Verunreinigung in Corona-Impfstoffen - „Was passiert, wenn die DNA in den Zellkern eindringt?“

In Chargen des Impfstoffs Comirnaty wurde wiederholt Fremd-DNA entdeckt. Wissenschaftler machen sich Sorgen. Doch das Bundesgesundheitsministerium wiegelt ab. „Cicero“ sprach mit der Mikrobiologin und Immunologin Brigitte König, die den Impfstoff untersucht hat.

Mehrere kleine Flaschen Cominarty stehen zur Impfung bereit. Doch was ist eigentlich drin? / dpa
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Autoreninfo

Ralf Hanselle ist stellvertretender Chefredakteur von Cicero. Im Verlag zu Klampen erschien von ihm zuletzt das Buch „Homo digitalis. Obdachlose im Cyberspace“.

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Prof. Dr. Brigitte König hat Biologie, Chemie und Medizin studiert, sich im Fach „Medizinische Mikrobiologie und Infektionsimmunologie“ habilitiert und gehört als externe Professorin dem Lehrstuhl der Medizinischen Fakultät an der Otto-von-Guericke-Universität in Magdeburg an. Sie ist Gesellschafterin des Magdeburger Labors MMD.

Frau König, mir liegt ein Brief eines Hamburger Biologen an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vor, in dem dieser darauf hingewiesen wird, dass in Chargen des Impfstoffes von Comirnaty eine Verunreinigung durch Fremd-DNA gefunden wurde. Das Labor, das die Charge untersucht hat, war Ihr Labor MMD in Magdeburg. Was genau haben Sie in den untersuchten Chargen gefunden?

Wir haben Proben aus zehn verschiedenen Chargen zugeschickt bekommen, von denen die meisten bereits geöffnet waren, aber noch ein Restvolumen enthielten. Zwei Chargen waren noch verschlossen und hatten ein noch einen Monat gültiges Mindeshaltbarkeitsdatum. In unserer Analyse haben wir zunächst geschaut, ob DNA enthalten ist. Die quantitative Bestimmung von DNA gehört zu den Standardverfahren in der Molekularbiologie. Wir haben das später noch einmal gegengecheckt, um wirklich sicher zu sein, dass wir eben wirklich DNA und nicht RNA analysiert haben. Weitere Analysen zielten darauf ab, die Chargen auf die Abwesenheit bzw. Anwesenheit von Plasmid-Sequenzen zu analysieren. Diese Analysen gehören ebenfalls zu den Standardmethoden der Molekularbiologie.

Und was haben Sie gefunden?

Wir haben gesehen, dass in den Proben DNA in unterschiedlichen Konzentrationen vorhanden ist. Aber es konnten auch Plasmid-Sequenzen nachgewiesen werden – und zwar Sequenzen, die spezifisch für das Plasmid sind, welches als Matrize für die Impf-mRNA verwendet wird.

Was bedeutet das?

Plasmide gehören nach meinem Verständnis nicht in einen Impfstoff. Wenn man die Anwesenheit von Plasmiden toleriert, dann muss man sich ganz sicher sein, dass die Anwesenheit dieser Plasmide sich zu keinem Zeitpunkt negativ auf unsere Gesundheit auswirken kann – durch welchen Mechanismus auch immer.. 

Nun gab es in den USA ja bereits im Mai eine Veröffentlichung von Kevin McKernan, der ebenfalls zeigen konnte, dass dortige Chargen von Comirnaty kontaminiert waren.

Ja, ich habe mir diese Arbeit natürlich genau angeschaut. An der Herangehensweise von McKernan gibt es aus fachlicher Sicht nichts auszusetzen. Ich habe ihn angeschrieben mit der Bitte, mir seine Kontroll-Plasmide für unsere molekularbiologische Untersuchung zuzuschicken. Er hat uns nicht nur sein Kontroll-Plasmid geschickt, sondern alle Reagenzien (Primer, Puffer, Taq-Polymerase usw.), die er für die Analysen verwendet hat. Wir haben die Analysen sowohl mit seinen Reagenzien als auch mit eigenen Reagenzien durchgeführt. Die Ergebnisse waren übereinstimmend. 

Wie groß sind denn überhaupt solche Chargen?

Da müssten Sie den Hersteller fragen. Bei anderen Substanzen enthält eine solche Charge zuweilen bis zu 10.000 Dosen. Es kann aber auch sein, dass es bei den Corona-Impfstoffen hunderttausende Dosen sind. 

Und wie lässt sich diese Fremd-DNA in den Chargen nun erklären?

Es gibt sicherlich verschiedene Möglichkeiten, wie die DNA in die Chargen hineingekommen sein könnte. Es wäre zunächst natürlich vorstellbar, dass die Chargen einfach verunreinigt wurden und die DNA an irgendeiner Stelle des Herstellungsprozesses dort hineingekommen ist. Die Chargen könnten also, was ich jetzt aber nicht glaube, klassisch kontaminiert sein. Es kann aber auch sein, dass die Doppelstrang-DNA, von der die mRNA des Impfstoffes abgelesen wurde, nicht richtig verdaut wurde. Und die dritte Möglichkeit: Die Plasmide sind möglicherweise noch in den Impfdosen drin. Der Impfstoff ist ja RNA-basiert. Diese Impf-RNA aber wird von einer DNA abgelesen und produziert. Diese DNA ist somit wie eine Matrize. Und es könnte eben gut sein, dass diese Matrize noch in dem Impfstoff enthalten ist.

