Julian Reichelt im Gespräch mit Alexander Marguier - Cicero Podcast Politik: „Es war eine hoch infame Vernichtungskampagne“

Unser erster Podcast: Julian Reichelt, ehemaliger „Bild“-Chefredakteur, spricht im Interview mit Alexander Marguier über die Hintergründe seiner Entlassung bei Deutschlands größter Boulevardzeitung. Reichelt, der wegen angeblichen Machtmissbrauchs selbst Gegenstand aufgeregter Berichterstattung war, gibt während des 50-minütigen Gesprächs auch Einblick in sein Verständnis der Rolle von Medien und deren Verhältnis zur Regierung, übt Kritik an der deutschen Corona-Politik – und skizziert seine Zukunftspläne.

Alexander Marguier und Julian Reichelt / Res Publica
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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Ex-Bild-Mann Julian Reichelt redet Klartext – so, wie man es vom einstigen Chefredakteur der größten deutschen Boulevardzeitung erwarten darf. Über die Umstände seines Rauswurfs bei Bild zeigt er sich einerseits ratlos: „Worum ging es eigentlich am Ende? Ich kann es Ihnen bis heute nicht sagen.“ Gleichzeitig hält er aber fest: „Es war eine hoch infame, hoch erfolgreiche, abstoßende, extrem persönlich motivierte Vernichtungskampagne.“

Reichelt war voriges Jahr unter anderem vorgeworfen worden, seine Position genutzt zu haben, um Affären mit Kolleginnen einzugehen. Nach einem Compliance-Verfahren kehrte er zunächst an seinen Arbeitsplatz im Axel-Springer-Verlag zurück, um wenig später endgültig den Stuhl vor die Tür gesetzt zu bekommen – mit dem Argument, er habe eine Beziehung zu einer Kollegin verschwiegen. Reichelt bestreitet das vehement: Alles sei längst bekannt gewesen. Und ohnehin: „Das, was mir da vorgeworfen wird, habe ich niemals getan. Das sind Lügen und Verleumdungen – und das werde ich zum gegebenen Zeitpunkt auch noch beweisen.“ Seine Entlassung sieht er denn auch in einem größeren Zusammenhang, zu dem nicht zuletzt das Engagement des Springer-Verlags auf dem amerikanischen Markt gehöre.

Julian Reichelt übt aber auch scharfe Kritik an der deutschen Medienbranche, der er vorwirft, grundsätzlich eine distanzlose Nähe zur Politik zu pflegen und keine wirklich kritischen Fragen mehr zu stellen. Als ein Beispiel nennt er die Talkshow von Anne Will, deren Interviews mit Angela Merkel am Ende so weit gegangen seien, dass die Moderatorin schon vor Gesprächsbeginn erklärt habe, es sei während der Corona-Pandemie nicht ihre Aufgabe, die damalige Bundeskanzlerin hart zu befragen: „Das war ja Realsatire“, so Reichelt. Auch über Olaf Scholz äußert er sich kritisch: „Wenn der Regierungschef unseres Landes sagt, die Lage ist zu ernst für das Wort ,Freiheit‘, merken wir: Dort findet die Diskursverschiebung statt, und sie ist anti-freiheitlich.“

Über seine eigene Rolle bei Bild sagt Reichelt rückblickend: „Ich glaube tatsächlich, dass ich für Bild sehr wichtig war – und Bild für mich nicht so wichtig war, wie das allgemeinhin unterstellt wird. Ich weiß, wer ich bin. Ich weiß, was ich in meinem Leben getan habe. Ich weiß, wer meine Freunde sind. Ich weiß, wen ich liebe. Ich weiß, was ich liebe. Und ich weiß, dass ich ohne Bild sehr gut leben und auch sehr viel aus eigener Kraft aufbauen kann.“ Derzeit arbeitet an einem neuen journalistischen Projekt, bei dem er versuche, seine Leidenschaft am Beruf „in reichweitenstarkes Fernsehen zu übersetzen“.

Das Gespräch zwischen Julian Reichelt und Cicero-Chefredakteur Alexander Marguier ist der Auftakt zu „Cicero Politik – der Podcast“. Interessante Persönlichkeiten werden an dieser Stelle in hintergründigen Gesprächen über politische Interna und aktuelle Entwicklungen berichten. Sie können das Interview direkt hier hören, ebenso wie auf den gängigen Podcast-Plattformen. Hier gelangen Sie zur ersten Ausgabe – bei der Direktwiedergabe werden Sie eventuell gebeten, vorab den Button „Inhalte aktivieren“ anzuklicken:

 

 

Artikel zu Julian Reichelt:

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