Bürgerräte und direkte Demokratie - „Es gibt einen Graben zwischen Bevölkerung und Parlament“

Der Verein „Mehr Demokratie“ ist Teil einer Bietergemeinschaft, welche die Bildung von Bürgerräten auf Bundesebene vorbereiten und begleiten soll. Im Interview erklärt Bundesvorstandssprecherin Claudine Nierth die Chancen, Hürden und Risiken des Vorhabens.

Den Entscheidern bitte nicht zu nahe kommen! / dpa
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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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Claudine Nierth ist Bundesvorstandssprecherin von „Mehr Demokratie“. Der Verein hat als Teil einer Bietergemeinschaft jüngst den Zuschlag erhalten, in den kommenden Wochen gemeinsam mit der Bundestagsverwaltung die Sitzungen des ersten Bürgerrates nach der Sommerpause 2023 des Bundestages vorzubereiten und zu begleiten. Laut Bundestagspräsidentin Bärbel Bas soll mit der Hilfe von Bürgerräten „die parlamentarische Demokratie gestärkt und mehr Teilhabe ermöglicht“ werden. Allerdings gibt der Bundestag die Themen vor – und die Ergebnisse sind nicht bindend. 

Frau Nierth, Sie sind Bundesvorstandssprecherin von „Mehr Demokratie“. Mal zur Einordnung: Was genau sind denn die Ziele Ihres Vereins? 

Unser Verein ist eine NGO, die sich seit 30 Jahren für direkte Demokratie und Bürgerbeteiligung einsetzt. In Deutschland sind wir klar die größte Organisation dieser Art, vielleicht sogar weltweit; das sei einmal dahingestellt. Wir treten ein für Bürgerbeteiligung über direkte Demokratie, sprich Bürgerbegehren, Bürgerentscheide in den Kommunen und auf Landesebene. Unser großes Ziel ist ein bundesweiter Volksentscheid, also eine Regelung, wie wir sie bereits in den Ländern haben. Außerdem kümmern wir uns noch um Themen wie Wahlrecht, Transparenzrecht und ein bisschen auch Lobbythemen. Jüngst sind noch die Bürgerräte hinzugekommen.  

Wir haben ein gewähltes Parlament. Warum also mehr direkte Demokratie? 

Wir haben in Deutschland zwar einen starken Parlamentarismus, aber wir sagen: Wir brauchen auch die direkte Demokratie. Nicht als konkurrierendes, sondern als ergänzendes Element. Wo Elemente der direkten Demokratie bereits stark etabliert sind, auf kommunaler Ebene und Landesebene, ergänzen sich beides – Parlamentarismus und direkte Demokratie – bereits sehr gut. Baden-Württemberg ist hier zurzeit Vorbild, wo sich das Parlament auf Bürgerräte beruft und politische Entscheidungsprozesse insgesamt einhergehen mit direkter Demokratie. 

Ich erreiche Sie gerade in der Schweiz, wo direkte Demokratie ein selbstverständlicher Teil politischer Aushandlungsprozesse ist. Daran gibt es aber auch immer wieder Kritik. Was soll Ihrer Meinung nach denn im Rahmen direkter Demokratie entschieden werden? 

Im Grunde sagen wir, dass fast alle Themen, die auch im Parlament behandelt werden, zugänglich sein müssen für die direkte Demokratie. Dafür gibt es auch Eingangshürden: Jedes Volksbegehren in Deutschland muss ja erstmal die nötige Zahl an Unterschriften zusammenkriegen, um zu zeigen, dass es sich tatsächlich um ein relevantes Thema handelt. Das muss dann auch verfassungskonform sein und wird geprüft. Manchmal kommen die nötigen Unterschriften auch nicht zusammen oder man findet im Vorfeld eine Einigung mit dem Parlament. Ich persönlich habe fünf Volksbegehren initiiert, drei davon sind nicht zum Volksentscheid gekommen, weil man vorher gute Kompromisse mit der jeweiligen Regierung gefunden hat. 

