Gesetzesentwurf zeigt Liberalisierungsansatz - EU-Kommission will Genome Editing in der Pflanzenzucht tolerieren

Nach wie vor werden die Erfolge der grünen Gentechnik kleingeredet oder sogar wahrheitswidrig umgedeutet. Jetzt hat sich die EU-Kommission angesichts der neuen Züchtungsmethoden offenbar dazu durchgerungen, die strengen Regeln zu lockern.

Die EU-Kommission will die Regeln für grüne Gentechnik liberalisieren. Schrille und laute Abwehrkämpfe sind programmiert / picture alliance
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Ludger Weß schreibt seit den 1980er Jahren über Wissenschaft, vorwiegend Gen- und Biotechnologie. Davor forschte er als Molekularbiologe an der Universität Bremen. 2017 erschienen seine Wissenschaftsthriller „Oligo“ und „Vironymous“ und 2020 das Sachbuch „Winzig, zäh und zahlreich - ein Bakterienatlas“.

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Die EU-Kommission setzt auf eine Liberalisierung der Gentechnik-Gesetzgebung. Das geht zumindest aus dem Gesetzesentwurf hervor, der in der vergangenen Woche vorzeitig bekannt wurde. Der Entwurf, der am 7. Juli veröffentlicht werden soll, ist noch nicht endgültig, aber es wird sich daran vermutlich nicht mehr viel ändern.

Das Wichtigste: Für Pflanzen, in die kein „artfremdes Genmaterial“ eingeführt wurde, wird es praktisch keine Sonderregeln mehr geben: kein aufwändiges Zulassungsverfahren, keine Kennzeichnungspflicht und vor allem soll die „Opt-Out“-Regelung wegfallen: Einzelne EU-Mitgliedstaaten sollen den Anbau dieser Pflanzen nicht mehr für ihr Territorium verbieten können und auch Freilandversuche nicht untersagen dürfen.

Auch eine Veröffentlichung und Ankündigung des jeweiligen Versuchs und seines Standorts ist im Entwurf nicht mehr vorgesehen. In der Vergangenheit waren diese von den deutschen Grünen hineinverhandelten „Transparenzmaßnahmen“ ein unverzichtbares Hilfsmittel für „Feldbefreier“, um Versuchsfelder zerstören zu können, auf denen die von ihnen selbst geforderten Risikostudien („es gibt zu wenig Sicherheitsforschung!“) durchgeführt werden sollten.

Doch noch gibt es keinen Grund zum Jubel. Das „Gesetz für Pflanzen, die aus neuen genomischen Verfahren hervorgegangen sind“ muss nach einem formellen Beschluss durch die EU-Kommission noch durch das EU-Parlament und den Ministerrat – Gelegenheit für linksgrüne Parteien, Lobbygruppen des Biolandbaus und -handels sowie Vereine der so genannten „Zivilgesellschaft“, alle Register zu ziehen und die neuen Technologien wie gehabt als gefährlich, nutzlos, überflüssig sowie als Ausfluss erzkapitalistischer multinationaler Saatgutmonopole bzw. Bill Gates’ Plan zum großen Reset auszugeben. 

Gentechnik-SuperGAU

„Gentechnik ist Hochrisikotechnologie!“ So tönte es im Bundestag und in den Länderparlamenten bereits, als es in den 1990er Jahren um die Gentechnik in der Medizin ging. Um ihre Position zu untermauern, bestellten grüne Fraktionen und Abgeordnete Gutachten beim Ökoinstitut, bei NGOs und Parallel-Wissenschaftlern.

Die kamen wunschgemäß unisono zu der Erkenntnis, Gentechnik habe SuperGAU-Potenzial. Es gebe keinen absolut sicheren Fermenter und erst recht kein absolut sicheres Labor: Über kurz oder lang würden gentechnisch veränderte Produktionsorganismen in die Umwelt entweichen, mit potenziell verheerenden Folgen für die Ökologie von Böden und Gewässern. Niemand könne ausschließen, dass dann Insulin-Gene oder Gene für Antibiotikaresistenzen an normale Bodenbakterien weitergegeben würden. Dann würden diese Bakterien bzw. ihre „fremden Gene“ den Weg in den Darm und damit in den menschlichen Körper finden. Mögliche Folgen: Stoffwechsel-Entgleisungen, Krebs, Siechtum und Tod. Völlig neue Krankheiten könnten entstehen.

