Ukrainischer Soldat an der Front / picture alliance

Über den Ukraine-Krieg - Ein unbedingter Kampf des Guten gegen das Böse? (Teil 1)

Selbst wenn man Putin oder Russland als das schlechthin Böse definiert, sollte man in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg auch über die Konsequenzen der eigenen Politik nachdenken. Dies gilt auch für den möglichen Fall, dass die Ukraine am Ende verliert.

Autoreninfo

Botschafter a.D. Rüdiger Lüdeking war während seiner Zeit im Auswärtigen Dienst (1980-2018) in verschiedenen Verwendungen, u.a. als stv. Beauftragter der Bundesregierung für Abrüstung und Rüstungskontrolle und Botschafter bei der OSZE, mit Fragen der Sicherheits- und Rüstungskontrollpolitik intensiv befasst.

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In der Debatte zum Ukraine-Krieg setzen die sich im Besitz der herrschenden Meinung wähnenden Politiker und Publizisten auf einen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld, die letztliche Rückeroberung aller von Russland besetzten ukrainischen Territorien und den schnellstmöglichen Beitritt der Ukraine sowohl zur Nato wie zur EU. Sie sehen offenbar in dem Krieg den klassischen Fall eines Kampfes des Guten gegen das Böse.

Dies mag man nach dem den friedlichen internationalen Beziehungen Hohn sprechenden Bruch des allgemeinen Gewaltverbots durch den russischen Angriffskrieg verstehen. Der Eindruck des Kampfes gegen das Böse schlechthin wird darüber hinaus durch die eklatanten russischen Kriegsverbrechen, wie Greueltaten gegen die ukrainische Bevölkerung, die mutwillige Zerstörung zentraler Elemente der ukrainischen Infrastruktur wie auch schon Putins Lügen, mit denen er noch kurz vor dem Krieg westliche Gesprächspartner über die russischen Absichten täuschte, verstärkt.

Demgegenüber werden diejenigen, die realpolitische Erwägungen und mögliche Eskalationsrisiken zu Bedenken geben und die schnellstmögliche Aufnahme von Verhandlungen zu einem Waffenstillstand oder einem Kriegsende fordern, vielfach als „Putin-Trolle“ oder „Kreml-Propagandisten“ diffamiert und in der unappetitlichen linken oder rechten politischen Ecke verortet. Die damit gegebene Polarisierung hat von Beginn an die Debatte besonders in Deutschland charakterisiert. Versuche, die Debatte zu versachlichen, haben kaum gefruchtet.

Völkerrechtsbruch darf nicht Schule machen

Lässt sich der Krieg also auf einen Kampf des Guten gegen das Böse reduzieren und eine entschieden-kompromisslose westliche Haltung damit begründen? Man muss zur Beantwortung dieser Frage nicht den philosophischen Relativismus von Friedrich Nietzsche bemühen, der die Auffassung vertrat, dass das Urteil, ob etwas gut oder böse sei, von demjenigen abhänge, der es fälle. Hier haben wir den Fall, dass Russland durch seinen Angriffskrieg eine zentrale Norm des Völkerrechts gebrochen und sich damit klar ins Unrecht gesetzt hat.

Dieser Völkerrechtsbruch darf nicht Schule machen und einen Präzedenzfall schaffen, der verheerende Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen hätte. Die Ausübung von Gewalt und die Verletzung der territorialen Integrität von Staaten darf sich nicht auszahlen. Dies sollte gerade auch den Mittelmächten und den kleineren Staaten des globalen Südens vermittelbar sein. Die Unterstützung der angegriffenen Ukraine ist deshalb nur folgerichtig.

Es ist nicht überraschend, dass sich viele Politiker und Experten auf die Seite des Völkerrechts schlagen und einen vollständigen Sieg der Ukraine auf dem Schlachtfeld fordern – es ist ein gutes Gefühl, rechtschaffen auf der Seite des Guten und gegen das Böse zu sein. Aber ist eine solche Haltung auch verantwortungsethisch vertretbar? Diese Frage könnte positiv beantwortet werden, gäbe es nicht Dilemmata und vielschichtige realpolitische Erwägungen, die es zu berücksichtigen gilt. Hierzu werden im folgenden drei Problemkomplexe beleuchtet, die von vielen „wertegeleiteten“ Außen- und Sicherheitspolitikern nur wenig Beachtung erfahren oder schlicht abgetan werden.

Die politische Mitverantwortung des Westens

(1) Zunächst mag Russland unzweideutig die Schuld für den Angriffskrieg im Sinne der Ursache bzw. der Vorwerfbarkeit des Bruchs zentraler Normen des Völkerrechts angelastet werden. Aber vor allem die Nato kann sich von einer Mitverantwortung nicht freisprechen. Zwar hat sie sich nicht eines Verstoßes gegen eine zentrale völkerrechtliche Norm schuldig gemacht. Aber sie muss für ihr Tun bzw. Unterlassen gegenüber Russland und die Folgen des eigenen politischen Handelns einstehen.

Der deutsche Philosoph Hans Jonas, der auch von Hans-Dietrich Genscher vielfach zitiert wurde, kommt in seinem zentralen Werk zum Prinzip Verantwortung zu dem Schluss, dass heute im technologischen Zeitalter auch die Folgen kollektiven Handelns, die erst in ferner Zukunft spürbar werden, bedacht werden müssen. Damit kommt die heute vielfach ignorierte oder bewusst in ihrer Bedeutung heruntergespielte Vorgeschichte des Kriegs und vor allem die Nato-Erweiterung in den Blick.