Wieviel direkte Demokratie ist denn zu viel direkte Demokratie? 

Wir wissen, dass weit über 99 Prozent aller Entscheidungen in den Parlamenten getroffen werden. Und das soll auch so bleiben. Uns geht es um wesentliche Entscheidungen, die oft Richtungsentscheidung sind. Grundsatzentscheidungen also, wo die Initiative aus der Bevölkerung kommt oder das Parlament das Bedürfnis hat, noch weitere Stimmen zu hören. Von einer Regelmäßigkeit der direkten Demokratie wie in der Schweiz sind wir derzeit weit entfernt, aber es ist schon interessant, dass in Baden-Württemberg zum Beispiel jeder zweite Bürger bereits an solchen Beteiligungsformaten teilgenommen hat. Das belebt die Demokratie. Auch, weil man sich mit gewissen Themen stärker befasst, wenn man nach seiner Meinung gefragt wird. 

Nun befinden wir uns ja im Zeitalter der Digitalisierung. Damit einher geht auch die Bildung von Filterblasen in den sozialen Medien, wo jeder die Desinformation findet, die er sucht. Wie gehen wir denn damit um, dass es in der Folge zu falschen Entscheidungen bei direkter Demokratie kommt, weil die Leute schlecht oder falsch informiert sind? 

Momentan ist es in Deutschland so geregelt, dass vor jeder Abstimmung jeder Haushalt eine Informationsbroschüre bekommt, die unabhängig ist von den offiziellen Informationen, etwa aus den Medien. Darin werden die Anteile von Pro und Contra dargestellt. Ich sage mal: Das ist bei weitem ausbaufähig. In Kalifornien zum Beispiel bekommen Sie eine dicke Broschüre, in der alle Informationen passgenau aufbereitet sind: von einfacher Sprache über Bildersprache bis zu Sprache auf Akademikerniveau. Und in der Schweiz gibt es eine Selbstverpflichtung seriöser Medien, die ganzseitige Artikel mit Pro und Contra drucken. Da brauchen wir noch mehr Informationskultur in Deutschland. 
 

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Aber: Ich denke, es ist – und hier leite ich auch mal über zu den Bürgerräten – durchaus sinnvoll, diese mit Volksabstimmungen zu verknüpfen, weil das bei einer Volksabstimmung zu einem schwierigen Thema Sinn macht. Es kann nämlich sein, dass die Initiatoren die auszuhandelnde Frage sehr zugespitzt haben; ähnlich wie jüngst in Berlin. Was wäre denn gewesen, wenn man da einen Bürgerrat vorgeschaltet hätte vor diese Abstimmung und gesagt hätte: So, die und die Schwierigkeiten gibt es und diese oder jene Problematik. Dann hätte ein Bürgerrat nach der Klärung der entscheidenden Fragen Empfehlungen abgeben können. Denn das wäre ein Gremium gewesen, das alle Informationen bekommen und alle Fragen hätte stellen können. 

Wobei ich jetzt sagen würde, dass Berlin ein sehr gutes Beispiel ist, dass direkte Demokratie auch ohne Bürgerräte funktioniert. Schließlich waren die Ziele des „Klimaentscheids“ unrealistisch, und das Vorhaben ist zu Recht gescheitert. Wie bewerten Sie denn den Ausgang dieses Volksentscheids? 

Ich glaube schon, dass das sehr hoch gesteckte Ziele waren. Wobei, soweit ich die Initiative verstanden habe, wurde gesagt: Wir orientieren uns am Pariser Klimaabkommen. Das hat Deutschland unterzeichnet. Und wenn wir das erreichen wollen, dann müssen wir solche hochgesetzten Ziele machen, sonst lügen wir uns in die eigene Tasche. Aber ich glaube auch, dass das Ergebnis zeigt, dass es hier eine gewisse Überforderung der Bevölkerung gab. Nichtsdestoweniger hat die Diskussion um den „Klimaentscheid“ gezeigt, dass so eindeutig die Meinung in der Bevölkerung nicht ist. Der Erfolg dieses Volksentscheids ist, dass zumindest über das Thema diskutiert wird. Das hat Bewusstsein für viele Fragen geschaffen: Welche Ziele können wir denn erreichen? Was ist realistisch? Was müssen wir überhaupt erreichen? Und wie ernst nehmen wir das Thema Klimaschutz eigentlich? 