Gefordert wurde nichts weniger als der Totalausstieg aus der Gentechnik in allen ihren Anwendungen, einschließlich der Forschung. Zudem gebe es Alternativen: gesündere Nahrung, mehr Bio, viel Bewegung an frischer Luft sowie weniger „Chemie“ in der Umwelt und keine Pestizide mehr auf dem Feld – und schon würden Zivilisationskrankheiten wie Diabetes, Krebs, Rheuma und Alzheimer zurückgehen. Für den verschwindenden Rest an Bagatellerkrankungen gebe es sanfte Medizin wie z.B. die Homöopathie, die aber leider nicht genug erforscht werde.

Kurz: Gentechnik sei in der Medizin ebenso schädlich und überflüssig wie auf dem Feld und diene nur dazu, den Chemie- und Pharmamultis die Taschen zu füllen und ihnen zu ermöglichen, sich „des Lebens“ zu bemächtigen. Am Ende würden Frankenstein-Forscher geklonte Menschen produzieren und die Politik das Volk genetisch klassifizieren. Gentechnik führe unweigerlich in die Katastrophe und in den Genozid.

Die Grünen schluckten die Kröte

Das Getöse fand in der Öffentlichkeit viel Gehör, denn Medien von rechts bis links lieben Schauergeschichten: Die Rede war vom „achten Tag der Schöpfung“, von Superathleten mit übermenschlichen Kräften, einer genetischen Zwei-Klassen-Gesellschaft, von Mischwesen aus Mensch und Tier als neuer Sklavenschicht, geklonten Hitlers und natürlich von umgekippten Ozeanen, verödeten Wäldern und einer dezimierten Menschheit.

Zu Wort kamen die Parallelwissenschaftler, die zu Protokoll gaben, aus der Gentechnik werde nie etwas werden, sie sei zu reduktionistisch, man müsste Krankheiten ganzheitlich betrachten. Grüne Politiker höhnten, das Geld, das der Gentechnik-affine CDU-Politiker Jürgen Rüttgers in die Gründung von Gentechnik-Firmen investiert habe, hätte er besser ins Friseurhandwerk gesteckt – das hätte mehr Arbeitsplätze geschaffen. 

Überraschend beendete Kanzler Schröder in der rot-grünen Koalition die Debatte, indem er die Gentechnik zur Chefsache erklärte und ihr seinen Segen gab. Sein sozialdemokratischer Instinkt sagte ihm, dass die Bevölkerung kein Verständnis dafür haben würde, wenn ihr der Zugang zu gentechnisch hergestellten Arzneimitteln erschwert würde. Die Grünen schluckten die Kröte, zumal er ihnen die Gentechnik in der Pflanzenzucht als Beute überließ.

Seither wird in rote (Medizin), graue (Abwasser, chemische Industrie) und grüne (Landwirtschaft) Gentechnik unterschieden. Die rote ist heute politisch weitgehend akzeptiert, die graue, die zu weniger Umweltverschmutzung, geringeren Energiekosten und zu Ressourcenschonung führt, wird toleriert, aber die grüne rundheraus abgelehnt – vom gesamten linken Spektrum bis in Teile der CDU/CSU und der AfD; einzige Ausnahme: die FDP.  

Die führenden Anti-Gentechnik-Expertinnen der grünen Partei, die die Debatte gegen die Gentechnik „in allen ihren Anwendungsbereichen“ vorantrieben, saßen lange bzw. sitzen noch heute als Staatssekretärinnen, Beamte und Gentechnik-Sachverständige in Ministerien, Ämtern und Zulassungsbehörden, NGOs und Verbänden der Bio-Agrarindustrie. Sie haben ihr Leben dem Kampf gegen die Gentechnik gewidmet, Richtlinien verfasst, der Forschung absurde Hürden errichtet, Bio-Landwirtschaft und -Handel beraten, Gutachten geschrieben, lobbyiert, so genannte „gentechnikkritische“ Forschungsprojekte gefördert und bis heute gut daran verdient.

Keine Katastrophe, nirgends

Und so wird der Kampf gegen Gentechnik munter weiter geführt, auch wenn keine der vorhergesagten Katastrophen eingetreten ist. Die mit dreistelligen Millionenbeträgen geförderte Begleit- und Risikoforschung hat in drei Jahrzehnten kein besonderes Risiko ermitteln können: Pflanzen, bei deren Zucht Gentechnik im Spiel war, sind genauso sicher wie konventionell gezüchtete neue Sorten.
Hinzu kommt: Viele der damals als problematisch gesehenen Aspekte der Technologie (Antibiotikaresistenzgene, Zufallsintegration, Einführen von „Fremdgenen“) haben sich mittlerweile als unproblematisch erwiesen oder aber wurden durch neue Methoden überwunden. 

