Queer-Beauftragter zeigt Reichelt an - In wessen Namen jagt Alfonso Pantisano?

Alfonso Pantisano will in seiner Funktion als „Ansprechperson Queeres Berlin“ des Landes und des Senats Strafanzeige gegen missliebige Journalisten gestellt haben. Die Berliner CDU sieht das anders, insinuiert einen Alleingang. Was denn nun?

Berlins ehemalige Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) und Alfonso Pantisano, Queer-Beauftragter Berlins / dpa
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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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„Was isser denn, was hat er denn, was kann er denn, was macht er denn, was red‘ er denn, wer glaubt er, dass er is?“, sprechsingt der große Falco in seinem Lied „Egoist“, wonach sich die ganze Welt nur um ihn drehe, weshalb er sich täglich alles gebe und zwar pur, „sure“. Der Liedtext lässt sich gut als Bestandsaufnahme unserer Zeit heranziehen, wonach jeder irgendwie besonders sein will, weshalb es jetzt unter anderem 72 Geschlechter (oder sind es schon mehr?) geben soll.  

Der Liedtext passt aber auch gut zum neuen Queer-Beauftragten Berlins, Alfonso Pantisano, der derzeit mit hanebüchenen Strafanzeigen gegen zeitgeistkritische Journalisten, namentlich Julian Reichelt und Judith Sevinc Basad, von sich reden macht. Nicht nur, weil hier jemand offenkundig versucht, die eigene queer-woke Grundhaltung anderen aufzuzwingen, sondern auch, weil es einiges an Verwirrung gibt, in wessen Namen Pantisano hier eigentlich zur Jagd geblasen hat.  

Im Auftrag des Landes Berlin

Laut eigener Aussage – nachzulesen im dazugehörigen Post, in dem sich Pantisano seines ehrenvollen Kampfes gegen die Presse- und Meinungsfreiheit rühmt – handelt er „in meiner Funktion als ,Ansprechperson Queeres Berlin‘“. Das dem so sei, bestätigte auch die Pressestelle der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung gegenüber den Journalisten Max Mannhart und Max Roland (Apollo News). Pantisano handle demnach „in Abstimmung und im Auftrag des Landes Berlin und des Berliner Senats“.


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Schauen wir uns das genauer an: SPD-Mitglied Pantisano wird, angedockt an genannte Senatsverwaltung, mit Steuergeldern alimentiert, um sich im Namen der selbsternannten „Regenbogenhauptstadt“ um „die Belange von Lesben, Schwulen, Bisexuellen sowie trans- und intergeschlechtlichen (LSBTIQ+) Menschen“ zu kümmern. Mehr hierzu lässt sich einer offiziellen Mitteilung vom 11. Juli 2023 entnehmen. Darin heißt es: 

„Alfonso Pantisano wird Ansprechperson für die queeren Communities in Berlin mit Sprachrohrfunktion für deren Belange und für die bezirklichen Ansprechpersonen und Beauftragten für queere Belange. Er übernimmt Repräsentationsfunktion auf Landes- und Bundesebene sowie Öffentlichkeitsarbeit. Zu den Aufgaben gehören unter anderem (...) die Einrichtung eines Runden Tisches mit den queerbeauftragten Personen der Bezirke sowie Steuerung des Aufbaus und der Umsetzung von LSBTIQ+ Strukturen auf bezirklicher Ebene. Der Queer-Beauftragte steht in engem Austausch mit dem ,Queer-Beauftragten der Bundesregierung sowie weiterer queerbeauftragten Ansprechpersonen‘.“

Pantisano ist also als Repräsentant der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung tätig und damit folgerichtig auch als Repräsentant des Berliner Senats und des Landes Berlin, was die Pressestelle genannter Senatsverwaltung ja auch bestätigt. Das heißt folgerichtig auch, dass alles, was Pantisano in dem ihm zugewiesenen Aufgabenbereich macht und anstößt, direkt auf die Berliner Regierungskoalition und damit den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner zurückfällt. 

Elefant im Porzellanladen

Schwer zu sagen daher, was insbesondere die Berliner CDU – die bei den vergangenen Senatswahlen stärkste Kraft geworden ist – eigentlich erwartet hat, wohin die Reise mit der Personalie Pantisano führen wird. Unabhängig davon übrigens, ob dieser primär von der SPD als Queer-Beauftragter installiert wurde. Denn am Ende hätte die CDU als Seniorpartner der schwarz-roten Koaliton und damit auch Wegner als Regierender Bürgermeister seine Ernennung verhindern können. Aus guten Gründen. 

Denn Pantisano trat schon davor nicht gerade als Diplomat in Erscheinung, bezeichnete etwa Frauen, die aus nachvollziehbaren Gründen gegen das umstrittene Selbstbestimmungsgesetz der Bundesregierung aufbegehren, als „Hündinnen“. Ein Blick in Pantisanos Twitter-Feed hätte gereicht, um zu erkennen, dass man sich da einen schwer kontrollierbaren Elefanten in den Porzellanladen holt, der sich dann auch entsprechend seines Naturells benehmen wird. So machen das Aktivisten eben. 