Ihr Verein hat als Teil einer Bietergemeinschaft jüngst den Zuschlag bekommen, Bürgerräte im Auftrag des Deutschen Bundestages zu organisieren. Nochmal konkreter: Wofür brauchen wir denn bitte einen Bürgerrat? 

Wir haben auf Bundesebene außer den Wahlen keine andere Bürgerbeteiligung im Sinne direkter Demokratie. Und wir merken, dass es durchaus einen Graben gibt zwischen Bevölkerung und Parlament. Nun waren wir auch skeptisch, ob Bürgerräte ein angemessenes Format sind. Dann sind wir nach Irland gefahren und haben uns angesehen, wie das dort gemacht wird. Irland ist hier Vorreiter. Gerade bei Themen, an die sich die Fraktionen nicht herantrauen. Darunter die Themen gleichgeschlechtliche Ehe und das Abtreibungsrecht, die in einem katholischen Land wie Irland besonders kontrovers diskutiert werden. 

Die positive Überraschung war, dass sich die Bürger in Irland anschließend tatsächlich sehr intensiv mit diesen Themen auseinandergesetzt haben. Zwei Drittel der beteiligten Bürger haben empfohlen, die gleichgeschlechtliche Ehe anzuerkennen und das Abtreibungsrecht ebenso. Anschließend wurde noch ein Referendum gemacht, weil derlei mit einer Verfassungsänderung einhergehen musste. Dieser Dreiklang Parlament, Bürgerräte und Referendum hat sehr gut funktioniert. Bürgerräte sind also gerade dann besonders sinnvoll, wenn es um Entscheidungen geht, die ethische Fragen berühren.

Man könnte auch einfach eine demoskopische Umfrage machen. 

Das Problem ist, dass man es hier meist mit Ad-hoc-Entscheidungen aus dem Bauch heraus zu tun hat. Wollen Sie heute lieber Marmelade essen oder Nutella? Bürgerräte haben zwei zentrale Vorteile: Der erste ist das Los, das unter anderem dazu führt, dass man auch Menschen erreicht, die unter Umständen überhaupt kein politisches Interesse haben. Das ist gut, weil man durch Bürgerräte auch an Alltagswissen kommt. Der zweite Vorteil ist, dass alle gelosten Bürger alle Informationen bekommen. 

In der Zusammenarbeit untereinander entsteht dann ein gewisser Gemeinsinn, der etwa dazu führt, dass man die eigene Position mehrmals hinterfragt. Die Politik hat hinterher auf jeden Fall ein Ergebnis, das in der Runde erarbeitet, diskutiert und über das am Ende abgestimmt wurde. Der einzelne Politiker bekommt dadurch einen zusätzlichen Eindruck. Er hat sich Expertenrunden angehört, die Meinung seiner Partei, die der Demoskopie und bekommt durch Bürgerräte auch noch ein ungefähres Bild, was der Querschnitt der Bevölkerung sagen würde, wenn ein halbes Jahr zum Thema diskutiert wurde. 

Gleichwohl ist nicht bindend, was ein Bürgerrat erarbeitet. Direkte Demokratie ist das nicht. 

Ja, hier wird auch die Grenze der Bürgerräte deutlich. Es gibt keine Umsetzungspflicht von Seiten der Politik. Aber die Politik ist sich dessen auch bewusst, genauso wie die Bürgerinnen und Bürger. Deshalb machen Bürgerräte nur Sinn, wenn die Empfehlungen ernst genommen werden. Das haben uns übrigens auch Teilnehmer solcher Bürgerräte bestätigt. Die sagen, das Wichtige ist nicht, dass alles eins zu eins umgesetzt wird. Aber wir wollen auf jeden Fall eine Rückmeldung haben: Was hat die Politik überhaupt mit den Ergebnissen gemacht? Sind die in der Schublade verschwunden? Wenn ja, warum? Welche Themen wurden aufgegriffen? Wie wurden diese umgesetzt? Da muss es unbedingt eine Rückkopplung geben. 

