Muslimische Stimmen im öffentlichen Raum - Der Finger Allahs

Der Nationalspieler Antonio Rüdiger wehrt sich gegen negative Interpretationen seiner Tauhid-Geste. Doch immer wieder steht diese hierzulande eben auch in Verbindung mit Israelhass, Islamismus und Terrorismus.

Gedenkstelle am Berliner Breitscheidplatz / dpa
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Autoreninfo

Alfred Schlicht ist promovierter Orientalist und pensionierter Diplomat. 2008 erschien sein Buch „Die Araber und Europa“. Sein Buch „Das Horn von Afrika“ erschien 2021, beide im Kohlhammer-Verlag.

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Ein Bild im Netz, das den Fußballnationalspieler Antonio Rüdiger zeigt, wie er – islamisch gewandet – den Tauhid-Finger gen Himmel streckt, hat eine Diskussion angestoßen. Ex-Bild-Chefredakteur Julian Reichelt hat diese Geste als „Islamisten-Gruss“ bezeichnet. Dagegen haben Rüdiger und der DFB Strafanzeige gestellt. Ist der Tauhid-Finger ein Bekenntnis zu dem einen, einzigen Gott und seiner Einzigartigkeit – oder ist er ein Zeichen für islamischen Radikalismus und Nähe zum „Islamischen Staat“?

Reichelt jedenfalls sah in dem Foto, das der Fußballspieler auf Instagram gepostet hatte, am Tag des Länderspiels Deutschland gegen Frankreich, ein Zeichen für „Islamismus heute Abend in der deutschen Start-Elf“. Das Bundesinnenministerium hält die Geste für unproblematisch „unabhängig von der Tatsache, dass islamistische Gruppen dieses Symbol vereinnahmen und für ihre Zwecke missbrauchen“. Der Tauhid-Finger könne durchaus „als Zeichen einer salafistischen bzw. islamistischen Radikalisierung angesehen werden, wenn Akteure sich bewusst dieser Mehrdeutigkeit bedienen“. 

Gewalt und Terrorismus

So ganz abwegig ist diese Vermutung im Falle Rüdiger nicht, denn er ist schon einmal dadurch aufgefallen, dass er einen islamistischen Instagram-Post, der gegen den französischen Präsidenten Macron gerichtet war, mit einem Like gewürdigt hatte (wofür er sich aber anschließend entschuldigt hat). Rüdiger hat sich in diesem Zusammenhang inzwischen eindeutig positioniert: „Gewalt und Terrorismus sind absolut inakzeptabel.“ 

Doch schon vorher war der Tauhid-Finger in Deutschland in gewissen Kontexten aufgefallen. Im November 2023 hatten Demonstranten gegen den Gaza-Krieg, darunter zahlreiche verschleierte Frauen, diese Geste unter Allahu-akbar-Rufen gezeigt. Der Attentäter vom Berliner Breitscheidplatz, Anis Amri, zeigte ebenfalls den Tauhid-Finger.

Allahs Sieg und das Kalifat sind nahe

Bei den Gaza-Demonstrationen wurde ein Kalifat gefordert und „Allahs Sieg ist nahe“ gerufen. Hier scheint der Kontext ziemlich eindeutig. Wenig vom Schicksal der Menschen in Gaza ist hier die Rede, aber viel von einem islamischen Staat, der offenbar das Ideal der Demonstranten ist. „Eine Ummah, eine Einheit, eine Lösung – Khilafah“ war auf Transparenten zu lesen. Wobei „Ummah“ die Weltgemeinschaft der muslimischen Gläubigen ist, die als Staat organisiert ist in einem Kalifat [„Khilafah“], in dem nur Muslime volle Bürgerrechte haben. 
 

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Wie Muslime sich in der Öffentlichkeit äußern, gibt also in der Tat Anlass zu Skepsis, durchaus nicht nur in Deutschland. „Yallah, Intifada, von Dahlem bis nach Gaza!“ hörte man auf Demonstrationen, die es nach dem Hamas-Überfall auf Israel in Berlin gab – ein eindeutiger Aufruf zur Gewalt. Denn die Intifada war und ist ein Aufstand. Immer wieder gibt es diese Aufrufe zu Gewalt von Seiten nahöstlicher Migranten. Nicht zufällig sind Gaza-Demonstrationen oft von massiver Gewalt begleitet, zahlreiche Polizisten werden dabei verletzt. Das sind nicht Leute, die sich Sorgen machen um das schwere Schicksal der Menschen in Gaza; hier wütet der islamistische Gewaltmob.

