Das Ende einer Partei - Die Linke – Nichts geht mehr

Mit der Wagenknecht-Partei wird das Ende der Die Linke wohl endgültig besiegelt. Kein Wunder, dass die gelackmeierten Genossen im Bundestag und anderswo nun sauer sind auf Sahra. Nächster Halt: DDR-Museum.

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Autoreninfo

Ben Krischke ist Leiter Digitales bei Cicero, Mit-Herausgeber des Buches „Die Wokeness-Illusion“ und Mit-Autor des Buches „Der Selbstbetrug“ (Verlag Herder). Er lebt in München. 

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„Wir verlangen, dass die ausgetretenen Abgeordneten ihre Mandate niederlegen“, verlangt, wie zitiert, Linken-Chef Martin Schirdewan. Schirdewan und seine Partei sind not amused, wie man das neudeutsch eben so sagt, weil die prominenteste, populärste, beliebteste Linken-Politikern Sahra Wagenknecht keine Lust mehr hat auf ihre Partei. Und mit ihr gut ein Viertel der aktuellen Abgeordneten der Die Linke im Deutschen Bundestag ebenfalls keine Lust mehr haben, den Niedergang der SED-Nachfolgerin als Betroffene zu begleiten. 

Es tut sich was im deutschen Parteiensystem. Und noch ist nicht ganz absehbar, wohin dieses „was“ wohl führen wird. Wäre Wagenknecht nicht Wagenknecht, dann möglicherweise in die politische Bedeutungslosigkeit ihrer BSW, die am Montag in Berlin vorgestellt wurde. Aber weil Wagenknecht eben sehr wohl Wagenknecht ist, liegt das Wählerpotenzial – nicht zu verwechseln mit der späteren tatsächlichen Zustimmung an welcher Wahlurne auch immer – bei um die 20 Prozent, sagen die Demoskopen. 

Ein Leichtes, auf Wagenknecht zu schimpfen

Noch ist die Wagenknecht-Partei formal nicht gegründet, das „Bündnis Sahra Wagenknecht – Für Vernunft und Gerechtigkeit“ ist aktuell noch ein Verein, aus dem voraussichtlich im Januar dann eine Partei der – pardon, aber so lässt sich das Wählerziel der BSW vielleicht verkürzen – angepissten Mitte hervorgehen wird, die keine Lust mehr hat auf den ganzen Quatsch, der in der Bananenrepublik Ampelland gerade vor sich geht. 

Aber klar scheint bereits, dass diese Abspaltung, die, wie erwähnt, fast ein Viertel der Linken-Bundestagsabgeordneten mitgehen, der Die Linke wohl den Todesstoß versetzen wird. Aus dem hessischen Landtag ist sie jüngst bereits geflogen, nun werden die vielen kleinen Erosionen zum großen Erdrutsch, während Wagenknecht fröhlich winkt vom Gipfel. Tschüss, Genossen, macht euren Schmarrn doch allein! 

 

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Es wäre also freilich ein Leichtes, auf Wagenknecht zu schimpfen. Und das geschieht keineswegs zu wenig. Unsolidarisch sei Wagenknecht, finden die Zurückgelassenen; die gelackmeierten Genossen. Wohlwissend oder vielleicht auch nicht, dass es in der Politik nicht immer ganz leicht ist mit dem Prinzip von Ursache und Wirkung. Wagenknecht verrät die Linke, sagen die einen. Die anderen sagen, im Prinzip habe die Linke doch längst die Linke verraten. Und wenn man bedenkt, dass die Zeiten eigentlich „gute“ sind für linke Politik, die Die Linke davon aber null-nada-nicht profitiert, mag an These 2 durchaus was dran sein.  

Das Leben ist hart

„Panta rhei“ – „alles fließt“ – bei Heraklit. „Rien ne va plus“ – „nichts geht mehr“ – bei Schirdewan. Für die Partei Die Linke geht jetzt langsam, aber immer schneller die Sonne unter, weil eben niemand heller strahlte nach draußen als Wagenknecht zuletzt; die nun bekanntermaßen nicht mehr in den Reihen der Die Linke als IFO (interfraktionelle Opposition) leuchten will.

Aus diesem seltsamen roten Planeten wird sukzessive ein pulsierender Zwergstern, der im Takt von Janine Wisslers Halsschlagader pocht, wenn die Co-Chefin der Die Linke heute an Wagenknecht denkt und über sie spricht. Oder an Amira Mohamed Ali, neue Vorsitzende des neuen Wagenknecht-Vereins, und die anderen Geflüchteten. Ja, das Leben ist hart. Das Leben als Linken-Abgeordnete ist aber noch härter. 

Vielsagend etwa die Empörung der hessischen Linken: „Wer jetzt die Linke schwächt, nutzt der neoliberalen und rassistischen Politik der Ampel und unterstützt den Rechtsruck in diesem Land“, finden die Landesvorsitzenden Christiane Böhm und Jakob Migenda. Neoliberalismus! Rassismus! Rechtsruck! Die Linkspartei ist zur Schlagwortpartei geworden.

Doch der Autor dieser Zeilen hält es da eher mit dem ebenfalls aus der Linkspartei ausgetretenen Bundestagsabgeordneten Ali Al-Dailami, wonach sich die Die Linke „immer stärker in eine Richtung entwickelt, die kaum noch vereinbar ist mit dem, was mich einst als Hartz-IV-Betroffener motiviert hatte, einzutreten“.  Soziale Gerechtigkeit! Klassenkampf! Wie meinen?! 

Nichts geht mehr

Nein, die Die Linke wird diese Abspaltung wohl nicht überstehen; höchstens als Nischenpartei irgendwo im Osten und in Ost-Berlin, wo sich dann vier Übrigbleibende zum Internationale-Ständchen im Keller treffen werden. Und in einigen Jahren – wenn Wagenknecht dann Bundeskanzlerin ist (kleiner Scherz oder vielleicht auch nicht) – wird man ihre Alt-Partei vielleicht nur noch beobachten können im DDR-Museum an der Karl-Liebknecht-Straße 1. „Wer waren die, Mama?“, fragt dann der Bub. Und die Mutter wird antworten: „Ach, das sind doch olle Kamellen!“

Aber das läuft im Jahre des Herrn 2023 noch unter ferner Zukunftsmusik. In ganz naher Zukunft wird die Die Linke erstmal ihren Fraktionsstatus verlieren und damit auch allerlei Privilegien, an die man sich nach innen so sehr gewöhnt hat in den vergangenen Jahren, dass man nach außen auf den woken Love Train aufspringen konnte; mit Gender-Firlefanz, Bio-Chinakohl und Arbeiterklasse nur noch vom Hörensagen. Jede Partei hat ihre Zeit. Die Zeit der Die Linke geht nun wohl zu Ende. Krieg der Welten. Eine hat verloren. Nichts geht mehr.   

 

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