Feines aus der Alltagsküche - Lasagne al forno: Die Definition des guten Lebens

Auch unser Genusskolumnist ist nicht immer gegen kulinarischen Eskapismus gefeit. Doch die gleichermaßen schnörkellose wie genussorientierte Zubereitung von Alltagsgerichten ist ihm immer wieder ein Anliegen. Deswegen hat er erstmals in seinem Leben eine Lasagne gemacht.

Ein bodenständiger Rotwein und ein Salat als Beilage runden das köstliche Gericht ab / picture alliance
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Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Als Genusskolumnist läuft man stets Gefahr, in die „Originalitätsfalle“ zu tappen. Man fühlt sich dann bemüßigt, möglichst ausgefallene, extravagante Ideen aufzuschreiben, auch um sich von den Kollegen in dieser Sparte abzuheben. Geerdet hat mich dann wieder mal der Ernährungssoziologe Daniel Kofahl, der anregte, sich doch einfach mal einem sehr profanen und äußerst beliebten Standardgericht zu widmen: Lasagne. 

Und zwar „ganz bodenständig ohne irgendwelche zappelige Effekthascherei“. Kofahl lieferte auch gleich seine Zutatenliste, die offensichtlich auf eine klassische Lasagne al forno (auch Lasagne Bolognese genannt) mit Béchamel-Soße hinauslief.

Lasagne-Krise nach Pferdefleischskandal

Warum eigentlich nicht. Schließlich wird man kaum eine Tiefkühltruhe in Supermärkten finden, in der keine fertige Lasagne offeriert wird, oftmals zu abenteuerlich niedrigen Preisen, die automatisch gewisse Zweifel an der Qualität der verwendeten Zutaten aufkommen lassen. Zeitweilig wurde Lasagne jedoch zum absoluten Ladenhüter, nachdem Anfang 2013 erste Berichte auftauchten, dass Tiefkühl-Lasagne in großem Stil mit Pferdefleisch produziert worden war.

Das löste große Ekel- und Empörungswellen aus, die ich allerdings nur bedingt nachvollziehen konnte. Verwerflich ist sicherlich, dass diese Zutat nicht angegeben, sondern als Rinderhackfleisch deklariert wurde. Aber weder gesundheitlich noch sensorisch ist gegen Pferdefleisch grundsätzlich etwas einzuwenden.

Béchamel-Soße muss nicht unbedingt sein

Doch das ist Schnee beziehungsweise Hackfleisch von gestern, und längst ist Lasagne wieder so beliebt wie vor dem Skandal. Allerdings spricht viel dafür, sie selbst zuzubereiten, statt sich auf Billig-Produkte mit – ganz unabhängig vom Pferdefleisch – zweifelhaften Zutaten zu verlassen. Im Prinzip war ich durchaus geneigt, mich an Kofahls Klassiker zu orientieren. Allerdings ist Béchamel-Soße in jedweder Form für mich ein absolutes No-Go. Ich empfinde sie keinesfalls als Bereicherung für was auch immer, sondern als geschmacklich irrelevante, matschige Milch-Butter-Mehl-Pampe. Ich lasse sie also einfach weg, beziehungsweise substituiere sie durch mehr Käse.

 

Zuletzt in „Genuss ist Notwehr“ erschienen:

 

Eigentlich ist Lasagne ein ganz normales Pasta-Gericht, aus der Sparte Nudeln mit Soße. Nur sind die Nudeln dabei plattenförmig und die Zubereitung erfolgt nicht separat, sondern zusammen im Ofen. Jedenfalls das Endprodukt betreffend, denn die Füllungen beziehungsweise Soßen muss man schon separat vorbereiten. Obwohl Lasagne eigentlich ein sehr einfaches Gericht ist, gibt es einige Fallen, vor allem die Konsistenz betreffend. Bei den Lasagne-Platten habe ich mich für einen Mittelweg entschieden. Also weder trocken mit der Füllung in den Ofen schieben, aber auch nicht 20 Minuten vorgekocht, wie bisweilen empfohlen. Sondern 20 Minuten in lauwarmem Wasser einweichen.