Letztere war nicht zwangsläufig, sondern wurde nicht nur von den Staaten Mittelosteuropas gewollt sondern auch von den USA und der Nato zugelassen bzw. bewusst vorangetrieben. Für die daraus erwachsenden Folgen, zu denen letztlich auch die stark zunehmende Konfrontation mit Russland und der Ukraine-Krieg zählen, ist zunächst unerheblich, ob diese naiv-fahrlässig oder gar vorsätzlich in Kauf genommen wurden. Klar ist allerdings, dass die Nato-Erweiterung unter dem seit 2001 regierenden US-Präsidenten George W. Bush durchaus auch mit dem Ziel der Erweiterung der westlichen, vor allem amerikanischen Einflusszone verfolgt wurde – eine Zielsetzung, die jetzt mit anderen Vorzeichen auch Russland zugeschrieben wird.

Versuch der „Abfederung“

Schon 1997 bezeichnete der amerikanische Diplomat und Historiker George F. Kennan – als Urheber der Eindämmungspolitik gegenüber der Sowjetunion ist er über jeden Verdacht einer Beschwichtigung gegenüber Russland erhaben – die Nato-Erweiterung als „verhängnisvollsten Fehler der amerikanischen Politik in der Ära nach dem Kalten Krieg“. Er führte hierzu begründend aus, dass „diese Entscheidung erwarten lasse, dass die nationalistischen, antiwestlichen und militaristischen Tendenzen in der Meinung Russlands entzündet werden; dass sie einen schädlichen Einfluss auf die Entwicklung der Demokratie in Russland haben, dass sie die Atmosphäre des Kalten Krieges in den Beziehungen zwischen Osten und Westen wiederherstellen und die russische Außenpolitik in Richtungen zwingen, die uns entschieden missfallen werden“.  

Dabei hat es damals noch den Versuch der „Abfederung“ der ersten Erweiterungsrunde durch die Nato-Russland-Grundakte aus dem Jahre 1997 gegeben, mit der die Nato sich auf die Nichtstationierung von Nuklearwaffen und „substantiellen Kampftruppen“ in den Beitrittsstaaten verpflichtete. Die weiteren Nato-Erweiterungsrunden wie auch die 2008 zunächst von Frankreich und Deutschland abgeblockten US-Forderungen nach einer raschen Nato-Mitgliedschaft der Ukraine und Georgiens erfolgten ohne Rücksichtnahme auf von Russland reklamierte Interessen (ob diese nun originäre Sicherheits- oder bloße Großmachtinteressen sind, spielt zunächst keine Rolle). In jedem Fall ist es nicht gelungen – dies ist das zentrales Versäumnis –, Russland in die sich nach dem Ende des Kalten Kriegs entwickelnde europäisch-atlantische Sicherheitsarchitektur einzubinden.

 

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Aber auch an kleineren Dingen lässt sich ableiten, dass die forcierte Nato-Erweiterung Russland provoziert hat und die jetzt eingetretenen Folgen nicht zwangsläufig waren bzw. westlicherseits nicht bedacht wurden. Heute sucht Putin unter Bezug auf eine abstruse Geschichtsklitterung der Ukraine die Existenz als selbständiger Staat abzusprechen. Interessant ist, dass das offenbar nicht immer so war. Nicht nur hat Russland 1990 und 1997 Freundschaftsverträge mit der Ukraine abgeschlossen und 1994 im Budapester Memorandum die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine anerkannt. Noch 2003 hat Putin mit seinem ukrainischen Amtskollegen Kutschma den russisch-ukrainischen Grenzvertrag abgeschlossen, der den Verlauf der Grenze mit Russland im Osten der Ukraine festlegte.

Das russisch-ukrainische Verhältnis änderte sich erst Ende 2004 mit der Wahl des prowestlichen Kandidaten Juschtschenko zum Präsidenten der Ukraine. Ab dem Zeitpunkt befürchtete Putin offenbar, dass sich die Ukraine aus dem russischen Einflussbereich lösen und sich dem Westen zuwenden könnte. Putins beredte Klage bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2007, dass der Westen die russischen Interessen missachte, blieb ebenso unbeantwortet wie der russische Versuch, 2008 durch den Vorschlag zu einem Vertrag über europäische Sicherheit den Fokus wieder stärker auf eine kollektive Sicherheitsordnung zu lenken. Dies hat Putin, der sich 2001 u.a. bei seiner Rede im Bundestag als Partner angeboten hat, weiter provoziert. Mit den militärischen Interventionen 2008 in Georgien und 2014 in der Ukraine dürfte er seine „roten Linien“ für die Nato-Erweiterung letztlich markiert haben.  

Überzogene bzw. falsche Werteorientierung

(2) Zweifellos muss die Politik eines freiheitlich-demokratischen Gemeinwesens entsprechend eigenem Selbstverständnis werteorientiert sein. Dabei geht es zunächst um die eigene Sicherheit und Selbstbehauptung als freiheitlich-demokratischer Staat. Hierzu ist die Wahrung für die Beziehungen zwischen Staaten zentraler Prinzipien, wie sie auch in der UN-Charta verankert sind, von überragender Bedeutung: allgemeines Gewaltverbot, staatliche Souveränität, territoriale Integrität.

Die teilweise anzutreffende Auffassung, dass es im Ukraine-Krieg um einen Fall des globalen Kampfs von Demokratien gegen Autokratien handelt, geht fehl: Weder enthält die UN-Charta Bestimmungen zur Verfasstheit von Staaten, noch haben die Demokratien die Macht, die freiheitliche Demokratie weltweit durchzusetzen. Dies mag man auch unter dem Gesichtspunkt bedauern, dass damit einem großen Teil der Menschheit wichtige Menschen- und Bürgerrechte vorenthalten bleiben. Aber real daran ändern lässt sich nichts.

