Serie: Urlaub extrem - Freibad-Ferien in Budapest

„Cicero“-Chefredakteur Alexander Marguier hat eine Ferienwohnung in Budapest. Wenn dort im Sommer die Sauftouristen durch die Straßen ziehen, findet er Zuflucht in einem besonderen Freibad mit Blick auf die Budaer Berge

Erschienen in Ausgabe
Wenn in Budapest die Party-Saison losgeht, zieht es Alexander Marguier in ruhigere Gebiete / picture alliance
Anzeige

Autoreninfo

Alexander Marguier ist Chefredakteur von Cicero.

So erreichen Sie Alexander Marguier:

Anzeige

Budapest ist gewiss kein Geheimtipp, von Berlin aus kommt man mit dem Flugzeug schneller und günstiger dorthin als in manche deutsche Großstadt. Das hat allerdings auch seine Nachteile, denn besonders im Sommer ist die Stadt voll mit Touristen. Und längst nicht alle haben es auf die kulturellen Highlights oder die fantastische Architektur abgesehen. Der Anteil rotgesichtiger Teilnehmer an Junggesellenabschiedsfahrten und ähnlichen Saufevents kann leider nicht ignoriert werden – insbesondere, weil diese Spezies nachts lärmend durch die Straßen torkelt, bevor sie dort in den frühen Morgenstunden von der nicht minder lauten Budapester Müllabfuhr abgelöst wird.

Tagsüber erholen sich viele Sauftouristen von ihren nächtlichen Alkoholexzessen in einem der berühmten Budapester Thermalbäder, wo sie dann auf etliche Kulturtouristen stoßen, die sich ihrerseits vom nächtlichen Geblöke der Sauftouristen erholen. Klassiker sind das Szé­chenyi-Heilbad am Stadtwäldchen und das schwer in die Jahre gekommene Gellért-Bad im gleichnamigen Hotel. Muss beides wirklich nicht sein.

Die wohl steilste Wasserrutsche der Welt

Was hingegen für mich unbedingt sein muss, ist ein Besuch im Palatinus-Freibad auf der inmitten der Donau gelegenen Margareteninsel. Allein schon der Weg dorthin ist wegen des umliegenden Naturschutzgebiets ein reines Vergnügen, das Bad selbst würde sich sogar für Nichtschwimmer lohnen: Die 1934 vom Architekten István Janáky geplante Anlage ist ein Musterbeispiel der Klassischen Moderne und insofern ein im Wortsinn erfrischender Gegenentwurf zur nostalgisch-schwülstigen Budapester Bäderarchitektur. Im Unterschied zu den überlaufenen Touristen-Thermen handelt es sich beim Palatinus übrigens auch um eine richtige Sportanlage, in der man am frühen Morgen in olympisch dimensionierten Becken fast ganz allein seine Bahnen ziehen kann – in Thermalwasser und mit Blick auf die Budaer Berge.

Und weil das gesamte Areal so gepflegt ist wie die Gärten von Schloss Windsor, kann es mit jedem Wellnesswunderland locker mithalten, nur eben zu einem wesentlich günstigeren Preis. Außerdem gibt es ein Wellenbad, einen Strömungskanal, Bassins mit Nackenduschen und etliche Babybecken. Nicht zu vergessen die Rutschlandschaft mit einigen der wohl steilsten Wasserrutschen der Welt – in Deutschland wären die Dinger wahrscheinlich verboten, umso größer ist der Spaß für Kinder.

Ich selbst könnte problemlos einen zweiwöchigen Badeurlaub im Palatinus verbringen, zumal hier sogar die Freibad-Pommes (auf Ungarisch: „sült krumpli“) besser schmecken als anderswo. Bier gibt es natürlich auch, sogar Weißwein vom Fass. Aber das verschweigen wir an dieser Stelle besser, sonst kommen am Ende noch die Sauftouristen.

Dieser Text stammt aus der Titelgeschichte der Juli-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder in unserem Onlineshop erhalten.

Bereits erschienen in der Serie Urlaub Extrem: Weintrinken in Moldawien„Baden in Somaliland“Detox in Tschetschenien, „Mit Prince Charles in Siebenbürgen“Bergwandern in Afghanistan und Angeln auf Poel











 

Anzeige