Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas - Mehr Ja-Sager

Der 20. Parteitag der KP Chinas festigt die Macht von Xi Jinping, Chinas Führungsspitze wird noch homogener. Es gibt keine Abkehr von der Zero-Covid-Politik, die Außenpolitik wird aggressiver, die staatliche Kontrolle der Wirtschaft nimmt zu, und China wendet sich vom Weltmarkt ab. Die Zeichen stehen auf Eskalation.

In Reih und Glied und mit Mundschutz: Delegierte auf dem 20. Nationalen Kongress der Kommunistischen Partei Chinas / dpa
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Autoreninfo

Philipp Mattheis ist Herausgeber von BlingBling, einem wöchentlichen Newsletter über Bitcoin, Geld und Freiheit. Von November 2019 bis März 2021 war er Ostasien-Korrespondent von Stern und Capital in Shanghai.

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Was die chinesische Bevölkerung über die Ergebnisse des 20. Parteitags denkt, ist ungewiss. Investoren und Anleger gaben allerdings ein klares Votum ab: Der Hangseng-Index in Hongkong rauschte bei Eröffnung über sechs Prozent ins Minus. Die Aktie des Internet-Konzerns Alibaba verlor sogar über zwölf Prozent. Viele Marktteilnehmer fürchten offensichtlich, dass die neue Zusammensetzung des Politbüros nichts Gutes bedeutet. Die Zeichen stehen auf Eskalation und mehr staatliche Kontrolle der Wirtschaft. Warum?
 
Die personelle Zusammensetzung des neuen Ständigen Ausschusses des Politbüros zementiert zunächst die persönliche Macht Xi Jinpings. Unter seinen Vorgängern war es üblich, das fünf- bis neunköpfige Gremium mit Vertretern verschiedener Fraktionen zu besetzen. Das Politbüro sollte so ein relatives Gegengewicht zur Macht des Präsidenten bilden. Dieses fehlt nun. Der Ausschuss ist nun mit sieben Yes-Men, Ja-Sagern, besetzt.
 
Neu dabei sind Zhao Leji, Chef der Disziplinarkommission, der Chefideologe Wang Hining, der Pekinger Parteichef Cai Qi, der Parteichef von Guangdong Li Xi sowie der Stabschef Ding Xuexiang. Dies ermöglicht es Xi, Entscheidungen schneller umzusetzen, erhöht aber gleichzeitig die Fehleranfälligkeit: Notwendige Kritik dürfte nun noch schwerer zu Xi durchdringen.

Informationen über die Zustände im Land dringen zu Xi nicht mehr durch

Deutlich zeigt sich dies bei der Zero-Covid-Politik Chinas. Die rigorosen Maßnahmen, bei der immer wieder Teile von Millionenstädten lahmgelegt werden und Hunderttausende in Quarantäne-Lagern gefangen gehalten werden, lassen sich rational kaum begründen. Eine Erklärung aber könnte sein, dass Informationen über die tatsächlichen Zustände im Land zu Xi schlicht nicht mehr durchdringen. Viele Beobachter hofften auf eine Abkehr der Zero-Covid-Politik nach dem Parteitag. Dafür gibt es keine Anzeichen. Im Gegenteil: Li Qiang, Parteichef von Shanghai, war für den strikten Lockdown der Stadt zwischen März und Juni verantwortlich. Der 63-Jährige wurde für seine Loyalität belohnt und dürfte wohl die neue „Nummer 2“ der Volksrepublik werden und Premier Li Keqiang ersetzen.  
 
Für Spekulationen sorgten Bilder, die zeigen, wie Xis Vorgänger, Hu Jintao, vor laufender Kamera abgeführt wird. Die staatliche Presse erklärte dies mit dem schlechten Gesundheitsstatus Hus. Allerdings passt dies ins Schema: Hu Jintao stand für eine andere Fraktion und Linie innerhalb der kommunistischen Partei Chinas.  

 

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In Xis Reden fiel auffallend oft das Wort „An Quan“, „Sicherheit“, während bei den Parteitagen zuvor öfter von „Reformen“ und „wirtschaftlicher Öffnung“ die Rede war. Dies deutet stark darauf hin, dass Xi in den kommenden Jahren seinen außenpolitisch aggressiveren Kurs beibehalten wird. Er betonte zudem, dass in der Taiwan-Frage militärische Optionen nicht vom Tisch seien.  

Nationalismus und Führerkult ersetzen Wohlstand

Stattdessen strebt China in den kommenden fünf Jahren wohl mehr technologische Unabhängigkeit und Teil-Autarkie an. Schon länger ist der Begriff „Zwei Kreisläufe“ ein Parteislogan: Während China weiter Rohstoffe wie Öl und Gas importiert und Waren exportiert, soll die Binnenwirtschaft weitgehend ohne äußere Einflüsse funktionieren können. Ob das gelingen kann, ist fraglich. Gerade erst hat Washington ein folgenschweres Chip-Embargo gegen die Volksrepublik verhängt, durch das China weitgehend von modernster Halbleiter-Technologie abgeschnitten werden soll.  
 
Auch dürfte dies nicht Xis letzte Amtsperiode gewesen sein. Beobachter gehen davon aus, dass Xi mindestens noch zweimal fünf Jahre im Amt bleiben wird. All dies deutet darauf hin, dass das ohnehin angespannte Verhältnis Chinas zu den USA und zum Westen nicht besser werden wird. Die Volksrepublik hat sich seit dem Amtsantritt Xi Jinpings 2013 stark verändert. War China damals noch vor allem daran interessiert, sich stärker mit der Weltgemeinschaft und der globalen Wirtschaft zu vernetzen, wurde mit Xi ein neuer Nationalismus dominant. China tritt seitdem nach außen aggressiver auf, während im Inneren Personenkult, Zensur und Unterdrückung zugenommen haben. Der 20. Parteitag hat diesen Kurs nochmals unterstrichen.
 
Auch die Wachstumszahlen verheißen nichts Gutes: Um 3,9 Prozent wuchs die chinesische Wirtschaft im dritten Quartal. Klingt viel, ist aber wenig für ein Land, dessen Führung ihre Legitimität zumindest bisher aus dem Wirtschaftswachstum ableitete. Noch immer schwelt die Immobilienkrise vor sich hin. Mehr Geld in Form von billigen Krediten kann das Problem nicht mehr lösen. Denn auch China leidet unter Preissteigerungen.  
 
Auch das deutet auf zunehmende Spannungen mit den USA hin. Derzeit sieht es danach aus, als würde die Partei unter Xi materiellen Wohlstand, der bisher die meisten Chinesen zufrieden stimmte, mit Nationalismus und Führerkult ersetzen. 

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