Letzteres entkräftet auch das Argument, dass es eine Unvereinbarkeit von Werten und Interessen gebe. Werte lassen sich eben gerade nicht „mit der Brechstange“ durchsetzen. Dies war während des Kalten Kriegs eine akzeptierte Einsicht, weshalb beispielsweise Menschenrechtsverletzungen nicht einfach öffentlich angeprangert wurden, sondern diplomatische Wege zur Ansprache von Einzelfällen und zur Beseitigung von Missständen genutzt wurden. Darüber hinaus hat man auf die Attraktivität der demokratisch-freiheitlich verfassten Gesellschaften und entsprechend auf Veränderungen in autoritären Staaten in größeren zeitlichen Zusammenhängen gesetzt.

Und in der Wahrung der Attraktivität des westlichen Modells freiheitlicher Demokratie liegt aktuell angesichts rechtsgerichteter populistischer Herausforderungen in vielen westlichen Ländern ein besonderes Problem. Es gilt also zunächst „vor der eigenen Tür zu kehren“. Für Deutschland bedeutet das vor allem, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu wahren, die AfD, die über wenig Lösungskompetenz verfügt, inhaltlich zu stellen, mit nicht-elitärer Attitüde die Sorgen vieler Bürger (auch um die Wahrung des Friedens) zu adressieren und mit ruhiger, entschieden-konsequenter Führungskraft die Herausforderungen wie Klimawandel, Migration und Gestaltung einer neuen europäischen Sicherheitsordnung anzugehen.

Ideologische Vorbehalte und Einseitigkeiten

Dabei muss sich die Bundesregierung für Diskussionen offen zeigen und diese nicht aufgrund ideologischer Vorbehalte und Einseitigkeiten von vornherein zu verhindern trachten. Es darf nicht der Eindruck entstehen, als verlören die Parteien den Blick für die Realitäten und ließen sich vielmehr von markigen Sprüchen und Forderungen anderer Staaten (gerade auch in der Ukrainefrage) vor sich hertreiben. Einer ehrlichen Kommunikation der Ziele und Interessen unter Darstellung des Selbstverständnisses als wehrhafte, dem Wohl der einzelnen Bürger und des Gemeinwesens sowie einem solidarischen Miteinander verpflichtete Demokratie kommt dabei eine zentrale  Bedeutung zu. Es geht doch letztlich auch darum, die Bürger für bevorstehende „ungemütlichere Zeiten“ zu wappnen und auch eine Akzeptanz für Einschnitte bei liebgewonnenen Lebensweisen zu erzeugen.   

Vor der Türe kehren heißt natürlich auch, den freiheitlich-demokratischen Werten in anderen benachbarten oder verbündeten Ländern so weit wie möglich Geltung zu verschaffen. Daher können besorgniserregende autokratische und autokratisch-populistische Tendenzen in einigen Staaten der EU wie Polen nicht einfach übergangen werden. Hier hat Deutschland Einfluss und sollte nicht einer falschen Rücksichtnahme verfallen. Auch – dies ist für die Entwicklung der internationalen Beziehungen besonders relevant – zählen die USA mit der möglichen Perspektive einer erneuten Wahl eines republikanischen Präsidenten 2024 ebenfalls zu den Staaten, auf die sich besondere Sorgen richten.

Gleichzeitig gilt es natürlich auch, die eigenen Möglichkeiten im Blick zu halten. Die jüngsten Putsche in Niger und anderen Staaten des nördlichen Afrikas sollten das Bewusstsein dafür, dass westliche Vorstellungen nicht quasi automatisch auf breite Zustimmung stoßen, geschärft haben. Es gibt keinen Anlass für Überheblichkeit. Dort, wo unsere Werte nicht durchsetzbar sind, muss eine interessengeleitete, an den Realitäten orientierte Außenpolitik verfolgt werden. Dies bedeutet keine Unvereinbarkeit mit einer wertegeleiteten Politik. Heute, da die Demokratien westlicher Prägung stark unter Druck stehen, gilt besonders, „vor der eigenen Tür zu kehren“, um beste Voraussetzungen zur Bewahrung der eigenen Werte zu schaffen und die Selbstbehauptung auf globaler Ebene unter den Voraussetzungen einer Großmächtekonkurrenz zu schaffen. Gerade deshalb kommt der Stärkung der EU eine so große Bedeutung zu.

Fortsetzung eines Abnutzungskrieges

Aber unabhängig davon: Unter dem Gesichtspunkt strikter Werteorientierung stellt sich auch die Frage, ob die Fortsetzung des aktuellen Abnutzungskriegs in der Ukraine einfach hingenommen werden kann. Die ukrainische Gegenoffensive hat bisher noch nicht die erhofften Wirkungen gezeitigt. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass selbst geringfügige Geländegewinne mit sehr hohen Opferzahlen erkauft werden.

Dies bedeutet, dass sich die Frage einer nüchternen Kosten-Nutzen-Analyse stellt und projektiert werden müsste, wie lange der Verteidigungs- bzw. Rückeroberungskampf mit den vorhandenen Mitteln und unter Hinnahme der zu erbringenden Opfer und massiven Zerstörungen noch fortgeführt werden kann. Vor allem: Ist die Hinnahme der hohen Opferzahlen unter Zugrundelegung eines strikten Wertegesichtspunkts zu rechtfertigen? Immerhin geht es um das Recht auf Leben bzw. präziser das Recht darauf, nicht getötet zu werden, das im Grunde den Menschenrechten vorausgeht. Dies ist eine Frage, die selbst von den Hohepriestern einer wertegeleiteten Außenpolitik tunlichst erst gar nicht gestellt wird.

Damit kein falscher Eindruck entsteht: Eine Demokratie muss wehrhaft sein, was auch die Notwendigkeit einschließt, sich mit dem Leben für ihren Bestand einzusetzen. Die Fortsetzung eines opferreichen Kampfes muss jedoch vor dem Hintergrund der Erfolgsaussichten und den mit ihm zu erreichenden sinnvollen Vorteilen bzw. Ergebnissen bewertet werden. Leider kommt man bei Untersuchung dieser Frage bei Zugrundelegung der aktuellen Lage nicht zu günstigen Schlussfolgerungen. Vielmehr sind Hass und Bitterkeit zunehmend ein Hindernis für Verhandlungen über eine Beendigung der Kampfhandlungen. Was also schützt vor einem sinnlosen „Abschlachten“ wie wir es im Ersten Weltkrieg gesehen haben?

