Urbane Begegnugsorte in einer zunehmend individualisierten Gesellschaft: die Kiezküchen / picture alliance

Gemeinsam essen in der Nachbarschaft - Kiezküchen – nicht nur für arme Menschen

Unser Genusskolumnist würde niemals ohne drängende Not eine Suppenküche oder eine Tafel aufsuchen. Schlimm genug, dass es die geben muss. Aber die Idee des „Community Cooking“, also nichtkommerzielle Speisen-Angebote in städtischen Nachbarschaften, findet er durchaus sympathisch. Obwohl es da manchmal etwas schräg zugeht.

Autoreninfo

Rainer Balcerowiak ist Journalist und Autor und wohnt in Berlin. Im Februar 2017 erschien von ihm „Die Heuchelei von der Reform: Wie die Politik Meinungen macht, desinformiert und falsche Hoffnungen weckt (edition berolina). Er betreibt den Blog „Genuss ist Notwehr“.

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Auswärtiges Essen ist für viele Menschen nahezu unerschwinglich geworden. Dennoch wird wohl kaum jemand ohne wirklich drängende Not auf die Idee kommen, eine Suppenküche aufzusuchen, um eine kostenlose oder sehr preiswerte, warme Mahlzeit zu erhalten.

Deren Vorläufer entstanden bereits im Mittelalter, als Armenspeisung von Klosterküchen. Doch nahezu alltäglich wurden sie erst im Zuge der Industrialisierung, die in den boomenden Städten und Ballungszentren eben nicht nur Wohlstand und Wachstum, sondern auch Massenarmut hervorbrachte, zumal sozialstaatliche Absicherungen nicht oder nur rudimentär existierten. In Berlin wurde die erste Suppenküche 1887 im damaligen Arbeiterbezirk Wedding von der Berliner Stadtmission gegründet, und es gibt nach wie vor viele derartige Einrichtungen. Inzwischen auch als mobile Suppenküchen, wie etwa der auch von dem Schlagersänger Frank Zander geförderte Foodtruck der Caritas.

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Bettina Jung | Sa., 4. März 2023 - 08:55

Ich esse seit meiner Kindheit kein Fleisch, so wie andere Menschen keinen Spinat mögen. Daher nenne ich mich auch nicht Vegetarier. Als ich zum ersten mal auf Besuch bei meinem Schwiegervater in den USA war, sagte dieser „I don‘t know, how to feed an vegetarian“. Nach Lektüre des Textes frage ich mich allerdings, wie man einen queeren Menschen füttert :-).

Dorothee Sehrt-Irrek | Sa., 4. März 2023 - 12:09

Herr Balcerowiak.
Ich habe das in Berlin auch einmal mit-gemacht und war froh, dass in unserer Gruppe Leute waren, denen das Kochen für mehrere Abnehmer auch geläufig war.
Ich will Niemandem den Spaß verderben, aber es scheint mir auch ein Problem der einzuhaltenden Standards zu sein, ob ich da nun freiwillig hingehe oder darauf angewiesen wäre.
Die "ideologische" oder einfach nur lebensweltliche Ausrichtung dieser Gemeinschaftsessen finde ich dagegen durchaus spannend und Berlin hat ja nun wirklich sehr viele unterschiedliche Lebenswelten zu bieten.
Dieses Kiezdenken in Berlin hat mich allerdings immer eher abgestoßen.
Ich hoffe für Berlin, dass dieses "Aufeinanderhocken" zum einen durch eine umsichtige Sozialpolitik, dann aber auch eine gute Anbindung Berlins ans Umland aufgelockert wird.
Was in Berlin nicht zu bezahlen wäre, könnte es aber im Umland oder z.B. WGs?
Seit meiner Jugend meine absolute Lieblingsserie "Golden Girls".
Bei Zander werden Standards sicher eingehalten werden.

Karl-Heinz Weiß | Sa., 4. März 2023 - 12:29

Wirklich sehr regionale Küche - zumindest für Berliner Verhältnisse. Welchen CO2-Abdruck haben die verwendeten Zutaten ? Wahrscheinlich erfolgt der ökologische Ausgleich durch das Zauberwort "vegan" und den Transport auf der letzten Meile per Lastenfahrrad.