Das vor etwa zehn Jahren entwickelte Genome Editing zum Beispiel führt überhaupt keine „fremden Gene“ (ein im Übrigen ganz und gar unbiologisches Konzept) mehr ein, auch keine „Marker“. Es ist nichts weiter als eine präzisere, einfachere und sicherere Variante der Mutationszüchtung, die seit fast einem Jahrhundert praktiziert wird und zu Sorten geführt hat, die ohne jede Bedenken oder Kennzeichnung im Bioladen verkauft werden.
 

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Tatsächlich steckt in vielen Lebensmitteln, die sich mit dem absurden Label „ohne Gentechnik“ schmücken, jede Menge Gentechnik: Gentechnik, die zehntausende Gene der betreffenden Gemüse-, Obst- und Getreidesorten wild durcheinandergewürfelt und ungezielt verändert hat. Die meisten Apfelsorten, viele Zitrusfrüchte, Weintrauben, Birnen, Melonen, Kohl und Möhren, Hopfen-, Gerste- und Weizensorten sind durch diese Form der Gentechnik entstanden.

Teilweise ist es gar nicht mehr nachzuvollziehen, wann und wie oft im Bioladen die Gentechnik im Spiel war. Und wenn es eine Technik gibt, die zu unvorhergesehenen Änderungen im Genom führen kann, dann ist es diese alte Form der Gentechnik, denn dabei werden Pflanzen mit radioaktiver Strahlung beschossen oder mit Chemikalien behandelt, um in den entstehenden Samen möglichst viele Mutationen zu erzeugen. Anschließend wird unter den daraus hervorgehenden Pflanzen nach solchen gesucht, die die gesuchte Eigenschaft tragen. Die sind dann der Ausgangspunkt für neue Sorten. Tests auf eventuelle Nebenwirkungen finden nicht statt.

EU international isoliert

Bislang stand die EU mit ihrer Ablehnung moderner Züchtungstechnologien international ziemlich allein und befand sich in einer Allianz mit u.a. Russland, Syrien und Venezuela. Jetzt hat sich die EU-Kommission angesichts der neuen Züchtungsmethoden offenbar dazu durchgerungen, die strengen Regeln zu lockern, die vor einem Vierteljahrhundert ersonnen wurden, als die Gentechnik noch in den Kinderschuhen steckte und wenig Erfahrung vorhanden war. Sie hat sich dem Urteil der Fachwelt und den Behörden angloamerikanischer, aber auch vieler südamerikanischer, asiatischer und afrikanischer Länder angeschlossen.

Auch in Europa, so z.B. in Italien und im lange Zeit besonders Gentechnik-skeptischen Norwegen hat sich schon längst die Ansicht durchgesetzt, dass die neuen Pflanzenzuchtmethoden zur gezielten Mutation keiner besonderen Risikoprüfung bedürfen – allein, in der Rest-EU haben große Umwelt-NGOs (allen voran Greenpeace, Friends of the Earth/BUND, Foodwatch) mit jahrzehntelanger Desinformation ein lukratives Geschäftsmodell etabliert, das auf der Angst vor Gentechnik beruht.

Die Argumente sind die gleichen wie die aus der Mottenkiste gegen Gentechnik in der Medizin: potenziell gefährlich, nutzlos, überflüssig, es profitieren davon nur Großkonzerne, es gibt Alternativen: ätherische Öle, Mischkulturen, ökologisch gezüchtete Pflanzen, homöopathische Pflanzenstärkungsmittel, Fruchtwechsel und Ackern mit kosmischer Energie und nach den Mondphasen. Zu diesen Alternativen müsse mehr geforscht werden, statt Geld in die Genforschung zu stecken.

Gut für die Gesundheit

Das alles stimmt mit der Realität nicht überein. Die Alternativen existieren nur in der Fantasie. Um etwa Pilzbefall zu bekämpfen, sprühen Ökolandwirte Jahr für Jahr tonnenweise schwermetallhaltige Salzlösungen auf ihre Kulturen. Wollte man ätherische Öle (von denen viele gesundheitsgefährdend sind) flächendeckend einsetzen, bekäme man nicht nur Probleme mit den Böden, sondern müsste auch ca. 30% der Anbauflächen dieses Planeten freiräumen, um dort die Pflanzen für die Gewinnung dieser Öle anzubauen.