Das Prozedere für die neu zu schaffenden Bürgerräte soll wie folgt aussehen: Der Deutsche Bundestag beschließt die Einsetzung eines Rates mit 160 gelosten Mitgliedern zu einem bestimmten Thema und stellt ihm Experten zur Seite. Da drängen sich mir gleich mehrere Fragen auf: Warum 160 Personen? Und wie muss das Losverfahren gestaltet sein, um überhaupt eine – wenn auch nicht im wissenschaftlichen Sinne – repräsentative Zusammensetzung zu erhalten? 

Wichtig ist, dass versucht wird, den Querschnitt der Bevölkerung zu spiegeln. Aus den einzelnen Melderegistern wird dafür mithilfe eines Zufallsalgorithmus ein Datensatz gezogen. Die Personen werden anschließend angeschrieben und eingeladen, am Bürgerrat teilzunehmen. Was machen Sie, wenn Sie so einen Brief bekommen? Vielleicht wundern Sie sich, Sie nehmen ihn ernst oder Sie schmeißen ihn weg. Jetzt hat man also eventuell die Problematik, dass unter den Rückläufern Menschen mit niedrigen Schulabschlüssen weniger vertreten sind. Da hilft dann nur „aufsuchende Beteiligung“: Da muss man dann wirklich in die Quartiere gehen oder wenigstens hinterhertelefonieren, um zu erklären, warum es absolut wichtig ist, dass gerade diese Person teilnimmt. 

Deshalb haben wir uns als Verein überhaupt erst beworben für diese Ausschreibung. Wir sind ja noch in der weiteren Erprobung des Modells. Wir haben aktuell eine Vorstellung, wie diese Bürgerräte gut funktionieren könnten. Jetzt müssen wir das Element weiter erproben und sehen, ob das überhaupt Sinn macht für Politik und Bevölkerung. Dass es übrigens genau 160 Personen sind, hat mit den Bundesländern und damit zu tun, dass das eine Größe ist, die noch gut handelbar ist. Man hätte auch 180 Personen oder weniger nehmen können. 

Claudine Nierth / picture alliance

Über einen Punkt bin ich besonders gestolpert. Und zwar darüber, dass den Bürgerräten Experten zur Seite gestellt werden. Während der Corona-Pandemie haben wir die Erfahrung gemacht, dass sich die Bundesregierung am liebsten auf Experten berufen hat, die ohnehin eine ähnliche Meinung wie die Regierenden vertreten haben.  

Da sprechen Sie etwas sehr Wichtiges an. Die Expertenauswahl ist immer ein brenzliger Punkt. Wer sind denn überhaupt die Experten? Müssen das immer Wissenschaftler sein? Welche Expertise braucht man überhaupt? Die Experten werden ausgewogen und parteiunabhängig ausgewählt und den Fraktionen vorgeschlagen. Die Politik stellt sich dann weitere Fragen, etwa, ob irgendeine Position noch fehlt. Und dann gibt es noch die goldene Regel, dass, wenn innerhalb eines Bürgerrates eine Expertise zu wenig vertreten ist, wo die Bürgerräte sagen, die hätten wir noch gerne, dann wird die nachträglich noch dazu genommen. 

Noch eine Frage zum Experten-Auswahlverfahren: Ich will Ihnen jetzt gar nichts unterstellen, aber: Sie selbst wurden im Jahr 2012 von den Grünen in Schleswig-Holstein zur Bundesversammlung entsandt. Daraus könnte man nun schlussfolgern, dass Sie bei der Expertenauswahl möglicherweise nicht unvoreingenommen sind. 