Entscheidend ist die Konsistenz

Doch das Herzstück einer gelungenen Lasagne ist die Füllung, in unserem Fall ein leicht profanisiertes Ragù alla Bolognese, aber dennoch etwas feiner als eine schnöde Tomatenhackfleischsoße. Dazu Zwiebel, Karotte, Stangensellerie, Rosmarin, Thymian und Knoblauch fein hacken und im Topf mit Olivenöl und ein wenig Meersalz und Tomatenmark glasig schwitzen. Die italienische Geschmackspolizei, die Accademia Italiana della Cucina, hat die Verwendung von Knoblauch für Bolognese zwar verboten, ich bin aber geneigt, dieses Verbot ausnahmsweise zu ignorieren.

Dann Rinderhackfleisch (alternativ: Pferdehackfleisch) in der glasigen Masse anbraten und anschließend mit Rotwein ablöschen. Wenn die Flüssigkeit weitgehend verdunstet ist, kommen geschälte, gewürfelte Tomaten (können auch passierte Tomaten aus dem Glas sein) dazu. Das Ragù anschließend mit Deckel bei schwacher Hitze zugedeckt mindestens zwei Stunden sanft köcheln lassen und ab und zu umrühren. Abgeschmeckt wird mit Salz und Pfeffer. Entscheidend für das weitere Gelingen der Lasagne ist die Konsistenz. Wird das Ragù zu flüssig, dann matscht es später die Teigplatten durch. Wird es zu fest und zu trocken, bleiben auch die Platten zu fest. Es sollte also eher zähflüssig-sämig sein. Regulieren kann man das mit längerem Einkochen beziehungsweise der Zugabe von Gemüsebrühe.

Eine Hymne des Ernährungssoziologen

Jetzt kommt das Finale. In einer mit Öl ausgestrichenen Auflauf- oder Kastenform werden jetzt das Ragù (kommt als erstes) und die Platten immer abwechselnd übereinandergeschichtet. Béchamel fällt bei mir bekanntlich aus, ich habe bei jeder Schicht etwas Käse drübergestreut. Als letzte Schicht auch wieder Ragù, über das man diesmal reichlich harten Pecorino hobelt. Jetzt kommt die Form für 40 Minuten auf der mittleren Schiene in den auf 180 Grad Ober- und Unterhitze vorgeheizten Ofen. Die letzten 5 Minuten auf Grillfunktion (Oberhitze) umschalten und auf 200 Grad aufdrehen, damit eine schöne, braune Käsekruste entsteht. Aus dem Ofen nehmen und etwas abkühlen lassen, damit sie sich schneiden lässt und man sich auch nicht den Mund verbrennt.

Es hat jedenfalls richtig gut funktioniert, und die nahezu hymnischen Elogen des Ernährungssoziologen Kofahl auf dieses Gericht sind wohl kaum übertrieben. Für ihn sei Lasagne al forno „das wohl beste Argument, dass es einfach Schwellen in der kulinarischen Evolution der Menschheit gibt, hinter die man nicht mehr zurück gehen kann“. Was immer von „fleischfreier oder 3D-Drucker-Cyberspace-Ernährung auch erzählt wird: Eine Zukunft ohne traditionelle Gerichte wie Lasagne wäre keine Zukunft, sondern eine kulinarische Regression. Ein guter, bodenständiger Rotwein, ein bisschen Salat als Beilage dabei – hier haben wir die Definition des guten Lebens“.

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Lasagne al forno

Zutaten für 4 Personen

12 Lasagneblätter (ca. 200g)

400g Rinderhackfleisch

150 g geriebener Hartkäse (z.B. Pecorino)

500g passierte Tomaten

0,1l trockener Rotwein  

1 El. Tomatenmark

1 Zwiebel

2 Knoblauchzehen

1 Karotte

100g Stangensellerie

Olivenöl

Gemüsebrühe

Salz, Pfeffer, Thymian, Rosmarin

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