Das klingt schon irgendwie beunruhigend. Was bedeutete das für die Sicherheit der entsprechenden Chargen?

Alles, was man diesbezüglich sagen kann, ist hypothetisch. Aber gerade deshalb sollte man jetzt schauen, ob dadurch Schädigungen ausgelöst werden können. Professor Philip Buckhaults, ein renommierter Krebsforscher, befürchtet etwa, dass die Gefahr zur Tumorbildung bestünde. Das muss natürlich nicht notgedrungen so sein; aber das Risiko muss eben ausgeschlossen werden.

Das hieße somit, dass im schlimmsten Fall die DNA auch für mögliche Schädigungen durch die Impfung verantwortlich sein könnte?

Es gibt verschiedene Erklärungen dafür, warum die Impfung ein Trigger für Schädigungen gewesen sein könnte. Aber wenn wir jetzt schon bei der DNA sind, so müsste man bestimmte Hypothesen untersuchen. Denn zum einen kann DNA natürlich auch ganz normal im Cytosol, also im Inneren der Zelle, abgebaut werden. Doch wenn die DNA in Form eines Plasmids vorhanden ist, stellt sich die Frage, ob die DNA dann ganz normal zerstört wird. Weiterhin ist zu fragen, was passiert, wenn die DNA in den Zellkern eindringt. Denn dass dieses Plasmid in den Kern eindringen kann, das belegen Untersuchungen. Es handelt sich um Analysen, die schon vor Corona durchgeführt wurden. Dafür verantwortlich ist der sogenannte SV40-Promoter. 

 

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Nur mal angenommen, das würde wirklich passieren: Was hieße das dann?

Erst einmal gar nichts. Die fremde DNA kann möglicherweise einfach im Zellkern liegen bleiben und dort auch verdaut werden. Möglich wäre aber auch, dass Teile in unser Genom reinspringen können. Und wenn das wiederum an der falschen Stelle geschieht, dann kann das bestimmte Krebstypen hervorrufen. Das muss gar nicht sofort passieren; möglicherweise braucht es dafür Jahrzehnte. Das zumindest ist die Befürchtung von dem eben erwähnten Professor Buckhaults. Mein Forschungsgebiet ist die Infektionsimmunologie. Und auf diesem Gebiet könnte es sein, dass bestimmte Reaktionen des Immunsystems verändert werden. 

Jetzt hat das Bundesgesundheitsministerium auf den eingangs erwähnten Brief geantwortet, dass keinerlei Hinweise auf Verunreinigung vorlägen und das Ganze von daher eigentlich kein Thema sei. Fühlen Sie sich da in Ihrer Expertise ernstgenommen?

Ich würde mir schon wünschen, dass das Ministerium der Sache nachgeht. Es gibt die Untersuchung von McKernan, von Buckhaults, und es gibt meine Arbeit, die die Ergebnisse von beiden Wissenschaftlern bestätigt. Da sollte man schon sagen: Wir untersuchen das jetzt auch mal. Das wäre zumindest das normale Vorgehen. Man schaut, ob Ergebnisse reproduzierbar sind. Ich meine, das wäre doch eigentlich Wissenschaft. 

Nun ist für die Prüfung der Impfstoffe in Deutschland das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) zuständig. Wie genau werden denn dort die Impfstoffe geprüft?

Da müssten Sie beim PEI nachfragen. Da gibt es regulatorische Bestimmungen. Und eigentlich hätte ich gedacht, dass sich das PEI darum kümmert. Wenn es eine Grenze für einen bestimmten Stoff gibt, dann gehe ich zunächst naiv davon aus, dass ein Produkt auch auf diese Grenzwerte hin getestet wird.

Jetzt kommt Ihre Analyse natürlich zu einem ungünstigen Zeitpunkt: Sie fällt mitten in die neue Impfkampagne. Muss ich damit rechnen, dass derartige Verunreinigungen auch bei den neuen Chargen auftauchen können?

Das einfachste wäre es doch, das PEI oder der Hersteller überprüfen das mal. Denn wenn sich am Herstellungsprozess nicht geändert hat, dann dürfte es wohl eher unwahrscheinlich sein, dass die festgestellten Kontaminationen von nun an nicht mehr auftreten werden.

Bleiben wir einmal bei dieser neuen Impfkampagne. Was sagt denn heute die Studienlage darüber aus, wie immer neue Boosterungen auf das Immunsystem wirken? Ist es möglich, was ja schon in der Vergangenheit immer wieder vermutet wurde, dass die Immunantwort durch zunehmende Impfungen gehemmt wird?