Fehlende Folgenabschätzung

(3) In Deutschland setzen wichtige Politiker und Publizisten sowohl der Regierungskoalition als auch der CDU auf einen militärischen Sieg der Ukraine und die Rückgewinnung aller von Russland besetzten ukrainischen Territorien; sie erklären, dass Russland zu Friedensverhandlungen nicht bereit und deshalb eine deutliche Verstärkung der militärischen Unterstützung der Ukraine unerlässlich sei. Russland müsse militärisch „zu verlieren lernen“. Die Frage ist, ob eine derartiger Ansatz, der mit großer Vehemenz gefordert wird, klug und realistisch ist.

Die westlichen Staaten haben viel an militärischer Unterstützung geleistet und teilweise ihre eigenen Bestände an Waffen und Munition dadurch nicht unerheblich reduziert, ohne bisher dafür notwendigen Ersatz zu schaffen. Selbst den USA sind inzwischen die Grenzen der Leistungsfähigkeit der eigenen Rüstungsindustrie deutlich geworden. Beispielsweise gibt es Berechnungen, dass die US-Rüstungsindustrie mehr als fünfeinhalb Jahre benötigen wird, um die sehr erfolgreichen, an die Ukraine gelieferten Panzerabwehrraketen vom Typ Javelin zu ersetzen. Und für die Wiederbeschaffung der gelieferten Stinger-Luftabwehrraketen werden gar zehn Jahre veranschlagt. Um weitere Lieferungen an die Ukraine aufrechterhalten zu können und dabei nicht Einschnitte bei der eigenen Verteidigungsfähigkeit akzeptieren zu müssen, müsste deshalb rasch eine Umstellung auf eine Art „Kriegswirtschaft“ erfolgen, was aber bis jetzt unterblieben ist.

Vorbehaltlose und rasche militärische Unterstützung

Eine Reihe von deutschen Politikern und Kommentatoren sucht mit Verweis darauf, dass Russland auf Dominanz über Europa abziele oder auf Wiederherstellung der ehemaligen Sowjetunion aus sei (und entsprechend die baltischen Staaten als nächste angegriffen würden), Forderungen nach vorbehaltloser und rascher militärischer Unterstützung der Ukraine Nachdruck zu verleihen. Diese Argumentation ist leider – dies zeigt schon die Vorgeschichte des Ukraine-Kriegs – aus der Luft gegriffen. Anders als in den Fällen Ukraine und Georgien gibt es hierfür keine belastbaren Hinweise. Zudem sind die russischen Streitkräfte durch den Verlauf des Kriegs entzaubert und Russland klar militärische Grenzen aufgezeigt worden. Bei weiterhin funktionierender Abschreckung des westlichen Bündnisses wird Putin zunächst weder versucht noch in der Lage sein, weitere militärische Abenteuer einzugehen.

Allerdings ist andererseits nicht zu verkennen, dass viele deutsche und westliche Politiker letztlich auf eine Fortsetzung des Status quo aus sind und ihrer Wählerschaft klare Konsequenzen aus der Zeitenwende ersparen wollen. Die aktuelle deutsche Diskussion um die Erfüllung des Anteils von 2% des Verteidigungshaushalts am BIP zeigt dies sehr deutlich. Die Bundesregierung scheut hier klare Festlegungen, wobei die Vorbereitungen auf den ins Haus stehenden neuen Kalten Krieg eine schnellstmögliche Beseitigung der Ausrüstungs- und Fähigkeitsdefizite der Bundeswehr erfordert, wofür selbst eine Erfüllung der 2%-Verpflichtung nicht ausreichen würde. Von einer Wiedereinführung einer Wehr- oder Dienstpflicht ist ohnehin schon gar nicht die Rede; dabei bleibt das für 2031 ausgegebene Ziel des Aufwuchses der Bundeswehr von heute 183.000 auf dann 203.000 Soldaten aufgrund sinkender Bewerberzahlen eine Chimäre. Und jetzt diskutierte Maßnahmen wie die Flexibilisierung von Einstellungsdaten werden an der Sachlage nichts Grundlegendes ändern.

Unverzichtbar für die ukrainische Frühjahrsoffensive

Die gegenwärtige Diskussion zum Ukraine-Krieg wird in Deutschland von der Frage der Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern beherrscht. Sie erinnert sehr an die Debatte vom Jahresbeginn zur Lieferung von Kampfpanzern, die als unverzichtbar für die ukrainische Frühjahrsoffensive angesehen wurden. Inzwischen haben sich diese Lieferungen nicht als der „Game Changer“ erwiesen, als der sie von den Befürwortern immer angepriesen wurden.

Die Niederlande und Dänemark haben jetzt die Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine angekündigt. Dies ist von Präsident Selenskyj bei seinem Besuch in Kopenhagen als Durchbruch begrüßt worden; dieser mache die Ukraine „unbesiegbar“. Ob diese Lieferung tatsächlich der erhoffte „Game Changer“ ist, daran mag man Zweifel haben. Für die aktuelle Gegenoffensive der Ukraine wird sie in jedem Fall zu spät kommen, sollen die Kampfflugzeuge doch erst ab Beginn nächsten Jahres ausgeliefert werden.

Die F-16-Ankündigung ist von einigen deutschen Politikern – allen voran der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestags, Frau Strack-Zimmermann – genutzt worden, um den Bundeskanzler zu einer Entscheidung zur Lieferung der Taurus zu drängen. Hierzu hat sich Bundeskanzler Scholz jedoch noch nicht festgelegt; er hat vielmehr erklärt, dass sich die Bundesregierung derartige Entscheidungen „schwer machen“ werde.

