Entlastungspaket der Ampel - Der Steuerzahler als Hans im Glück

Die Bundesregierung hat ein Maßnahmenpaket angekündigt, mit dem Bürgern angesichts der hohen Energiekosten finanziell geholfen werden soll. Doch die Maßnahmen sind bürokratisch und kaum nachhaltig. Mit solcher Symbolpolitik kann die Ampel das Land nicht sicher durch die Krise führen. Kleine Trost-Bonbons und dafür horrende Schulden sind ein schlechter Handel.  

Die steigenden Heizkosten wird eine (obendrein steuerpflichtige) Einmalzahlung nicht abfedern können / dpa
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Autoreninfo

Volker Resing leitet das Ressort Berliner Republik bei Cicero. Er ist Spezialist für Kirchenfragen und für die Unionsparteien. Von ihm erschien im Herder-Verlag „Die Kanzlermaschine – Wie die CDU funktioniert“.

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Im Märchen von Hans Im Glück tauscht der fröhliche Geselle sein Vermögen immer weiter gegen ein vermeintlich besseres Gegenstück ein, um am Ende leer auszugehen. Ein bisschen so geht es auch dem deutschen Steuerzahler. Der Klumpen Gold, den der kollektive Hans beim lieben Fiskus abgibt, verheißt ihm einen gemeinschaftlichen Mehrwert, doch dann drückt ihn hier und da wieder der Schuh, jetzt etwa die hohen Energiepreise, sodass der Tauschhandel beginnt. 300 Euro will der Staat nun jedem Steuerpflichtigen als Entlastung zurückzahlen. Tatsächlich stehen im Beschluss der Ampelregierung die schönen Worte „unbürokratisch“ und on „on top“ drin. Dem gutgläubigen Gesellen hilft eine rosarote Brille, das alles in schönen Farben zu sehen. Doch tatsächlich ist dort auch der schlichte Satz vermerkt: „Die Pauschale unterliegt der Einkommensteuer.“ Vielleicht ist es wie mit dem Pferd, das der unglückliche Hans von seinem Gold kaufte, das ihm leider dann die Haare vom Kopf fraß. 

Steuersenkung wird auf drei Monate befristet

Tapfer erklärt der Bund der Steuerzahler, dass „diese Maßnahmen fürs Erste wirken“ würden, um zu beteuern, dass die Politik „eine Struktur-Reform angehen“ müsse, „um alle Menschen systematisch und dauerhaft zu entlasten“. Davon ist aber seit Jahrzehnten keine Spur zu sehen. Was also soll dieses Entlastungspaket anderes sein als vor allem Symbolpolitik? Natürlich ist die ankündigte zweite Maßnahme richtig, die Energiesteuer deutlich zu senken, auf das von Europa vorgeschriebene Mindestmaß. Aber diese Steuersenkung wird auf drei Monate befristet. Man traut tatsächlich den Worten dieser Regierung kaum, ein solches Strohfeuer ist in seiner Entlastungswirkung so minimal, weil keiner sich hier auf irgendwas verlassen kann. Es ist eben nur eine kurze Freude, wenn man ein Pferd mit einer Kuh tauscht. 

 

 

Schließlich soll noch für wiederum drei Monate ein vergünstigtes Monatsticket im öffentlichen Nachverkehr für neun Euro angeboten werden. Es ist wirklich unverständlich, wie die Nachhaltigkeitspartei „Die Grünen“ ein solches überzuckertes Trost-Bonbon als guten Handel verkaufen will. Schon jetzt scheint gewiss, dass die Länder mit der Umsetzung einer solchen Geschenkaktion, zu der sie der Bund auffordert, mehr Aufwand und Kosten produzieren, als es Nutzen bei den Kunden gibt. Weltfremd ist so eine Maßnahme, so weltfremd wie unser lieber Hans im Märchen der Brüder Grimm. 

Neuverschuldung von 250 Milliarden Euro

Am Schluss hält unser Held dann nur noch Steine in der Hand, Steine statt Gold. Die Bundesregierung hat in dieser Woche eine Neuverschuldung in diesem Jahr (!) von wahrscheinlich rund 250 Milliarden Euro angekündigt. Eine gigantische und noch nie dagewesene Summe. An Kosteneinsparungen, Gegenfinanzierung oder einem Tilgungsplan fehlt es bisher. Und anders als im Märchen sind wir noch nicht am Schluss der Geschichte. Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Energiekrise in drei Monaten noch nicht am Ende ist. Außerdem gibt es Preisanstiege und Versorgungsprobleme in vielen anderen Bereichen auch. Sollen die auch durch solche ungedeckten Schecks abgefedert werden, als Trostsüßigkeit für fehlendes Mehl in bedrückend ernsten Zeiten? Übrigens muss dringend auch noch der Katastrophen- und Bevölkerungsschutz wieder fit gemacht werden, wie gestern im Bundestag alle beteuerten, nur Geld ist dafür noch nicht bereitgestellt. „Im Ergänzungshaushalt können wir noch mal draufsatteln“, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser gestern bei den Haushaltsberatungen im Bundestag. Na klar, Geld gibt es ja gerade günstig bei der Tankstelle Lindner. 

Bei Hans im Glück ist nicht mehr viel zu holen. Es braucht dringend eine Politik der Ehrlichkeit, statt Trostpflaster. Wir werden politisch, wirtschaftlich und gesellschaftlich eine dramatisch schwierige Zeit durchleben. Wir werden sie meistern können, aber der Staat wird uns nicht in Watte durch diese Wirren führen können. Warum sagt das keiner laut, wenigstens die Opposition? Stattdessen kommt von der Unionsfraktion nur, die Entlastung sei „nicht zielgerichtet“. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sagt zu den angekündigten Maßnahmen: „Zu wenig, zu kompliziert, nur für kurze Zeit und keine echte Entlastung für die Wirtschaft.“ Was ist denn die Alternative: noch mehr Schulden? Im Märchen wirft Hans im Glück die Steine einfach weg. „So glücklich wie ich, rief er aus‚ gibt es keinen Menschen unter der Sonne.“ Das werden die deutschen Steuerzahler so einfach nicht trällern können. 

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