Ein klares Ja! Ich habe in der Vergangenheit mit dem sogenannten Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) geforscht. Das ist ein Virus, das vor allem bei Kindern und bei älteren Menschen mit Vorerkrankungen auftaucht. Mit diesem Virus also haben wir sehr viel experimentiert. Zu dieser Zeit wurde auch ein Impfstoff gegen RSV entwickelt und zugelassen. Doch dieser Impfstoff wurde bei Kindern wieder zurückgezogen, da er Nebenwirkungen hatte. Man hatte nämlich nicht beachtet, dass ein bestimmter Zelltyp aktiviert und ein anderer deaktiviert wird. Man sollte also immer wissen, was alles passieren kann. Und so ist es auch bei den Impfungen gegen Corona. Ich muss zum Beispiel wissen, was passiert, wenn ich immer wieder boostere. Ich muss dafür als Wissenschaftler zunächst in die Vergangenheit gehen und dort schauen, was man von anderen Infektionen und vom immunologischen Standpunkt aus bereits weiß.

Gibt es nicht auch schon konkrete Daten zu den mRNA-basierten Impfstoffen gegen Sars-Cov-2?

Es gibt Analysen, die zeigen, dass eine IgG4-Antwort produziert wird. Eine solche Antwort wäre zum Beispiel gut bei Allergien. Im Bereich der Infektiologie aber ist diese weniger günstig. Denn durch die IgG4-Antwort wird eine IgG3-Antwort unterdrückt, die für die gewünschte Neutralisation der Viren und Bakterien benötigt wird. Die Daten liegen vor; und jetzt müsste man schauen, wie hoch der Anteil der IgG4 nach den verschiedenen Impfungen ist. Es gibt mittlerweile auch Publikationen zu Kindern. Diese zeigen, dass Kinder, die geimpft waren, eine im Vergleich zu ungeimpften Kindern herabgesetzte Immunantwort gegen andere Viren gezeigt haben. Das heißt übersetzt: Wenn sie geimpft sind, können sie eine andere Infektion nicht so gut bekämpfen. Das sind Daten, die man durchaus ernst nehmen muss.

Daten, die auch die im vergangene Herbst und Winter starke Infektionswelle bei Kindern erklären könnten?

Genau. Auch wenn es natürlich noch andere Erklärungen dafür geben kann. 

Jetzt sprachen Sie gerade davon, dass man in einer Studie geimpfte mit ungeimpften Kindern verglichen hat. In der Gesamtbevölkerung gibt es aber mittlerweile einen bunten Strauß an Möglichkeiten: Es gibt Menschen, die wurden geimpft und hatten auch eine Infektion; es gibt andere, die hatten noch gar keine Infektion; es gibt Ungeimpfte mit Mehrfachinfektion, usw. Lässt sich im Labor eigentlich noch nachweisen, ob sich Antikörper im Einzelfall gegen Infektions- oder gegen Impfspikes richten?

Es gibt in der Tat viele Kombinationsmöglichkeiten. Man kann aber auf dem Antikörper-Sektor die Gedächtnis-B-Zellen im Blut vermehren – auch dann wenn keine Antiköper mehr da sind. Und auf diese Weise kann ich gucken, gegen welchen Sub-Typ die Gedächtniszellen neutralisierend sind: ob also gegen Wuhan, Alpha, Beta, Delta, Omikron … Wenn also bei jemanden nur Wuhan vorliegt, dann hatte er entweder vor drei Jahren eine Infektion, oder – wenn er sagt, er wurde geimpft – es ist die Impfung. Jetzt gibt es aber eine interessante Arbeit vom PEI, die die Antikörper-Antwort von Geimpften mit denjenigen, die eine Infektion hatten, vergleicht. In dieser Arbeit hat man die Epitope untersucht, und man konnte zeigen, dass bestimmte Epitope nur bei Personen vorkommen, die geimpft wurden. Dann wiederum gibt es auch Epitope, die nur bei Infizierten vorkommen. Und es gibt noch mal andere Epitope, die bei beiden Gruppen vorkommen.

Heißt das, dass man im Labor nun eine Möglichkeit hat, um z.B. auch zwischen Long-Covid-Erkrankungen und Impfschädigungen zu unterscheiden?

Da sind wir wieder bei dem Punkt der vielen Kombinationsmöglichkeiten. Wenn nun aber jemand Epitope hat, die nur bei der Impfung und nicht bei der Infektion vorkommen, dann könnte man klar sagen, dass mögliche Beschwerdebilder mit der Impfung im Zusammenhang stehen. Im Moment wird nur darauf geschaut, ob jemand eine Antikörperantwort gegen das Nukleokapsid hat. Hat man diese nicht, so wird davon ausgegangen, dass Symptome durch eine Impfung aufgetaucht sind. Nähme man die eingangs erwähnte Methode noch hinzu, so ließe sich eine Hypothese untermauern.

Das hieße aber, dass die Mikrobiologie doch einiges zu der Frage Long Covid oder PostVac beisteuern kann.

Wir sind in der Tat besser, als man denkt.

Das Gespräch führte Ralf Hanselle.

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