Ampel-Streit um Heizungsgesetz - Alles abschalten!

Das von Wirtschaftsminister Habeck geplante Heizungsgesetz geht diese Woche nicht zur Abstimmung in den Bundestag. Inzwischen ist der Kleinkrieg zwischen den Ampel-Koalitionären nur noch mit Ironie zu ertragen. Deswegen ein Vorschlag zur Güte: Das Heizen sollte einfach komplett verboten werden.

Vorbild für die deutsche Wärmewende: Wohnhäuser in Tuktoyaktuk in der Arktis / dpa
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Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

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Vielleicht sollten wir das mit dem Heizen künftig ganz sein lassen. Einfach mal 20 oder 30 Winter lang schön zuhause durchfrieren (auch wenn die kalte Jahreszeit bei uns hier in Berlin locker bis Mitte Mai dauern kann). Bis dahin ist der Klimawandel dank deutscher Diszipliniertheit in Sachen Energieverbrauch entweder abgewendet (und wir können endlich wieder von vorn anfangen). Oder die Erde hat sich in jenes infernalische Feuer verwandelt, von dem die täglichen Klimakleber jede Nacht halb schaudernd, halb sehnsuchtsvoll genauso zu träumen scheinen wie einst die Anhänger eines gewissen David Koresh in Waco, Texas. Endlich keine halben Sachen mehr, sondern die ganze Dröhnung. Deutsch sein heißt: gründlich sein. Weswegen in den Reihen der „Letzten Generation“ auch praktisch keine jungen Leute mit Migrationshintergrund zu erkennen sind. Wo bleibt die Quote, wenn man sie mal braucht?

Die grünen Weicheier

Ich fand die Grünen als klassische Verbotspartei ohnehin immer schon viel zu weicheierig: „Veggie-Day“, aber nur donnerstags; Tempolimit bei 130, anstatt für privat genutzte Fahrzeuge eine Maximalgeschwindigkeit von null Stundenkilometern vorzuschreiben; Wärmepumpen zwingend erst in mehr als zehn Jahren, anstatt, wie gesagt, einfach den Betrieb von Heizkörpern komplett zu untersagen – und zwar ausnahmslos, für Frührentner genauso wie für Über-80-Jährige. Wir müssen wieder lernen, radikal zu denken und zu handeln. Wobei eine Partei, die von zwei übergewichtigen Studienabbrechern geführt wird, einfach nicht das nötige Maß an Selbstdisziplin vermittelt, derer es jetzt zweifelsfrei bedarf, um das Überleben der Menschheit zu gewährleisten.

Da halten wir uns doch lieber an den Vorschlag der Wissenschaftsmoderatorin Dr. Mai Thi Nguyen-Kim, die in ihrer ZDF-Sendung „Maithink x“ zur Sicherung der gesetzlichen Rente eine Senkung der Lebenserwartung vorschlägt. Dass Bundesarbeitsminister Hubertus Heil diese Idee mit dem Hinweis ablehnt, dies laufe auf Mord hinaus, zeigt nur, dass der Sozialdemokrat den Ernst der Lage nicht erkannt hat. Denn natürlich muss man bereit sein, Menschen zu opfern, um Schlimmeres abzuwenden. Das hat dieser Tage selbst der sonst so knuffige Robert Habeck erfahren.

Der Streit um das Gebäudeenergiegesetz, vulgo „Habecks Heiz-Hammer“, zeigt denn auch in aller Deutlichkeit, wie sehr wir in unserer Volksgemeinschaft den Sinn für die Aufopferung im Namen der großen Sache verloren haben. Die FDP, völlig zurecht mit dem Image der kleingeistigen Ego-Partei belegt, hat doch tatsächlich die Chuzpe, deutliche Nachbesserungen an dem Gesetzentwurf einzufordern. FDP-Fraktionschef Christian Dürr: Es komme nicht auf den Tag an, sondern darauf, „ob Deutschland ein gutes Gebäudeenergiegesetz bekommt“. Ähm, nein Herr Dürr, es kommt sehr wohl auf den Tag an. Denn ohne die deutsche Wärmepumpen-Offensive könnte schon morgen einer jener Kipp-Punkte überschritten sein, von denen es immer heißt, hinterher wäre das Klima ohnehin nicht mehr zu retten. Zumindest nicht das Klima innerhalb der Ampel-Koalition: Da haben die Grünen letzthin derart viel einstecken müssen, dass jede Heiz-Hammer-Hinauszögerung fast noch schlimmer ist als ein verpasster Zustelltermin vom Amazon-Kurier. Geht gar nicht!