Feindschaft gegen den Westen

Auffallend ist dabei, dass sie diese Gewalt auch und gerade gegen diejenigen Staaten und Gesellschaften fordern, in denen sie Sicherheit und ein friedliches Leben gefunden haben und deren Sozialsysteme sie bisweilen großzügig versorgen, denn viele der Geflüchteten sind auch noch nach Jahren auf Transferleistungen angewiesen. Der Ruf nach „Ummah“ und „Khilafah“ impliziert eine Forderung nach Abschaffung unseres demokratischen Rechtsstaates. Ihren Gastländern gegenüber sind viele Migranten also durchaus ablehnend bis feindlich eingestellt.  

In Großbritannien wurden Transparente gezeigt „Europe is the Cancer, Islam is the Answer“ oder „Fuck the UK“. Gerade die Länder, in die Migranten mit aller Macht und allen Mitteln drängen, stehen im Mittelpunkt migrantischer Feindschaft und Ablehnung. Nicht anders ist es in Deutschland, dem Traumziel aller Flüchtlinge. Schon 2009 berichtete die Neuköllner Jugendrichterin  Kirsten Heisig in einem Spiegel-Interview, wie die jugendlichen Delinquenten das Land, in dem (und oft genug auch von dem) sie leben, sehen. „Ich scheiss auf Deutschland“ oder „Deutsche kann man nur vergasen“ lauteten die Kernsätze.

Dass dies keine Ausrutscher oder Einzelfälle sind, bestätigt eine Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, das bei 30 % der türkischen Jugendlichen in Deutschland „Deutschfeindlichkeit“ konstatiert. Bei arabischen Jugendlichen dürfte die Rate noch höher liegen. Auch unsere Werte sind im Fokus radikaler Islamisten. So gab es in Großbritannien Transparente, die zum Mord aufriefen: „Massacre Those Who Insult Islam“ oder „Freedom Go to Hell“. Dies macht deutlich, dass viele der hierzulande lebenden Muslime eben doch nicht wirklich in unseren freiheitlichen Gesellschaften angekommen sind.

Brutaler Judenhass

Vor allem gegen Juden sind besonders üble Hassformeln und Gewaltforderungen an der Tagesordnung. „From the River to the Sea - Palestine will be Free“ ist ein häufiger Slogan, der, zuende gedacht, Israel das Existenzrecht abspricht. Noch schlimmer sind schon seit Jahren übliche Rufe wie „Hamas, Hamas, Juden ins Gas“ – dies ist keine legitime Israelkritik, sondern purer Judenhass, der den Schulterschluss mit dem Nationalsozialismus sucht. 

Kein Zufall also, dass es immer wieder zu muslimischen Anschlägen auf Synagogen kommt und zu Angriffen auf Menschen, die eine Kippa tragen oder im öffentlichen Raum hebräisch sprechen. Nach dem Hamas-Massaker in Israel wurden bei uns Häuser und Wohnungen, in denen Juden leben, mit dem Davidstern gekennzeichnet. Viele jüdische Institutionen vertrauen der Polizei nicht mehr, sondern engagieren Sicherheitsdienste aus Israel. Denn die Beschwichtigungsformeln und Placebos der Politik haben ihre Glaubwürdigkeit verloren und werden nicht mehr ernst genommen.

Den Worten folgen Taten

Die üblichen Verharmlosungen und Beschwichtigungen verfangen nicht mehr. Die Parolen und Slogans im öffentlichen Raum sind keine reinen Verbalradikalismen. Den Worten folgen Taten. Wer im März 2024 erstaunt ist, dass an Schulen in Deutschland vermehrt Gewalt festzustellen ist, vergisst, dass dies auch vor 20 Jahren schon der Fall war. Muslimische Gewalt ist kein Phänomen einiger weniger Terroristen oder radikalisierter Demonstranten, sondern ein Breitenphänomen, das den Alltag an unseren Schulen bestimmt. 

Schon 2010 beklagte der Lehrerverband, „dass Lehrerinnen von muslimischen Schülern als ‚Schlampen’ attackiert werden ... dass sich deutsche Schülerinnen und Schüler nicht mehr auf den Pausenhof zu gehen trauen“. Und die Feststellung, dass Migranten eine besonders hohe Kriminalitätsrate aufweisen, ist seit vielen Jahren durch Studien belegt. Bereits in der ersten Hälfte der 1960er-Jahre veröffentlichte der Spiegel Zahlen über den unverhältnismäßig hohen Anteil von Algeriern an der Schwerstkriminalität in Paris. Auf deutschen und europäischen Straßen wird indessen weiter gegen ‚Islamophobie’ agitiert.
 

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