Islam im CDU-Grundsatzprogramm - Die CDU unterwirft sich mal wieder

Die CDU zeigt mit der Änderung des Satzes über Muslime im Grundsatzprogramm erneut ihre mangelnde diskursive Durchhaltefähigkeit. Nach Kritik von SPD-Chef Lars Klingbeil und dem Noch-Chef des Zentralrats der Muslime ist die Union eingeknickt.

Bühne bei einer CDU-Veranstaltung zum Grundsatzprogramm, 22.03.2024 / dpa
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Autoreninfo

Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

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Die CDU hat eine Änderung ihres Grundsatzprogramms vorgenommen. Ursprünglich stand im Programmentwurf: „Muslime, die unsere Werte teilen, gehören zu Deutschland.“ Daraus wurde nun: „Muslime sind Teil der religiösen Vielfalt Deutschlands und unserer Gesellschaft.“ In den folgenden Absatz wurde dann der Satz eingefügt: „Ein Islam, der unsere Werte nicht teilt und unsere freiheitliche Gesellschaft ablehnt, gehört nicht zu Deutschland.“ Man mag das als Petitesse empfinden, die allenfalls für extreme Politik-Nerds von Interesse ist. Aber der Fall ist eben doch bezeichnend für die diskursive Lage des Landes. 

Natürlich ist die in der neuen Formulierung konstruierte Verschiebung der Ausgrenzung von Menschen zum Islam, also ihrem Glauben im wirklichen Leben und erst recht in der politischen Praxis illusorisch. Worauf es ankommt, ist die neue Botschaft an (alle) Muslime, also auch muslimische Extremisten: Macht euch keine Sorgen, ihr gehört auch dann zu diesem Land, wenn euer Glaube noch so extrem ist. Und den Glauben, also „den Islam“, kann man bekanntlich nicht vor Gericht stellen und nicht ausweisen.

Gehören auch Islamisten zu Deutschland?

Warum korrigierte sich die CDU? Muslimische Organisationen hatten gegen die erste Fassung mit Erfolg protestiert. Und SPD-Chef Lars Klingbeil hatte sich das zu eigen gemacht und die vermeintliche „rhetorische Ausgrenzung von einer ganzen Bevölkerungsgruppe“ beklagt und im Basta-Kanzler-Stil dekretiert: „Muslime gehören zu Deutschland, Punkt.“ Eigentlich hätte eine selbstbewusste CDU darauf mit einem rhetorischen Konter reagieren können, ja, müssen: Also gehören für die SPD auch Muslime, die unsere Werte nicht teilen, zu Deutschland? Ist es für die SPD nicht sonst auch demokratische Praxis, Extremisten hinter eine Brandmauer des Nichtdazugehörens zu verbannen? 

 

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Aber die CDU gab nach, wie man es von ihr auf diesem und benachbarten Politikfeldern kaum anders kennt. Sie demonstriert damit ein ums andere Mal ihre jämmerliche Durchhalteunfähigkeit im Kampf um die Diskurshoheit. Dass dies nicht nur für Klingbeils SPD ein Triumph ist, sondern gerade in den Kreisen, um die es geht, nämlich unter muslimischen Extremisten, als Zeichen der Schwäche und Aufforderung zum Weitermachen interpretiert wird, versteht sich von selbst – nur eben nicht in der CDU.

Die Rolle der medialen Öffentlichkeit 

Aiman Mazyek, Vorsitzender des „Zentralrats der Muslime“, beschwert sich auch über die korrigierte Formulierung noch bitterlich. Es ist derselbe Mazyek, der vor wenigen Tagen erst seinen vorgezogenen Rücktritt zum Juni angekündigt hatte, woraufhin die ARD-Tagesschau und viele andere Medien ihn noch einmal belobigten („interreligiösen Dialog“, „für die Demokratie stark gemacht“). Ihm und dem Zentralrat war es in den Jahren zuvor gelungen, eine völlig unverhältnismäßige Präsenz in den Medien und im Politikbetrieb zu gewinnen, obwohl er einerseits entgegen seines großsprecherischen Namens nur eine kleine Minderheit der Muslime in Deutschland vertritt und andererseits durchaus auch offen für islamistischen Einfluss ist. Mazyek disqualifizierte sich dann endgültig, als er unmittelbar nach dem Hamas-Pogrom vom 7. Oktober Israel kaum verschlüsselt sein Selbstverteidigungsrecht absprach, was ihm nicht nur unter Juden in Deutschland scharfe Kritik einbrachte. Der angekündigte Rücktritt könnte auch damit im Zusammenhang stehen.

Umso bezeichnender, aber letztlich nicht wirklich überraschend, ist, dass nun zahlreiche große Medien Mazyeks Empörung mit eigenen Artikeln transportieren, etwa der Spiegel. Von Spiegel-Autoren und anderen selbst erklärten Kämpfern „gegen rechts“ im Medien- und Politikbetrieb ist bekanntlich immer wieder die Forderung zu hören, man dürfe „Rechten“ (die Unterscheidung zu „Rechtsextremen“ wird immer öfter einfach ignoriert) kein Forum geben. Bezeichnenderweise ist diese Forderung gegen Islamisten kaum je zu hören. Geschweige denn, dass dieselben Medien entsprechend handeln. 

Auch auf die Unterscheidung zwischen Muslimen und Islamisten wird hier meist größten Wert gelegt. Zu Recht. Allerdings sind dieselben Stimmen, die zwischen „rechts“ und „rechtsextrem“ in Kommentaren oder auf Demonstrationen keinen Unterschied mehr machen und jegliches „rechte Gedankengut“ als demokratie- und verfassungsfeindlich brandmarken, gleichzeitig oft ausgesprochen nachsichtig, wenn es um möglicherweise islamistische Muslime geht. Da wird jeder noch so durchsichtigen Pseudoempörung wie der von Mazyek beflissen ein großes Forum geboten.
 

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