Erneut steht Scholz unter Rechtfertigungsdruck und findet sich in der Rolle des „Getriebenen“ wieder. Dabei muss man sich nicht von Äußerungen des russischen Außenministers beeindrucken lassen, der westliche Waffenlieferungen als inakzeptables Spiel mit dem Feuer brandmarkt. Es ist schon so, dass die Lieferungen ein Eskalationspotential haben. Zwar wird regelmäßig kolportiert, dass die Nato-Staaten erst durch das Eingreifen mit eigenen Truppen zur Kriegspartei würden. Aber sehen Putin und seine Getreuen das genauso? Ist deshalb hier nicht besondere Umsicht statt eines blinden „Hau drauf“ gefragt?

Überzogene deutsche Atomangst?

Die Gefahr eines Nuklearkriegs wird teilweise mit dem lächerlichen Argument kleingeredet, dass Putin keine Nuklearwaffen einsetzen werde, da er seine wiederholten Atomdrohungen bisher nicht wahr gemacht habe. Auch ist allenthalben von einer überzogenen deutschen Atomangst die Rede. Selbst wenn man unterstellt, dass Putin kein Interesse an einem Einsatz von Nuklearwaffen haben und dieser deshalb aktuell unwahrscheinlich sein dürfte, ausschließen lässt er sich gerade für den Fall nicht, dass Russland erhebliche militärische Rückschläge hinnehmen müsste oder gar eine Niederlage zu gewärtigen hätte. Und dieses Risiko angesichts der möglichen apokalyptischen Folgen zu verniedlichen oder gar einen Einsatz derartiger Waffen „einzupreisen“ ist in höchstem Maße unverantwortlich.

Und schließlich darf auch der Fall einer möglichen ukrainischen Niederlage nicht aus den Überlegungen zu den Folgerungen der eingeschlagenen Politik ausgeschlossen werden. Absehbar dürfte die aktuelle ukrainische Gegenoffensive nicht den gewünschten Erfolg der Befreiung aller russisch besetzten Gebiete haben. Äußerst empfindlich hat bezeichnenderweise die ukrainische Regierung auf einen kürzlichen sich auf Geheimdienstquellen berufenden Bericht der Washington Post reagiert, der das herausstellt.

In der Tat wäre der Fall, dass die Ukraine die Rückeroberung der russische besetzten Gebiete nicht gelingen sollte und damit ihre kategorischen Kriegsziele nicht erreicht, auch für die Nato, die sich die ukrainischen Ziele zu eigen gemacht hat, ein ihren Nimbus nachhaltig beeinträchtigender Schlag. Oder würden dann die Nato oder zumindest einige ihrer Mitglieder selbst in den Krieg eingreifen, um dies und eine ukrainische Niederlage zu verhindern? Und wäre dann nicht in der Konsequenz ein großer Krieg und der Einsatz von Nuklearwaffen unvermeidbar?

Den zweiten Teil dieses Beitrags lesen Sie hier
 

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Christoph Kuhlmann | Sa., 9. September 2023 - 19:28

Es war die Schwäche eines zerstrittenen demilitarisierten Westens, der Putin dazu verleitete, die Ukraine anzugreifen. Genau dieser Schwäche redet der Autor das Wort. Wenn dieses Land eine Verantwortung aus dem 2. WK hat, dann gegenüber Israel und Osteuropa. Osteuropa musste Jahrzehnte unter der russischen Besatzung leiden und wurde in seiner Entwicklung stark gehemmt. Es hat die verdammte Pflicht, gewaltsame Verschiebung der Grenzen in Europa hart zu sanktionieren und rückgängig zu machen. Viele Osteuropäer sind froh über den Schutz der USA, gegenüber der menschenverachtenden Diktatur. Diese Länder haben die gleichen Rechte auf Sicherheit und Freiheit, wie Westdeutschland im kalten Krieg. Putin hat sich selbst gerichtet, als er Russland Schritt für Schritt in eine Diktatur verwandelte. 2014 und 2022 haben es unmöglich gemacht, mit Putin zu verhandeln. Die einzigen, die über Krieg und Frieden entscheiden, werden Ukrainer, Russen und die USA sein. Europa kann Russland nicht vernichten.

Christa Wallau | So., 10. September 2023 - 11:25

Antwort auf von Christoph Kuhlmann

"Europa kann Rußland nicht vernichten."

Ist das Wort "vernichten" hier überhaupt angebracht?
Sollen denn die Ukraine und die USA gemeinsam etwa Rußland
"vernichten" ???
Kann das Ihrer Meinung nach ein realistisches Kriegsziel sein???

Meines Erachtens war es auch nicht die Schwäche des Westens, die Putin dazu veranlaßte, die Ukraine anzugreifen, sondern - im Gegenteil - das Vordringen der NATO nach Osten, welches er als reale Bedrohung ansah - ob man das nun
für realistisch hält oder nicht.
Putin hat allerdings bei seinem Einmarsch in die Ukraine die Stärke seiner Streitkräfte völlig überschätzt und die gleichzeitig heimlich erfolgte Aufrüstung
der Ukraine durch die USA unterschätzt.

Im übrigen halte ich die Ausführungen von Herrn Lüdeking (Teil I und II) für
sehr vernünftig.
Jeden Tag hoffe ich auf die Nachricht, daß ein Waffenstillstand vereinbart wurde, damit das Abschlachten von Menschen ein Ende findet.