Die hanebüchenen Strafanzeigen gegen Reichelt und Basad, die Pantisano „in seiner Funktion als ...“ gestellt haben will, zeigen das nur wenige Tage nach seiner Ernennung zum Queer-Beauftragten Berlins bereits überdeutlich. Doch weil man in der Berliner CDU entweder versäumt hat, sich intensiver mit dieser Personalie zu beschäftigen, oder schlicht zu schwach oder zu kurzsichtig war, um selbige von Anfang an gegen den Koalitionspartner SPD zu verhindern, brennt nun die Hütte. 

Hat alles nichts mit nichts zu tun

Eine Vielzahl an Berliner Unionspolitikern geht bereits auf Distanz zu Pantisano und versucht, das Narrativ zu streuen, selbiger habe in Sachen Strafanzeigen in Eigenregie gehandelt; weder gebilligt von der Berliner CDU, noch vom Berliner Senat, noch vom Regierenden Bürgermeister Kai Wegner.  

Dirk Stettner, Fraktionsvorsitzender der Union im Berliner Abgeordnetenhaus, twitterte am Dienstag etwa: „Da andere Behauptungen kolportiert werden: Herr Pantisano agiert mit diesem Vorgehen nicht im Namen des Landes Berlin und / oder der Senatskanzlei Berlin.“ Stettner verlinkte im Rahmen dieses Tweets auch den von mir am Dienstag verfassten Meinungsbeitrag „Queermannsheil“. Darin schreibe ich unter anderem: 

„Reden wir mal Klartext: Der Vorstoß des Queer-Beauftragten Pantisano – dem Vernehmen nach mit Rückendeckung des Berliner Senats – ist die nächste Stufe eines mindestens teilweise staatlich orchestrierten Gesinnungsterrors, der (...) jetzt in einen offensichtlichen Angriff auf die Presse- und Meinungsfreiheit mündet.“ 

Gleichstellung, Integration, Viefalt

Bei nicht wenigen Nutzern dürfte angesichts des Stettner-Tweets der Eindruck entstanden sein, ich hätte mir den Nebensatz „dem Vernehmen nach mit Rückendeckung des Berliner Senats“ nur ausgedacht. Dass dem nicht so ist, habe ich weiter oben bereits ausgeführt, schließlich behaupten Pantisano und die zitierte Pressestelle der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung etwas anderes. Aber selbst wenn Pantisano völlig in Eigenregie gehandelt hätte, würde auch das nur eine untergeordnete Rolle spielen.

Denn entweder Pantisano ist Queer-Beauftragter Berlins und handelt damit folgerichtig auch im Namen des Berliner Senats und der Senatskanzlei – unabhängig davon, wo er theoretisch angesiedelt ist – oder er ist es eben nicht. Beides jedenfalls geht nicht zusammen: offizieller Queer-Beauftragter des Landes Berlins zu sein, aber gleichzeitig nicht auch als Repräsentant des Landes und der Senatskanzlei zu agieren respektive als solcher von der Bevölkerung und den betroffenen Journalisten wahrgenonmmen zu werden.  

Eindruck der Führungsschwäche 

Cicero hat am Mittwoch deshalb eine Anfrage an die Senatskanzlei geschickt. Wir wollten wissen: Hat Pantisano die Strafanzeigen jetzt in Rücksprache und damit mit Billigung des Berliner Senats beziehungsweise der Senatskanzlei gestellt – oder nicht? Wurde der Regierende Bürgermeister Kai Wegner vorab über diese Strafanzeigen informiert – oder nicht? Und unterstützt Herr Wegner das Vorgehen Pantisanos in der Sache – oder unterstützt er es nicht? Senatssprecherin Christine Richter ließ in einer kurzen Antwort aber lediglich mitteilen: 

„Herr Pantisano hat hier ganz offenkundig agiert in seiner Funktion als Beauftragter, der bei der Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung angesiedelt ist. Die Senatskanzlei hat dies zur Kenntnis genommen.“ 

Anders formuliert: Die Senatskanzlei versucht, sich nun auf den Standpunkt zurückzuziehen, sie habe mit dem Treiben des Queer-Beauftragten Berlins nichts am Hut, weil dieser bei der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung angesiedelt sei. Das kann man selbstverständlich so machen, ist bei näherer Betrachtung aber Kokolores. Das ist in etwa so, als würde die Geschäftsführung eines Unternehmens behaupten, es gehe sie nichts an, wenn irgendein Mitarbeiter irgendeiner Abteilung dieses Unternehmens am Rad dreht. 

Es wäre daher im Sinne der Berliner CDU und damit auch im Sinne des Regierenden Bürgermeisters Kai Wegner, wenn dieser zeitnah eine klare Ansage machen würde, statt sich wegzuducken und die Verantwortung von sich weisen zu lassen für die Handlungen einer Person, die unter seiner Regentschaft vom Juniorpartner installiert wurde. Wenn nicht, kann man das Wegner nur als Führungsschwäche auslegen. Wenn nicht, hat die schwarz-rote Koalition in Berlin ihr erstes großes Problem. 

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