Ich werde die Experten nicht auswählen. Dafür sind die drei professionellen Durchführungsinstituten Nexus, Ifok und IPG zuständig, die Teil unserer Bietergemeinschaft sind. Wir von „Mehr Demokratie“ sind vor allem für die Organisation der Öffentlichkeitsarbeit für diesen Prozess mitverantwortlich. Schließlich muss es die Möglichkeit geben, dass zum Beispiel Sie als Journalist mit dabei sein können. Das muss organisiert werden. Und das ist auch unsere Aufgabe. 

Und jetzt zu Ihrer Frage wegen den Grünen: Es ist richtig, was Sie sagen. Aber ich bin kein Mitglied irgendeiner Partei, und ehrlich gesagt wüsste ich heute auch nicht, in welche Partei ich überhaupt wollen würde. Damals haben mich die Grünen tatsächlich in die Bundesversammlung geschickt, weil wir davor ein Volksbegehren zusammen gemacht haben – und zwar zur Erleichterung von Bürgerbegehren. Momentan sitzen die Grünen in der Regierung in Schleswig Holstein und drehen gerade genau das Gesetz, das sie damals beschlossen haben, zurück. Und ich bin gerade dabei, eine Volksinitiative in Schleswig-Holstein zu bilden, um das zu verhindern. Soviel zu den Grünen. Wir haben in der Vergangenheit übrigens immer wieder Bündnisse mit Parteien geschlossen: von den Piraten bis zur CSU. 

Eine weitere Schwachstelle scheint mir die Frage, wie die Themen überhaupt im Parlament zustande kommen, die dann an die Bürgerräte gegeben werden. 

Das ist ein weiteres Problem, ja. Wir haben im Parlament die Situation, dass, wenn eine Fraktion ein Thema vorschlägt, die andere gleich sagt: Moment, damit willst du dich doch nur profilieren! Dann gibt es den Fall, dass eine Partei ein bestimmtes Thema gerade überhaupt nicht diskutieren will, weil sie an der Regierung ist und dazu schon eine konkrete Idee hat, und so weiter. Ich sprach bereits über Irland. Dort kommt das Parlament – weshalb auch immer – deutlich schneller zu seinen Themen als hierzulande. Über 20 Themen hat das Parlament in Irland bereits an Bürgerräte delegiert. Die nächsten Themen werden die Drogenpolitik sein und die Biodiversität. Irland hat da so eine Alltagspraxis also schon entwickelt, und Deutschland muss erst mal beweisen, ob es das auch hinbekommt. 

Auch da stellen sich wieder viele Fragen: Wie sind denn die parlamentarischen Abläufe? Wie kommt das Parlament zum Thema? Muss das extern moderiert werden? Braucht es ein gutes Verfahren innerhalb des Bundestages, dass man sich da nicht verzettelt und das in die Machtmühlen der Fraktionen gerät? Die Themenauswahl und der Umgang des Parlaments mit den Ergebnissen des Bürgerrates sind die zwei großen Feuerproben, die das Element Bürgerräte in Deutschland erstmal überstehen muss. 

Ich befürchte, dass dann ausgerechnet die Themen, die die Leute wirklich umtreiben, nicht in den Bürgerräten behandelt werden: das Thema Migration zum Beispiel. Und man stattdessen Themen bestimmt, die vielleicht relevant sein mögen, aber eben nicht hochbrisant sind. 

Ich glaube, diese Befürchtung ist berechtigt. Baden-Württemberg greift dem jetzt vor, indem zwei wichtige parlamentarische Themen pro Jahr an Bürgerräte gegeben werden. Außerdem könnte es zu einer Verfassungsänderung kommen, um Bürgerräte von unten initiierbar zu machen. Das heißt, dass mit einer gewissen Unterschriftenzahl ein Thema auf die Tagesordnung des Bürgerrats kommen kann. Wenn Sie mich fragen, brauchen wir das auch auf Bundesebene, um genau dem vorzubeugen. Dass die Politik nämlich versucht, um die wirklich heißen Themen herumzukommen. 

Das Gespräch führte Ben Krischke.

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