Luxusmahl mit einfachen Zutaten - Mungobohnen-Dal

Unser Genusskolumnist hat wieder mal ein aufwendiges Luxusmahl zubereitet. Viel Geld gekostet hat das nicht. Und daher beschäftigt er sich mit der Frage, was Luxus eigentlich ist. 

Am besten im Ganzen, nicht geschält und halbiert: Mungobohnen / dpa
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Vor ein paar Tagen habe ich mir endlich wieder mal richtigen Luxus gegönnt, und ein indisches Dal-Gericht auf der Basis von Mungobohnen zubereitet. Wie bitte? Getrocknete Hülsenfrüchte mit ein paar Gewürzen – das soll Luxus sein? Ja, ist es. Wobei das natürlich eine Frage der Definition ist. Vom preußischen König Friedrich II. (1712–1786), ist überliefert, dass er sich seinen Kaffee vorzugsweise mit Champagner statt mit Wasser aufbrühen ließ. Derweil war es für viele seiner Untertanen in den zahlreichen Hungerjahren dieser Epoche purer Luxus, wenn sie mal was anderes als ihre übliche warme Hauptmahlzeit hatten (einen Brei aus mit Milch oder Wasser angemachtem Getreidemehl oder -schrot). 

Nicht immer eine materielle Frage 

Die Pole Champagner für den Kaffee und mal kein Getreidebrei als Indikatoren für schichtenspezifischen Luxus dürften heute in Deutschland keine Rolle mehr spielen. In der Überflussgesellschaft ist auch Platz für „postmaterielle“ Definitionen von Luxus. Entschleunigung, Gesundheitsbewusstsein, Selbstoptimierung, Ökologie und Weltanschauungsfragen, bis hin zu verquasten Ideologien wie Veganismus, wurden zu Eckpfeilern eines neuen Luxusbewusstseins. Das muss man sich allerdings auch leisten können. Und natürlich gibt es auch ein quasi klassisches Luxussegment: Distinktionskonsumenten, die ihre Vorlieben für Jahrgangssardinen, 100-Euro-Weine, Wagyo-Rindfleisch oder Kopi-Luwag-Kaffee zelebrieren und verbreiten. Aber wer Luxus ausschließlich in der Sphäre großer materieller Ressourcen verortet, ist wohl auf dem Holzweg 

Ernährungssoziologe für Luxus, aber gegen Dekadenz 

Auch der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl hat eine klare Position zur „Luxusfrage“. Luxus könne „ein Surplus im Leben sein, etwas, das nicht zwingend notwendig ist, aber dennoch ganz schön. Luxus kann aber auch anstrengend und Verpflichtung sein, wenn man zu sehr an diesem Mehrprodukt hängt oder es vor allem aus Demonstrations- und Prestigegründen besitzt.“ Dies sein dann eher „protziges Bling-Bling, das davon ablenkt, dass sich hinter einer luxuriösen Fassade nur eine potemkinsche Psyche verbirgt“. Luxus sei aber auch, „einfach mal einen Augenblick innezuhalten und genau hinzuschmecken und zu genießen, wo man sonst vielleicht nur schnell herunterschlingt und sich ernährt“. 

Auch die vielgeschmähte „Verschwendung“ bewertet Kofahl ambivalent. Diese könne „etwas sehr erfüllendes, befreiendes und elegantes sein“. Verschwendung werde aber „zum Problem, wo sie auf Kosten anderer betrieben wird, denen es dann am Nötigen fehlt oder die dabei um ihren gerechten Anteil gebracht werden, während der Verschwender sich in Dekadenz suhlt“. 

„Zeitverschwendung“ – der wahre Luxus 

Zurück zu meiner „Luxusmahlzeit“. In meiner vorletzten Kolumne habe ich auf einige Segmente hingewiesen, die bislang kaum von der galoppierenden Inflation betroffen sind. Und daher tauche ich jetzt vertieft in die faszinierende Welt der getrockneten Hülsenfrüchte ein. Ihre Bedeutung für eine gesunde Ernährung ist unumstritten. Sie sind nicht nur hervorragende Eiweißlieferanten, sondern enthalten auch viele Spurenelemente, Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe. Aber mindestens genauso wichtig: Sie weisen eine riesige Geschmacksvielfalt auf – eine Welt, die vielen Menschen bislang weitgehend verschlossen geblieben ist. Ich habe mir Zeit genommen, um mich damit intensiv zu beschäftigen. Und Zeit für die teilweise relativ aufwendige Zubereitung und die penible Suche nach der besten Gewürzmischung. Also jede Menge Zeit für eine komplett „unproduktive“ Tätigkeit, ohne jeglichen materiellen oder gesellschaftlichen „Nutzen“, nur getrieben von der Suche nach einer neuen Facette individuellen Genusses. Wenn das kein Luxus ist, dann weiß ich auch nicht. 

Am Geld scheitert es bestimmt nicht 

Begonnen habe ich – wie anfangs erwähnt – mit Mung- oder Mungobohnen. Die grünen Kerne stammen ursprünglich aus Indien, die übliche Packungsgröße sind 500 Gramm. In vielen türkischen und asiatischen Supermärkten kosten Packungen unter zwei Euro, aber auch mit Bio-Zertifikat sind sie ab drei Euro in Supermärkten und Bio-Ketten erhältlich. 

Mungobohnen sind leicht süßlich und dezent nussig im Geschmack, und auch für Hülsenfrüchte-Skeptiker besonders gut verdaulich. Es gibt diese Bohnenkerne in Ganzen oder geschält und halbiert. Bei letzteren entfällt die Einweichzeit, aber sie enthalten dann auch weniger Nährstoffe und sind neutraler im Geschmack. Ich bevorzuge ganze Kerne, die zunächst mindestens vier Stunden – gerne auch länger – in Wasser eingeweicht werden. Je nach Einweichzeit verkürzt oder verlängert sich die Kochzeit.   

Zerstoßene Samen als Aromawunder 

Die eingeweichten Bohnen werden abgegossen und anschließend in reichlich Salzwasser weichgekocht. Sie sollten noch ein bisschen bissfest bleiben. Derweil werden Senf-, Koriander- und Bockshornklee-Samen (gibt‘s in jedem Asia-Laden) trocken angeröstet und dann zusammen mit Knoblauch, Ingwer, Chili (am besten frisch) und Kurkuma grob zerstoßen. Diese grobe Paste wird in einem geeigneten Topf mit Öl erhitzt. Dann noch reichlich Zwiebelgrün dazu, mit Kokosmilch aufgießen und 10 Minuten köcheln lassen. Dann die fertigen, erneut abgegossenen Mungobohnen dazu, alles gut durchrühren und weitere 10-15 Minuten köcheln lassen. Und schon hat man ein köstliches Dal-Gericht auf dem Teller, wobei es natürlich auch unzählige andere Zubereitungsvarianten gibt. Außerdem eignen sich diese Wunderbohnen auch hervorragend für das Ziehen eigener Sprossen, die eine große Bereicherung für viele Salate sind. Purer Luxus eben. 

 

Mungobohnen-Dal 

Zutaten für vier Personen 

250 g getrocknete grüne Mungobohnen 

250 ml Kokosmilch 

je 1 gestrichener Teelöffel Senf-, Bockshornklee- und Kurkuma-Samen 

1 kl. Kurkumawurzel 

oder 

½ Teelöffel Kurkumapulver 

5 -7 g Ingwer 

5 Knoblauchzehen 

2-3 Frühlingszwiebeln 

Chili nach Geschmack 

Pflanzenöl, Salz 

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