Bislang schützt nirgendwo auf der Welt Agrarökologie vor pandemisch auftretenden Schädlingen und Pflanzenkrankheiten und Experimente wie in Sri Lanka, bei denen der Biolandbau landesweit eingeführt wurden, haben nichts als Desaster angerichtet.
Die Gentechnik wiederum hat seit ihrer Einführung zu einer deutlichen Reduktion besonders giftiger Pestizide geführt, Kilotonnen von CO2 eingespart und die Einkommen von Landwirten auch in ärmeren Ländern wie Indien oder Bangladesch deutlich erhöht.

Auch die Gesundheit von Tieren und Verbrauchern profitiert – auch hier vor allem in den Entwicklungsländern: Pflanzen, die mit Gentechnik insektenresistent gemacht wurden, enthalten weniger Pestizidrückstände, vor allem aber deutlich weniger leberschädliche Schimmelgifte, weil Pilzbefall, der als Folge von Insektenfraß auftritt, zurückgeht. Dennoch: Nach wie vor werden die Erfolge der grünen Gentechnik kleingeredet oder sogar wahrheitswidrig umgedeutet – Geschichten, die breites mediales Echo finden.

Und nach wie vor treten querdenkende Alternativwissenschaftler auf, die behaupten, der Verzehr von Gentechnikpflanzen erzeuge Krebs. NGOs wie Greenpeace gehen sogar noch weiter und behaupten faktenfrei, der Verzehr von Produkten aus Gentechnikpflanzen könnte „Organschäden, Immunitätsprobleme, Krebswucherungen, reproduktive Gesundheitsprobleme einschließlich Unfruchtbarkeit, Magen-Darm-Probleme, Antibiotikaresistenz und anderes“ hervorrufen.

Hinzu kommen die höhnischen Kommentare, wie sie schon in den 1990ern nach der Einführung des Gentechnik-Insulins und der Entschlüsselung des ersten menschlichen Genoms zu hören waren. Damals hieß es: „Das sollen Erfolge sein?“ – „Insulinspritzen hat es auch schon vorher gegeben und Krebs ist noch immer nicht besiegt.“ Heute heißt es: „Wo sind denn die Erfolge der grünen Gentechnik?“ – „Resistente Pflanzen haben wir schon konventionell gezüchtet und Hunger gibt es immer noch.“ Dabei sind beispielsweise die vielzitierten Mehltau-resistenten Weinsorten, die konventionell gezüchtet wurden, im Geschmack gewöhnungsbedürftig und im Anbau sehr speziell, während Genome Editing das betreffende Gen in den althergebrachten Sorten verändern könnte.

Verbrauchertäuschung im großen Stil

Leider haben die wichtigsten Handelsketten dem permanenten Trommelfeuer und den Protest- und Boykott-Aktionen der straff organisierten Gentechnik-Gegner nachgegeben und halten ihr Sortiment „Gentechnik-frei“. Auch fast alle deutschen Molkereien machen mit und kleben das „ohne Gentechnik“-Siegel auf ihre Produkte, obwohl es keine gentechnisch veränderten Kühe gibt und auch die Milch nicht „manipuliert“ wurde. Das Label sagt nur, dass die Kuh kein Futter bekommen hat, in dem mit Gentechnik erzeugte Sorten vorhanden waren. 

In dieser Situation ist es schwer, die inzwischen groteske Debatte zu beenden. Die EU will jetzt offenbar versuchen, die neuen Züchtungstechnologien als Verbesserung der alten Mutationszüchtung, der Gentechnik 1.0, einstufen. Dann entfällt die Kennzeichnungspflicht ebenso wie das aufwändige Zulassungsverfahren. Saatgut hingegen muss deklariert werden, so dass Landwirte entscheiden können, ob sie Sorten, die mit Genome Editing erzeugt wurde, anbauen wollen oder nicht. Im Biolandbau sollen diese Sorten auf Wunsch der Branchen-Verbände weiterhin nicht erlaubt sein, so dass sie sich die Möglichkeit nehmen, auf die gesundheitlich und ökologisch bedenklichen Kupferpräparate verzichten zu können.

Ob der Vorschlag praktikabel ist, wird sich zeigen, denn international gibt es nirgendwo eine Verpflichtung für Saatgutkonzerne, Sorten, die durch Genome Editing erzeugt wurden, zu kennzeichnen. Und da ein Nachweis nicht möglich ist (niemand kann unterscheiden, ob eine bestimmte Mutation durch Höhenstrahlung in der Natur, eine Radiumquelle in einem atomaren Garten oder durch CRISPR-Cas erzeugt wurde), wären falsche Angaben nicht nachweisbar.

