Erdgas aus dem Emirat - Der Katar-Deal reicht nicht

Ab 2026 soll Deutschland Flüssiggas aus Katar bekommen. Das Lieferabkommen mit dem Wüstenstaat ist ein wichtiger erster Schritt. Doch es reicht bei weitem nicht, um russisches Gas langfristig zu ersetzen. Dazu muss endlich das Fracking-Tabu fallen.

Hat Habecks Besuch doch etwas gebracht? Im März war der deutsche Wirtschaftsminister beim katarischen Energieminister Saad Scharida al-Kaabi zu Gast / dpa
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Daniel Gräber leitet das Ressort Kapital bei Cicero.

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Mitten in die Fußballweltmeisterschaft platzt die Erfolgsmeldung: Katar wird Deutschland mit verflüssigtem Erdgas beliefern. Energieminister Saad Scharida al-Kaabi unterzeichnete am Dienstag einen Vertrag mit dem US-Unternehmen Conoco Phillips, das das Gas nach Brunsbüttel liefern und dort bei verschiedenen Käufern vermarkten werde. Die Lieferung soll 2026 beginnen und mindestens 15 Jahre laufen. Jährlich sollen bis zu zwei Millionen Tonnen geliefert werden.

Für Deutschland, das einen Großteil seines Erdgases bislang aus Russland bezogen hat und nun Ersatzlieferanten sucht, ist dieses Abkommen ein wichtiger Schritt. Allerdings nur ein kleiner. Denn die vereinbarte Menge von zwei Millionen Tonnen Flüssiggas liefert laut Branchenverband „Zukunft Gas“ etwa 30 Terawattstunden Energie. Das sind etwa drei Prozent des deutschen Jahresbedarfs. „Wir müssen aber knapp 500 Terawattstunden ersetzen, die bislang über russische Gaslieferungen gedeckt wurden“, rechnet der Verband vor. „Das bedeutet, dass noch viel Arbeit vor uns liegt, um die Versorgung langfristig zu sichern.“ 

Habeck überließ Unternehmen das Feld

Wirtschaftsminister Robert Habeck war im März nach Katar gereist und hatte bei Energieminister Saad Scharida al-Kaabi – damals erfolglos – für einen Gasdeal geworben. Offenbar haben er und die Bundesregierung es daraufhin der Wirtschaft überlassen, mit Katar zu verhandeln. Habeck sagte am Dienstag auf einer Industriekonferenz in Berlin, zu konkreten Details des Geschäfts wollte er sich nicht äußern, dies sei Sache der Unternehmen. Welche deutschen Firmen an dem Katar-Deal beteiligt waren, ist bislang nicht bekannt.

Es muss nicht der letzte gewesen sein. Qatar Energy sei mit deutschen Unternehmen über weitere Gaslieferungen im Gespräch, sagte der katarische Energieminister Al-Kaabi bei der Vertragsunterzeichnung. „Wir haben gute Beziehungen zu deutschen Unternehmen und zur deutschen Regierung“, betonte er.

Drittgrößte Gasreserven weltweit

Katar ist einer der weltweit größten Exporteure von Flüssiggas. Das reiche Emirat verfügt nach Russland und dem Iran über die drittgrößten Gasreserven weltweit. Katar teilt sich mit dem Iran das weltweit größte Gasfeld, das vor der Küste des Landes liegt. Der allergrößte Teil des Exports geht nach Asien, bislang vor allem nach Japan, Südkorea und Indien. Das Gas für das jetzt geschlossene Abkommen kommt von den beiden katarischen Gasfeldern North Field East and North Field South, die vor der Küste des Golfstaates liegen.

 

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In Deutschland sollen die Flüssiggastanker in Brunsbüttel entladen werden. Dort sollen noch diesen Winter schwimmende Terminals in Betrieb gehen, um kurzfristigen Ersatz für die Pipelinegas-Lieferungen aus Russland zu schaffen. Das Erdgas aus Katar soll aber auf einem noch zu bauenden Flüssiggas-Terminal an Land in Empfang genommen werden. Deshalb startet die Lieferung erst im Jahr 2026.

Erdgas wird noch lange gebraucht

Auch wenn Kritiker befürchten, dass sich Deutschland durch den Bau dieses Terminals langfristig von fossilen Brennstoffen abhängig macht und der Umstieg auf eine klimaneutrale Energieversorgung verzögert wird, ist es der richtige Weg. Denn Gas wird nicht nur als Energieträger, sondern auch als Grundstoff in der chemischen Industrie noch lange gebraucht.

Und wenn die notwendige Infrastruktur zum Bezug von Flüssiggas steht, schafft das deutlich mehr Flexibilität, um beim Gasbezug auf verschiedene Lieferanten zu setzen. Im Unterschied zum bisherigen Pipeline-System, dass die Abhängigkeit von Russlands Staatskonzern Gazprom zementiert hat.

Schiefergas aus Deutschland

Doch eines ist auch klar: Flüssiggas ist teurer. Denn das Erdgas muss für den Transport erst verflüssigt und dann wieder in Gasform gebracht werden. Diese Umwandlungsprozesse verbrauchen viel Energie. Was Kosten und Klimabilanz angeht, gibt es daher noch eine bessere Alternative: heimisches Erdgas.

Vor allem in Niedersachsen gibt es gewaltige Vorräte an natürlichen Erdgasvorkommen. Dieses Gas ist in Schiefergestein unter der Erde eingeschlossen. Man nennt es daher auch Schiefergas. Um es zu gewinnen, müssen die Steinporen mithilfe der Fracking-Technik aufgebrochen werden. Fachleute werben dafür und beteuern, dass die Umweltrisiken beherrschbar seien. Doch in der deutschen Politik ist das Thema noch ein Tabu. Nach einer überhitzten, teilweise faktenfernen und offenbar auch aus Russland unterstützten Anti-Fracking-Kampagne hat der Bundestag die Schiefergasgewinnung 2016 verboten.

Aufgrund der aktuellen Energiekrise will die FDP das ändern und neu über Fracking in Deutschland nachdenken. Wirtschaftsminister Robert Habeck und seine Grünen lehnen das allerdings bislang ab. 

mit dpa-Material

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