Endlich Planungssicherheit!

Außerdem heißt es immer: Die Menschen wollen Planungssicherheit. Aber was ist das eigentlich für eine Planungssicherheit, wenn jetzt die halbe Bundesrepublik schnell noch zu Obi läuft und den Bestand an Gasbrennern leerkauft, weil sie die Feinheiten der Wärmepumpen-Legislation nicht verstehen will beziehungsweise verstehen kann, deshalb lieber noch auf eine letzte fossile Lokalrunde setzt – und somit erst recht in die Kostenfalle steigender Energiepreise läuft?

Wie gesagt: Ein allgemeines Heizverbot würde jegliche Unklarheit beseitigen, da weiß jeder, was kommt. Von mir aus auch erst mit Wirkung zum 1. Oktober dieses Jahres, so haben die Leute bis zum (Berliner) Wintereinbruch noch genug Zeit, um sich ein paar wärmende Pullover zu stricken. Wobei ich der Meinung bin, dass den wohlstandsverwöhnten Deutschen ein bisschen Abhärtung (Frieren etc.) durchaus gut tun würde. Ein Land, in dem ein Buch mit dem Titel „Das Ende des Kapitalismus – warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind“ die Bestsellerlisten erklimmt, muss seinen Bürgern auch mal etwas abverlangen. „Degrowth“, das klingt immer so wissenschaftlich-abstrakt. Und „Verzicht“ atmet irgendwie den Geist von Fastenzeit und evangelischer Kirche. „Heizverbot“ dagegen, das kommt so richtig fett: „Seit 5.45 Uhr wird abgeschaltet …“ Völker dieser Welt, zieht euch warm an – denn jetzt kommen die Deutschen, um euch das Frieren zu lehren!

Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums (Antwort auf eine parlamentarische Anfrage) werden durch die Wärmepumpen-Offensive (im Vergleich zu heute) anno 2030 gerade mal 1,4 Prozent CO2-Emissionen eingespart. Einem Milliardenaufwand mit dem Potential gesellschaftlicher Spaltung steht mithin ein – gelinde gesagt – recht überschaubarer Effekt fürs Weltklima entgegen. Diese Relation zeigt vor allem eines: Es geht nicht um die Sache, sondern um einen symbolischen Akt. Um einen Akt der Selbstkasteiung, vielleicht auch um magisches Denken: Seht her, diesmal stehen wir Deutschen auf der richtigen Seite der Geschichte! Nachdem wir während der Corona-Zeit (die insofern eine gute Trainingseinheit für transformatives Herunterdimmen bürgerlicher Entfaltungsmöglichkeiten war) mit Lockdowns den Endsieg gegen ein Virus errungen haben, zeigen wir jetzt, dass dem Klimawandel von Deutschland aus mit der Wärmewunderpumpe Einhalt geboten werden kann. Mögen die Chinesen noch so viele neue Kohlekraftwerke in die Landschaft stellen: Wir schaffen das! Und zwar zur Not, wie bei der Migration, auch ganz alleine.

Vorbild: #allesdichtmachen

Aber weil die sogenannte Bewältigung der sogenannten Flüchtlingskrise nach dem Motto „Grenzen lassen sich ohnehin nicht schützen“ schon vor acht Jahren nur halbherzig angegangen wurde (Stichwort: Flüchtlingspakt mit der Türkei), sollten wir diesmal alles geben. Die Initiative #allesdichtmachen mag damals noch als ironischer Seitenhieb gegen Lockdown-Fanatiker gemeint gewesen sein. Was aber noch längst nicht bedeutet, dass sich ein Witz nicht auch ins Genre des Trauerspiels übersetzen ließe – zumal in einem humorbefreiten Land wie der Bundesrepublik, wo gouvernantenhafte Zwangscharaktere wie Jan Böhmermann als „Satiriker“ abgefeiert werden.

Also nur Mut: Anstatt einfach bloß „Habecks Heiz-Hammer“ rauszuholen, sollten wir jetzt endlich mal Nägel mit Köpfen machen und wirklich konsequent sein. #allesabschalten muss die Devise mit Blick aufs Heizen deshalb lauten. Der Rest ergibt sich dann schon von selbst. Hoffentlich.

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