Gerhard Hellriegel | Sa., 9. September 2023 - 19:35

Kann schon sein, dass der Westen, auch die Ukraine Fehler gemacht haben. Natürlich hat nicht nur RU, auch der Westen Interessen bezüglich der Ukraine. Nach meiner Meinung kämpft hier auch nicht Gut gegen Böse. Aber der Westen hat sich an die Spielregeln gehalten, RU nicht. Und das ist der Unterschied. RU befindet sich nicht in der Rolle des Richters und Henkers anderer.
Im Atomwaffensperrvertrag haben sich die Atommächte verpflichtet, die Habenichtse nicht mit Atomwaffen zu bedrohen. Und?
Auskünfte zur gegenwärtigen und zukünftigen militärischen Lage habe ich jetzt zu Genüge gehört. Sie haben eine kurze Halbwertzeit.
Selbstkritik ist wichtig. Aber es wäre schön, wenn sie auch etwas ausgewogen wäre.

Henri Lassalle | Sa., 9. September 2023 - 19:58

Politik der Wirtschaftshegemonie (man sagt zuweilen von Deutschland bezüglich Europa dasselbe), d.h. Ziel war es, den Einfluss des Westens und der NATO so weit nach wie möglich nach Osten zu schieben. Aus Putins Sicht war nun der dringende Zeitpunkt gekommen, in die Ukraine einzufallen, um dem Einhalt zu gebieten. Der Krieg zieht sich hin, weil die Eroberung Kievs nicht gelang; das ist dem amateurhaften militärischem Vorgehen Putins zu verdanken. Allgemein würde ich sagen: "Gut" und "Böse" gibt es nicht, es kommt nur in Religionen und Ideologien vor. Auch Schuld gibt es da nicht, ich würde eher von Verantwortung sprechen. Jede Kriegspartei hat ihre Logik, da könnenTendenzen wie Selbstbehauptung, Überlebensinstinkt, Selbstwertgefühle, Ressentiments und vieles mehr eine Rolle spielen. Der Westen hat enorme Fehler in seinen Beziehungen zu Russland gemacht, er war naiv, realitätsscheu und fahrlässig.

Walter Bühler | Sa., 9. September 2023 - 20:00

... an der Spree beim HKW (nicht Heizkraftwerk, sondern Haus der Kulturen der Welt) erzählt, er hätte gehört, dass Frau Strack-Zimmermann und Herr Hofreiter eine Initiative unter den BT-Abgeordneten gegründet hätten mit dem Ziel, dass jeder Abgeordnete von seinen monatlichen Diäten 1000 Euro für die Ukraine spendieren solle.

Das wäre sensationell, wenn das wahr wäre: wenn Bundestagsabgeordnete ihre im Munde geführte Solidarität auch mit eigenem Geld und nicht nur mit dem Steuergeld der anderen praktizieren würden!

Der Mann auf der Bank fand das jedenfalls prima. Ich glaube aber, er hat einfach zu viel getrunken.

Solche schöne Geschichten kann ich erst glauben, wenn sie von seriösen Medien bestätigt werden. Bis dahin bleibt alles so wie es ist.

wenn diese Waffennarren und in meinen Augen Kriegstreiber auch an vorderster Front Seit an Seit mit den Ukrainern kämpfen würden. Es scheint aber, dass auch die Söhne und Töchter der ukrainischen Elite sich von der Front tunlichst fernhalten und derweil im Ausland "studieren". Ansonsten ist dem Beitrag von Herrn Lüdeking nichts hinzuzufügen.

Ernst-Günther Konrad | Sa., 9. September 2023 - 20:45

Niemand hier im Forum den ich gelesen habe, hat jemals diesen Einmarsch in die UA für richtig und gut befunden. Jeder Angriffskrieg ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit ohne Wenn und Aber. Dennoch gehört eben auch Herr Lüdeking und das haben Sie bereits in diesem 1. Teil ihres Artikels getan, chronologisch die historische Vorgeschichte dazu, Erklärung warum und wie es zu diesem Einmarsch kam. Das will man nicht hören und lesen, weil dann schnell klar wird, dass USA und NATO ein gerüttelt Maß an Vorleistungen erbracht haben zu diesem Krieg. Russland war bis 2014 absolut friedlich und bereit, vieles noch zu akzeptieren, was trotz vieler Versprechen und Verträgen, schleichend von der NATO/USA sukzessive gebrochen wurde. Und nun wundert man sich, dass Putin die Reißleine zieht? Natürlich hätte er niemals in die UA einmarschieren dürfen, nur hat er mehrmals deutlich die sog. rote Linie aufgezeigt und diese wurde 2014 mit der Ermordung von Russen in der Ostukraine überschritten.

Albert Schultheis | Sa., 9. September 2023 - 23:57

Dass Sie wenigstens den klugen George F. Kennan zu Wort kommen lassen - dafür muss man heutzutage schon Huldigungen aussprechen gegenüber Medien im Wildgewordenen Westen! Pflichtbewusst kommt die captatio benevolentiae, ohne die man Sie sofort in den Orkus jenseits der Brandmauer verklappt hätte: "den friedlichen internationalen Beziehungen Hohn sprechenden Bruch des allgemeinen Gewaltverbots durch den russischen Angriffskrieg". - Könnte man fragen, wo waren denn die "internationalen Beziehungen" friedlich? Bestimmt nicht im Irak/Syrien, aber ich wüsste eine Antwort: Zwischen Deutschland und Russland zB aufgrund der Achse Schröder-Putin. Das war ein Win-Win ohne Präzedenz - genau deshalb durfte sie nicht bestehen ... weil es dem bösen Nachbar nicht gefiel, den USA. Deshalb der Putsch in Kiew (remember: "Fuck the EU!" von der US-Hure Nuland - kleines Bonmot für unseren Blockwart im Forum). Nicht einmal innerhalb der Nato gings friedlich: siehe Angriff auf Nordstream! - Ein Bündnisfall!

