Angela Merkel - CDU, Du hast es einfach gut

Eine kleine Revolution bei der Wahl des Fraktionsvorsitzenden, eine innerparteiliche Identitätskrise und ein in großen Teilen gespaltenes Land – doch Kanzlerin Angela Merkel macht einfach immer weiter. Zu so einer Parteivorsitzenden kann man der CDU nur gratulieren. Ein Brief an die Partei

Angela Merkel: Wohl der Partei, die eine solche Vorsitzende die ihre weiß / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Liebe CDU,

es ist an der Zeit, Dir von Herzen zu gratulieren. Als ehrwürdige große Volkspartei hast Du viele außergewöhnliche Führungsfiguren gehabt, die Dich zu Deiner ganzen Blüte gebracht haben. Aber eine so kraftvolle politische Person wie Angela Merkel sucht man selbst in Deiner stolzen Geschichte vergeblich. Seit 18 Jahren nun gebührt Dir das Privileg, sie als Deine Parteichefin zu wissen, 13 Jahre davon als Kanzlerin. 

In der vergangenen Woche, da haben sich ein paar verirrte und versprengte Mitglieder in der Unionsfraktion in Berlin Deiner großen Vorsitzenden in Verkennung ihrer Verdienste als Widerborste geriert und ihren Wunschkandidaten für den Vorsitz nicht wiedergewählt. Aber wie milde und verständnisvoll reagiert Angela Merkel auf diese Irrlichter, preist deren Fehltritt als innerparteiliche Demokratie und sagt anderntags bei einer Podiumsdiskussion im bayerischen Freundesland der CSU, dass sie erstens natürlich wieder als Parteivorsitzende beim Parteitag Anfang Dezember antreten werde und zweitens vielleicht sogar nochmals als zu wählende Kanzlerin 2021. Gott sei Dank war damit diese etwas peinliche Phase nach der Causa Maaßen ganz schnell wieder überwunden, als die Kanzlerin angefangen hatte, sich für eigene Fehler zu entschuldigen. 

Widerstandsfähiger als der Pfeilschwanzkrebs

War also was, da in der Fraktion? Nein, nichts. Jedenfalls nichts, was Deine Nummer Eins auch nur zucken lassen würde. Sie ist von einer einzigartigen politischen Überlebensfähigkeit, dagegen ist der Pfeilschwanzkrebs eine Eintagsfliege der Evolution. Der ist immerhin 450 Millionen Jahre alt und hat Eiszeiten und Heißzeiten überlebt, während die Dinosaurier und Säbelzahntiger um ihn herum nur so verröchelt sind. 

Seit einem guten Jahr nun trotzt Angela Merkel einer faktischen Wahlniederlage bei der Bundestagswahl, während ihr Widersacher und großkoalitionärer Mitverlierer von der SPD, Martin Schulz, nach ein paar Wochen der Beharrung von seiner Partei beiseite bugsiert wurde, und der dritte Wahlverlierer, Horst Seehofer von der CSU diesem schulzschem Schicksal in den kommenden Wochen höchstwahrscheinlich ebenso entgegenblickt. 

So gehen also alle verspätet und nach und nach all jene, die die Wählerinnen und Wähler vor einem Jahr nicht mehr hinreichend gewählt haben. Aber zugleich bleiben nicht nur Glaube, Liebe, Hoffnung. Es bleibt auch Angela Merkel. Sie steht da und bleibt. Und bleibt. Und bleibt. Und man kann in ihren eigenen Worten sagen, dass sie wohl auch aus dieser kleinen Krise wieder stärker hervorgehen wird, als sie hineingegangen ist.  

Die SPD ist noch härter getroffen

Es mag wohl sein, dass das politische Überall und Nirgendwo Deiner Kanzlerparteichefin hie und da zu einer kleinen Identitätskrise Deinerseits führt. Aber das ist den Preis allemal wert, und wenn Dich das zu sehr stört, dann geh eben mal zum Therapeuten, im Wartezimmer triffst Du dann Deine alte Bekannte, die SPD, denn die hat das Überall und Nirgendwo Deiner Vorsitzenden noch viel härter getroffen als Dich. 

Deshalb, liebe CDU: Wohl der Partei, die eine solche Vorsitzende die ihre weiß. Angela Merkels Erfolge sind auch Deine Erfolge. Gute Wünsche erübrigen sich da. Wer eine solche Ausnahmepersönlichkeit mit dieser Willenskraft an seiner Seite beziehungsweise Spitze weiß, der muss sich um seine Zukunft nun wirklich keine Sorgen machen. Und um die anstehenden fünf Landtagswahlen (sowie einer Europawahl) im Laufe der nächsten Wochen und Monate sicher auch nicht.  

Herzlich, 

Christoph Schwennicke

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