Cicero-Serie: Das Weltklima - China: Der Westen soll das Problem verursacht haben

In der Bundesrepublik steht Klimapolitik ganz oben auf der Agenda – ein Thema mit erheblicher gesellschaftlicher Sprengkraft. Aber wie sieht es eigentlich in anderen Ländern aus? Was tut man dort, um das Klima zu schützen? In einer neunteiligen Serie blicken wir von heute an jeden Tag über den deutschen Tellerrand hinaus: nach Großbritannien, Frankreich, auf die USA und sechs weitere Staaten. Heute geht es los mit China.

China ist der größte CO2-Emittent der Welt / dpa, Montage: Dominik Herrmann
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Felix Lill ist als Journalist und Autor spezialisiert auf Ostasien.

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Als Mitte November vergangenen Jahres die Weltklimakonferenz in Ägypten endete, holte sich die staatlich kontrollierte Zeitung Global Times ein Lob ab: China spiele eine „entscheidende Rolle im Kampf gegen den Klimawandel“, habe der ägyptische Botschafter zu Peking betont. Immerhin habe China „mehrere Projekte“ in dieser Sache unterstützt. So sah die Global Times das Land mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern als wichtige Kraft bei den Bemühungen, weltweit „Kooperation in Politik, Innovation und Technologie“ voranzutreiben.

Inwieweit die chinesische Bevölkerung diese offizielle Einschätzung teilt, lässt sich kaum ermitteln. Andere politische Kräfte als die regierende Kommunistische Partei stellen sich in China nicht zur Wahl. Wer sich im Internet oder anderen öffentlichen Räumen regierungskritisch äußert, kriegt schnell Probleme. So gibt es kaum eine lebhafte und vielseitige Debatte darüber, was das Land nun braucht oder nicht. Entsprechend sind auch Umfragen, die ein Stimmungsbild zeichnen sollen, mit Vorsicht zu genießen.

Die chinesische Regierung gibt sich als Retter in der Not

Allerdings hat die amerikanische Harvard University zwischen 2003 und 2016 eine repräsentative Langzeitstudie durchgeführt, in der über acht Zeitpunkte 31.000 Personen im Land interviewt wurden und die seither als umfassendste Meinungsforschung zu China gilt. Generell zeigt sich darin, dass über die Jahre vor der Pandemie die Zufriedenheit mit der Arbeit der Regierung zunahm – mehr oder weniger im Gleichschritt mit Wohlstandszuwächsen im Land. Dabei betonen die Autoren, dass die zunehmende Umweltbelastung, die das Wachstum erfordert, immer mehr zum Problem werde.

 

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So schreibt John Chung-en Liu, Soziologieprofessor an der National Taiwan University in Taipeh, in einem im Februar veröffentlichten Forschungspapier hierzu: „Die Menschen in China haben ein ziemlich starkes Bewusstsein für die anthropogenen Gründe hinter dem Klimawandel.“ Dabei interessierten sie sich laut den unabhängigen Umfragedaten eher für konkrete Umweltprobleme wie schlechte Luftqualität oder die fragliche Sicherheit von Lebensmitteln als für den Klimawandel generell.

In der Verantwortung, die Probleme des Klimawandels zu lösen, sehen demnach mehr als zwei Drittel der Chinesen ihre Regierung. Diese wiederum gibt sich als Retter in der Not. In Regierungserklärungen und Artikeln der Staatspresse wird der Klimawandel nicht unbedingt kleingeredet – eher wird er für die eigene Agenda genutzt: als ein Phänomen, das vor allem der Westen verursacht hat, an dessen Bewältigung sich China aber vorbildlich beteilige. Wobei weniger Erwähnung findet, dass China seit rund eineinhalb Jahrzehnten der größte CO2-Emittent der Welt ist.

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