"Deshalb der Putsch in Kiew (remember: "Fuck the EU!" von der US-Hure Nuland - kleines Bonmot für unseren Blockwart im Forum)."

Es gab keinen Putsch in Kiew!! Noch einmal explizit für Sie: Schauen Sie mal im Duden nach, was das Wort "Putsch" bedeutet? So schwer kann das doch nicht sein. Das war eine Revolution, Herr Schultheis!! Verstehen Sie? Revolution!!
Janukowitsch ist schlicht und einfach weggefegt worden, weil er seine eigenen Zusagen an seine Bevölkerung nicht eingehalten.
Können Sie nicht verstehen, dass die Ukrainer ganz einfach keine Lust mehr auf den Einfluss des korrupten putin'schen russischen Oligarchensystem hatten?

Es ist wirklich unglaublich, wie man den dümmlichsten Kreml-Lügen auf den Leim gehen kann.

Im Übrigen bin ich froh, dass es diese Achse Putin-Schröder nicht mehr gibt. Sie war keine Win-Win-Situation. Sie war schlicht und einfach nur fahrlässige Abhängigkeit von einem Despoten. Das braucht kein halbwegs vernünftiger Mensch!

Janukowitsch habe seine Versprechen nicht eingehalten, sagen Sie ...

Es gibt da noch einen, nämlich Selenskiy! Sein Versprechen, mit dem er gewählt wurde war: Er wolle mit Russland den Ausgleich suchen und die Korruption bekämpfen, beides ist ins Gegenteil verkehrt worden, wie die aktuelle Lage es zeigt!

Dümmliche Kremllügen ... die stehen den gleichartigen Lügen des Westens gegenüber!
ich empfehle ihnen die Lektüre von "Die Macht der Geographie", Tom Marshall. Vielleicht hilft Ihnen das ihren Blick zu weiten.

Albert Schultheis | So., 10. September 2023 - 00:27

Aus dem einfachen Grund, weil sie ihn nicht verlieren dürfen - wenn sie die Souveränität ihres Landes erhalten wollen, ohne US-Atomraketen direkt am Lattenzaun. Sollte die Ukraine tatsächlich durch "logistische Unterstützung" der Nato in die Lage kommen, die eine Niederlage der Russen implizieren könnte - was äußerst unwahrscheinlich ist - dann liegt für Putin immer noch die "nuclear option on the table" - wie die Amis gerne schwadronieren! Und zwar ohne dass die Nato einen ersten nuklearen Schritt Russlands gleichermaßen beantworten könnte - denn das bedeutete das nukleare Inferno. Aber das war bereits klar, bevor der erste russ. Panzer über die Grenze fuhr. Daran kann man erkennen, wie strunzdumm der Westen geo-strategisch spielte, indem Obama/Biden diesen Krieg provozierten und damit das größte Kriegsverbrechen seit Vietnam zu verantworten haben. Ansonsten gehen der Ukraine bald die jungen Männer aus - dann ist Schicht! Eine Generation ausgelöscht! RotGrüne Politiker sind Mörder!

"Aus dem einfachen Grund, weil sie ihn nicht verlieren dürfen".

Wen interessiert das, Herr Schultheis? Hitler hat das auch gedacht. Verloren hat er trotzdem.

"dann liegt für Putin immer noch die "nuclear option on the table" - wie die Amis gerne schwadronieren! Und zwar ohne dass die Nato einen ersten nuklearen Schritt Russlands gleichermaßen beantworten könnte"

Na und? Wenn Sie Herr Schultheis, Angst vor den Nuklear-Drohungen aus dem Kreml haben, ist das Ihr Problem. Ich habe keine Angst vor solchen (leeren) Drohungen. Liegt wahrscheinlich daran, dass ich mit der typisch deutschen Hasenfüßigkeit nichts anfangen kann.

Ich hoffe, dass die logistische Unterstützung der Ukraine solange und so umfangreich weitergeht, bis die russische Armee so substanziell demilitarisiert wird, dass ihr letztlich das Rückgrat gebrochen wird. Die Chancen stehen momentan gut, die Russen verlieren Material im Verhältnis von rund 1 : 3 zu ihren Ungunsten. Das entspricht auch der Lage auf dem Gefechtsfeld.

ich glaube ihre Kraft und Power und Ratschläge wären direkt an der Front gut aufgehoben. Als ausgleich könnten sie den oben abgebildeten Soldaten entlasten und heim zu seiner Familie lassen denn er sieht wahrhaft nicht glücklich aus und hätte eine lange Auszeit verdient.

Regine Tarrach | So., 10. September 2023 - 00:36

Das ist die beste und umfassendste Situationsanalyse zum Ukrainekrieg, die ich seit langem gelesen habe. Sie hebt sich wohltuend von den tendenziösen Kommentaren anderer Medien ab. Vielen Dank dafür!

Armin Latell | So., 10. September 2023 - 09:13

der verschiedene Facetten des Krieges beleuchtet. Allerdings frage ich mich, ob es Bedingung ist, im Cicero einen Artikel schreiben zu dürfen, der veröffentlichten Meinung huldigen zu müssen, die Polen oder Ungarn seien "autokratische" Systeme, die erst mal vor der "eigenen Haustüre" weg gekehrt werden müssten. Warum hat der Autor sich nicht getraut, das auch von Dummland und seiner Regierung zu behaupten? "die AfD, die über wenig Lösungskompetenz verfügt," hätte sich an diesem Krieg definitiv nicht beteiligt, nicht mit schweren Waffen und Milliarden Steuergeld unterstützt, hätte also die größte Lösungskompetenz eingebracht, möglicherweise hätte es diesen von den vsa provozierten und damit absehbaren Krieg nicht geben müssen. So zeigt sich die Ampel als der unbarmherzige fremdgesteuerte Vasall, deren hofreiters und strack zimmermänner*innen sogar als explizite Kriegstreiber. Wo ist da die "Lösungskompetenz"?

