mitzubekommen. Die Fragen stellte Markus C. Hurek

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