Grüne nach dem Karlsruher Urteil - Ricarda Langs doppelter Offenbarungseid

Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sieht neue Staatsschulden und Ausgaben für „Soziales“ als unverzichtbare Bedingungen ihrer Politik. Sonst kämen die Krise und die „rechten Parteien“.

Ricarda Lang / dpa
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Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

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In einem Interview der Grünen-Chefin Ricarda Lang in der ZDF-Sendung „Berlin Direkt“ am Sonntag fiel auch das Wort „Logik“. Lang verwendete den Begriff aber nicht für ihre eigenen Positionen, sondern für diejenigen, denen sie widersprach. Sie scheint also Logik für einen pejorativen Begriff zu halten. Das muss man vielleicht vorausschicken, um einordnen zu können, was sie in diesem kurzen Gespräch vor der Kamera in Variationen mehrfach sagt.

„Wenn jetzt manche sagen, man muss diese 60 Milliarden … einfach durch Einsparungen rausholen, das wird schlichtweg nicht funktionieren.“ Denn: „So würden wir uns in eine wirtschaftliche und damit auch in eine soziale Krise in diesem Land hineinsparen.“ Und das würden „wir“ (sie meint wohl die Bundesregierung oder jedenfalls die Grünen) nicht zulassen. Gerade am Sozialen zu sparen, sei falsch, denn die Regierung müsse auch „den sozialen Zusammenhalt“ erhalten. „Wir wissen, dass gerade insbesondere rechte Parteien soziale Sorgen, Ängste der Menschen immer wieder mobilisieren.“

Gegen unlogische Politik kommt man mit logischen Argumenten nicht an

In diesen wenigen Sätzen der Parteivorsitzenden steckt ein – doppelter – Offenbarungseid grüner Politik.

Die erste Offenbarung ist eben die Aufkündigung der Logik. Sie sagt zwar, man müsse das Urteil des Bundesverfassungsgerichts „ernst“ nehmen. Aber offenbar eben doch nicht wirklich so ernst, dass man aus der Feststellung der Verfassungswidrigkeit von 60 Milliarden Euro Staatsschulden, die mithilfe eines haushalterischen Taschenspielertricks sowohl zeitlich als auch thematisch umgebucht wurden, den logischen Schluss zieht, diese Schulden nicht aufzunehmen und auszugeben. Diese Logik funktioniere nicht, dekretiert die Parteivorsitzende. Es gebe ein „globales Wettrennen darum, wo ein klimaneutraler Wirtschaftsstandort entsteht“. Dass ihre eigene Partei Deutschland in diesem Wettrennen durch das Beharren auf den Atomausstieg und extreme Belastungen für das Unternehmertum und die Privathaushalte extrem bremst, kommt ihr dabei nicht in den Sinn. 

Für die politische Konkurrenz der Grünen steckt darin übrigens eine ganz besondere Herausforderung: Gegen eine Politik, die die Logik offen aufkündigt, ist es sehr schwer, mit (logischen) Argumenten anzugehen.

 

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Die zweite Offenbarung ist nicht weniger gewichtig. Und vielleicht ist sie auch nur durch den gleichzeitigen Abschied von der Logik zu begreifen. Ricarda Lang bekundet, dass nicht nur diese grün dominierte Ampel nur mithilfe von neuen, gewaltigen Staatsschulden fortexistieren kann, sondern dass ohne diese Schulden der „soziale Zusammenhalt“ zerstört werde und „rechte Parteien“ an die Macht kämmen. Und ihr grüner Co-Vorsitzender Omid Nouripour sagt fast zeitgleich in der ARD-Sendung „Bericht aus Berlin“: „Wenn wir uns jetzt tatsächlich kaputtsparen und das Geld nicht in die Hand nehmen, um das Land zu modernisieren, dann wird es nicht besser, sondern schlechter.“

Kaputtsparen oder in eine Krise hineinsparen – mit solchen Wortkombinationen soll das Nichtaufnehmen von Staatsschulden offenbar als zerstörerisches Werk geframt werden. Ohne Geld, das der grün regierte Staat den künftigen Steuerzahlern im Voraus wegnimmt (denn das und nichts anderes sind Staatsschulden), sind nach Überzeugung der beiden Grünen-Vorsitzenden also dieses Land, seine Wirtschaft, seine Gesellschaft „kaputt“ und „in der Krise“. Was für ein geradezu erschütterndes Zeugnis stellen diese Parteivorsitzenden damit der von ihnen geprägten Politik aus: Ohne Schulden ist alles nichts. 

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