Jens Böhme | So., 10. September 2023 - 09:16

Mir fehlt in obigen Überlegungen die Appeasement-Politik Frankreichs und Großbritanniens am Vorabend des Zweiten Weltkriegs, das Nazideutschland gezwungen hatte, Krieg gegen alles zu führen, weil Schwächebekundungen dazu inspirierten. (Das ist ironisch gemeint.) - Die NATO ist ein offenes Verteidigungsbündnis. Niemand hat die Oststaaten genötigt, bei der NATO Mitgliedsanträge zu stellen. Das haben diese aus eigenem Antrieb aus den Erfahrungen mit Russland/Sowjetunion veranlasst. Wohin ein blockfreies Land an der Grenze Russland treibt, überlässt man es dem "Interesse" Russlands, sieht man an Georgien 2008 und seit 2014 in der Ukraine. Mittlerweile sind Schweden und Finnland neue NATO-Partner, weil die NATO diese gedrängt hat? Russland schläft nicht, seit es den Dschihadismus militärisch und politisch in Tschetschenien "befriedet" und eigene Stärke nach 1990/91 zurückgefunden hat. - Wir liefern Waffen an die Ukraine, also sind wir im Krieg! Russland hat noch Angst, dies zu sagen.

Urban Will | So., 10. September 2023 - 09:33

Artikel.
Gerade das Eingehen auf die Fehler des Westens im Vorfeld des Krieges hat man in dieser Deutlichkeit bisher kaum zu lesen bekommen. Der Fluch der Sitzkrieger und Übermoralisten ist dem Autor wohl gewiss.
Und endlich kam mal ein Satz zu Putins Rede vor dem BT 2001, sein Angebot der Zusammenarbeit (und als direkte Folge dann das Forcierte nach Osten Ausweiten der NATO, angetrieben durch George W, für mich der größte Verbrecher dieses Jahrhunderts bisher.)

Ich stimme voll und ganz zu, dass die Angstmache in Richtung: wen greift Putin nach dem Sieg über die Ukraine an, völliger Unsinn ist. Warum sollte er einen Krieg gg d NATO anfangen nach all dem, was d Ukrainekrieg gezeigt hat? Auch Putin ist kein Selbstmörder.
In Sachen A-Waffen ist das allerdings anders. Da gibt es taktische, die den Schaden begrenzen.
Was kommt, wenn Putin (was ich allerdings nicht glaube) konventionell unterliegt? Wenn seine Front zusammenbricht?
In der Tat, man sollte hier nicht spekulieren.

Aber warum sagen Sie "Was kommt ..., wenn Putin konventionell unterliegt? Wenn seine Front zusammenbricht?
In der Tat, man sollte hier nicht spekulieren." - Natürlich! Man muss gerade diesen Fall sauber analysieren, werter Herr Will, dann hätte man bereits vor 1 1/2 Jahren begriffen, dass Russland diesen Krieg nicht verlieren wird, weil sie ihn nicht verlieren dürfen und weil der Westen den Sieg der Asow'schen Sokdateska überhaupt nicht erzwingen kann, ohne den Atomkrieg herbeizuführen!

die Frage ja sehr hypothetisch formuliert und in Klammern ja auch meine Meinung dazu gestellt.
Ich gehe sogar davon aus, dass der Ami längst weiß, dass Russland diesen Krieg nicht verlieren wird. (Weil, wie Sie richtig sagen, es ihn nicht verlieren darf.)
Das glauben nur die Blindgänger und Schlafwandler in Europa.
Ich bin mir sicher, dass Sam den Krieg so steuert, dass er ihm am meisten nützt und solange die Russen geschwächt werden, aber nicht zu verlieren drohen, kann man munter die ukrainischen Jungs verheizen und den kleinen Mann in Oliv in Kiev auf seinen Betteltouren zappeln lassen.
Man mag eine Zeitlang gehofft haben, irgend jemand würde Putin über den Haufen schießen, doch das wird nicht passieren.
Die genauen Hintergründe dieses Krieges werden dann wohl im Laufe der nächsten Jahrzehnte viele Historiker beschäftigen und dann wird man zu lesen bekommen, was im Vorfeld alles schief lief und wie komplett schief diese moralbesoffenen Europäer mit ihrem Endsiegs – Geheul lagen.

Hans Süßenguth-Großmann | So., 10. September 2023 - 11:52

Ich vertraue den werteorientieren Politikern nicht, insbesondere wenn man die Ergebnisse der Einsätze im Irak und in Lybien in Betracht zieht.
Die "Hassfiguren" sind zwar weg, dafür wurde Chaos an allen Ecken eingetauscht. Frau Merkels Ansatz, die Dinge vom Ende her zu denken, findet auch keine Nachahmer mehr.
Man hat in der aktuellen Situation nur die Hoffnung, die Russen zu vertreiben und betet sich daher die Lage gesund. Bei 100m Vorstoß am Tag macht das 36 km im Jahr so ist die UA im Jahr 2025 am Asowschen Meer und die Russen warten das ab.
Es ist schon so, kein Abschluss einer Ausbildung und keine Lebenserfahrung, sind essentielle Voraussetzungen für Berufspolitiker. So bleibt der Glaube an die eigene Bedeutung unerschütterlich.

Keppelen Juliana | So., 10. September 2023 - 14:47

ansehe könnte ich heulen. Am liebsten würde ich ihn in den Arm nehmen und Sagen 'komm Junge wir gehen heim und machen uns einen Kaffe, lass doch alle die kämpfen die ganz verrückt danach sind und keifend und geifernd nach immer mehr Waffen schreien".

Armin Latell | So., 10. September 2023 - 22:23

hatte ich bei diesem Bild das gleiche Gefühl, ich konnte es nur nicht in Worte fassen.