CDU-Debatte über Umgang mit AfD - Distanzierung hier, Rückendeckung dort

Die Kritik an Friedrich Merz wegen Äußerungen zum Umgang seiner Partei mit der AfD auf kommunaler Ebene reißt nicht ab. Der CDU-Politiker Tobias Hans sagt, die Kanzlerkandidatfrage sei „völlig offen“.

CDU-Politiker Tobias Hans und Friedrich Merz während einer Pressekonferenz im März 2022 / dpa
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Der CDU-Politiker und ehemalige saarländische Ministerpräsident Tobias Hans zweifelt die Eignung von Merz als Kanzlerkandidat der Union an und attestiert dem Parteichef mangelnde Führungsstärke. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) sieht Merz hingegen nicht als beschädigt an.

Äußerungen von Merz im ZDF-Sommerinterview zum Umgang mit der AfD auf kommunaler Ebene waren von vielen als Aufweichung der klaren Abgrenzung der CDU zu der rechtspopulistischen Partei interpretiert worden. Merz nannte am Montag solche Vorwürfe abwegig und machte deutlich, dass der Unvereinbarkeitsbeschluss seiner Partei gelte und es auch auf kommunaler Ebene keine Zusammenarbeit der CDU mit der AfD gebe. Für seine Äußerungen vom Sonntag hatte der Parteichef auch in den eigenen Reihen viel Kritik geerntet.

Der CDU-Politiker Hans sagte dem Magazin Stern auf die Frage, ob Merz noch der richtige Vorsitzende sei: „Mittlerweile muss man vor jedem Sommerinterview zittern, weil man nicht weiß, was am Ende dabei herauskommt. Ich möchte mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass ein von der CDU gestellter Bundeskanzler solche Sorgen hervorruft.“ Der ehemalige Ministerpräsident fügte hinzu: „Und wenn jemand das erklärte Ziel hatte, die AfD zu halbieren – und die sich dann aber locker verdoppelt – dann ist das zumindest kein Ausweis für Erfolg. Und auch der Wechsel eines Generalsekretärs nach nur eineinhalb Jahren, spricht nicht für Führungsstärke“, sagte Hans mit Blick auf den Wechsel von Mario Czaja zu Carsten Linnemann auf dem Posten des Generalsekretärs. Die Frage, ob Merz Kanzlerkandidat werde, hält Hans für „völlig offen“.

Hans betonte, die CDU müsse einen Konsens mit demokratischen Parteien suchen und nicht mit der AfD, die er als „politischen Feind“ bezeichnete. Hans warnte zugleich vor einer Kursverschiebung der Union weg von der Mitte. Auf Äußerungen von Merz, der die CDU als „Alternative für Deutschland - mit Substanz“ und die Grünen als Hauptgegner bezeichnet hatte, sagte Hans: „Mir drängt sich vielmehr der Verdacht auf, dass es sich dabei um eine Strategie handelt, um den Versuch, einen neuen Sound in der CDU zu etablieren. Das ist der Abschied vom Kurs der Mitte, mit dem die CDU fast 20 jahrelang erfolgreich regiert hat.“

Hessens Ministerpräsident Boris Rhein sprach in den ARD-„Tagesthemen“ mit Blick auf das Merz-Interview von „Missverständnissen“ und „Fehlinterpretationen“. Am Ende habe Merz seine Position klargemacht. „Es gibt eine klare, eindeutige und auch sehr dicke Brandmauer zur AfD“, sagte Rhein. „Die Brandmauer steht und sie steht sehr fest“, fügte er hinzu. 

CDU-Vize Andreas Jung sieht die kommunale Ebene gar als entscheidend für die Abgrenzung der Union zur AfD an. „Die klare Abgrenzung auch in den Kommunen ist das Fundament der Brandmauer zur AfD“ sagte Jung der Augsburger Allgemeinen (Dienstag). „Die AfD ist eine rechtsradikale Partei, die Hass und Hetze duldet“, kritisierte Jung. „Unsere Werte verpflichten: Zur AfD kann es deshalb nur klare Kante geben, auf allen Ebenen, heute, morgen und übermorgen“, betonte der stellvertretende CDU-Chef. Dies sei auch die Haltung von Merz. Auch Generalsekretär Linnemann machte bei einer Veranstaltung der Hessen-CDU am Montagabend deutlich, Merz habe erst kürzlich bekräftigt, dass es, solange er Parteivorsitzender sei, keine Zusammenarbeit mit der AfD gebe, egal auf welcher Ebene.

Bei jüngeren Abgeordneten der Union gibt es dennoch Unmut über die Debattenlage in der CDU. „Es ärgert viele in der Partei, dass wir jetzt wieder über die falschen Themen diskutieren“, sagte die Vorsitzende der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Ronja Kemmer, den Partner-Zeitungen der Neuen Berliner Redaktionsgesellschaft (Dienstag). „Wir brauchen keine Selbstbeschäftigung – weder über die Frage, wer unsere politischen Gegner sind, noch darüber, wer unser Kanzlerkandidat ist“, fügte die CDU-Politikerin hinzu.

Quelle: dpa

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