Das politische Buch - Oliver Luksic liest Jürgen Resch

Wer ein solides Handbuch für politisches Campaigning sucht, wird „Druck machen“ von DUH-Chef Jürgen Resch als äußerst hilfreich empfinden. Allen anderen sei zu kritischer Distanz geraten. Denn Reschs Verbots-Wunschzettel ist lang.

Ein Mann fährt bei Sonnenaufgang mit einem Fahrrad über einen Feldweg in der Region Hannover / dpa
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Oliver Luksic ist Mitglied des Deutschen Bundestags und Landes­vorsitzender der FDP Saar.

Einen Spoiler und ein Kompliment vorweg: „Druck machen“ kann der Chef der Deutschen Umwelthilfe (DUH) wirklich meisterhaft. Wer ein solides Handbuch für politisches Campaigning sucht und sich von ideologischer Beeinflussung distanzieren kann, wird das Werk von Jürgen Resch als äußerst hilfreich empfinden. Allen anderen sei bei dieser Lektüre zu kritischer Distanz geraten. Zwar verspricht Resch: „Ich möchte nicht bekehren und nicht belehren.“ Diese noble Absicht verliert er jedoch mit jedem Kapitel seines Buches weiter aus dem Blickfeld.

Tempolimit 100 auf der Autobahn, 80 außerorts und 30 in der Stadt, kein Einwegplastik, keine Verbrenner – Reschs Verbots-Wunschzettel ist lang. Ebenso lang ist auch sein Atem beim Verfolgen seiner Agenda. „Mehrweg anstatt Abfallberge, kleine Betriebe statt Konzerne, viele Arbeitsplätze statt Abfüllroboter und lange Lkw-Transporte.“ Diese Vision einer vermeintlich nachhaltigen Wirtschaftsweise zeigt eine Abneigung gegenüber wirtschaftlichem Fortschritt und ist eine Agenda für Degrowth, die am Ende radikale Ränder fördert. 

Die obligatorische Verteufelung der Industrie

Aber was wäre das Buch eines Umweltaktivisten ohne die obligatorische Verteufelung der Industrie (wenn diese nicht vermeintlich „grün“ ist)? Die Energiewirtschaft, die chemische Industrie und die Automobilindustrie werden klischeehaft als Wurzel allen Übels dargestellt. Der Autor scheut keine Formulierung, um seine Verachtung insbesondere gegenüber der Automobilbranche auszudrücken. Die Wortwahl reicht von der „rückständigen und unwilligen Automobilindustrie“ über die „Verweigerungsallianz“ bis zum „Betrugskartell“. Gewinne der Konzerne sind für Resch „Profitgier“. Er lässt aus, dass Konzerne sich meistens selbst nachhaltige Ziele setzen, und übertreibt deren Einfluss auf die Politik. Lobbyismus von Umweltverbänden wird dagegen in keiner Form kritisch gewürdigt.

Resch moniert den schleppenden Ausbau der Wind­energie, verschweigt jedoch, dass manche Naturschutzverbände eben nicht nur Bundesfernstraßen beklagen, sondern vom Verbandsklagerecht auch Gebrauch machen, um Windkraftprojekte zu behindern. Zwischen den Zeilen versteckt sich zudem eine Einladung zum Blockieren von Straßen und Flughäfen als legitimes Mittel im Kampf für den Klimaschutz. 

Die Kunst der Übertreibung

Ob dies dem Klimaschutzgedanken in der Bevölkerung nützt oder schadet, blendet der Autor aus. Die „Letzte Generation“ charakterisiert Resch als „friedlich protestierende meist junge Menschen“, als wäre das Alter eine akzeptable Entschuldigung für rechtswidrige Protestformen. Das gesamte Buch kritisiert Konzerne und Politiker, die angeblich gegen Recht und Gesetz verstoßen. Bei Umweltaktivisten wird dies nicht nur toleriert, sondern als „notwendig“ dargestellt. 

Bei aller Kritik: In Sachen strategischer Kommunikation ist Resch ein absoluter Profi. Er hat erkannt: Umweltthemen lassen sich gut emotionalisieren. In der Kunst der Übertreibung ist er ein Meister. Das Buch ist gespickt mit dramatisierenden Begriffen wie „Klimakatastrophe“ und „Müllorgie“. In Sprache wie Inhalt offenbart es eine ideologische Schlagseite.

Von seinen Anfängen im Vogelschutz bis zu seinen aktuellen Bemühungen, die Welt vor Umweltsünden zu bewahren, präsentiert sich Resch als Kämpfer für das Gute, der die böse Industrie und die unfähige Politik in die Schranken weist. Sein Buch lässt wenig Raum für differenzierte Perspektiven. Insgesamt bleibt die Frage: Ist der Druck, den Resch und die DHU ausüben, verhältnismäßig und gerechtfertigt?

 

 

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