Doch selbst dieses Zugeständnis an die seit jeher wissenschaftsfern agierende Bio-Branche wird nicht reichen: Die jetzt öffentlich gewordene Neuregelung würde eine wichtige Finanzquelle der NGOs austrocknen. Tausende halbstaatlich und privat finanzierte Gentechnikgegner verlören ihren Job und der Biolandbau, der seit 10 Jahren gebetsmühlenartig verkündet, Genome Editing sei hoch riskante, unnatürliche Gentechnik, verlöre seine Glaubwürdigkeit.

Jede Verzögerung hat desaströse Folgen

So werden wir uns auf lange und schrille Abwehrkämpfe einzustellen haben, bis Parlament und Rat entschieden haben, und viel wird von Deutschlands Abstimmungsverhalten abhängen. Jede Verzögerung oder Verwässerung hingegen wird für Europa desaströse Folgen haben, denn schon jetzt ist es von der internationalen Entwicklung völlig abgekoppelt. Außerhalb der EU kommen im Monatstakt neue Pflanzen auf die Versuchsfelder, und die ersten Sorten habe in den USA, Kanada und Japan die Läden erreicht. Darunter sind Pflanzen mit verbessertem Nährwertprofil, wertvollen Inhaltsstoffen (Vitamine, Kreislauf), Sorten, die besser an Stress (Hitze, Trockenheit, Salz…) angepasst sind oder besseren Fleischersatz ermöglichen.

Nicht nur in den USA, Kanada oder Japan, auch in Afrika und Asien hat man die Vorteile des Genome Editings erkannt. Beispiel Striga, das afrikanische Hexenkraut, ein hierzulande unbekannter pflanzlicher Wurzelparasit, der neben Hirse Mais, Reis und Zuckerrohr, aber auch Erbsen und Bohnen befällt. Jedes Jahr gehen Ernten im Wert von etwa 7 Milliarden US-Dollar durch Striga verloren. In den Savannengebieten Afrikas, wo etwa 100 Mio. Hektar Ackerfläche potenziell betroffen sind (zum Vergleich: Die landwirtschaftliche genutzte Fläche Deutschlands beträgt 17 Mio. ha), gilt Striga als größter Feind der Nahrungsmittelproduktion. Am schlimmsten trifft der Parasit Subsistenzfarmer, die oft ihre gesamte Ernte verlieren.

Traditionelle Bekämpfungsmaßnahmen wie Fruchtfolge, Zwischenfruchtanbau und Unkrautjäten von Hand sind auf Dauer unwirksam. Jede Striga-Pflanze kann zehntausende Samen produzieren, die viele Jahre im Boden überdauern können. Wird der Befall bemerkt, ist es für Bekämpfungsmaßnahmen meist zu spät. Die Striga-resistenten Pflanzen, an denen afrikanische Forschungseinrichtungen jetzt arbeiten, sind für den Weltmarkt und die viel beschworenen Multis völlig uninteressant.

Ein anderes Beispiel sind insektenresistente Maniok- oder Brinjal-Sorten. Letztere werden in Bangladesch bereits seit Jahren angebaut – mit großem Erfolg und wiederum ohne, dass irgendwelche Multis, Patentgebühren und Weiterzuchtverbote existieren, die westliche NGOs immer wieder als „Argumente“ gegen Gentechnik anführen.  

Der nächste deutsche Sonderweg?

Mit der veränderten Haltung der Kommission besteht Hoffnung, dass in Sachen moderne Pflanzenzucht auch in Europa eine Zeitenwende bevorsteht. Für Sorten der klassischen Gentechnik, bei denen z. B. die Pflanzen mit Hilfe eingeführter bakterieller Gene resistent gegen Schädlinge gemacht wurden, besteht jedoch noch immer keine Hoffnung auf Anbau. Und die Frage ist auch, ob Deutschland unter Führung von SPD und Grünen nicht doch wieder einen Sonderweg einschlägt, der die Liberalisierung konterkariert.

Und selbst wenn entsprechende Produkte in den Handel kommen – Greenpeace wird seine Gen-Detektive reaktivieren, die schon 2004 Supermärkte nach „genmanipulierten“ Produkten durchschnüffelten, damit die Organisation Protestaktionen gegen den Verkauf der legalen, aber nach Ansicht von Greenpeace „hochgradig gefährlichen“ Ware veranstalten konnte. Viel wird davon abhängen, ob die großen Handelsketten erneut vor den Erpressungsversuchen durch Greenpeace & Co einknicken werden. Die Hoffnung ist nicht groß: Wissenschaft hat in Deutschland keinen Stellenwert mehr.

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