Halbinsel Krim - Angriff auf Putins Brücke

Die Brücke vom russischen Festland auf die Krim wurde in den frühen Morgenstunden bei einem Angriff schwer beschädigt. Es ist ein schwerer Schlag gegen Russland, symbolisch wie praktisch.

Die Brücke über die Krim am Morgen nach der Attacke / Quelle: soziale Netzwerke
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Moritz Gathmann ist Chefreporter bei Cicero. Er studierte Russistik und Geschichte in Berlin und war viele Jahre Korrespondent in Russland.

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Um etwa sechs Uhr am Samstagmorgen wurde die Brücke, die die Halbinsel Krim mit dem russischen Festland verbindet, von einer heftigen Explosion erschüttert. Bilder und Videos aus den sozialen Netzwerken zeigen, dass bei der Explosion sowohl eine Fahrbahn komplett eingestürzt ist, als auch einen brennenden, aus mehreren Tankwaggons bestehenden Zug auf dem Eisenbahnteil der Brücke.

Unklar ist bislang, wie es zur Explosion kam: Auf Videos von Überwachungskameras ist zu sehen, wie kurz vor der Explosion LKW und PKW die Brücke passieren. Wahrscheinliche Versionen sind ein Selbstmordanschlag mit einem LKW, eine von der Ukraine abgeschossene Rakete, eine Unterwasserdrohne, oder ein mit Sprengstoff beladenes Boot, das die Brücke getroffen hat. Die offizielle Version der russischen Seite: Eine Autobombe sei auf der Brücke gezündet worden, daraufhin seien sieben Tankwaggons in Brand geraten. Inzwischen sei das Feuer aber gelöscht.

Die 19 Kilometer lange und vier Milliarden Euro teure Brücke vom russischen Taman bis nach Kertsch auf der Krim war das Prestige-Objekt schlechthin für Präsident Wladimir Putin. Mit dem Bau wurde 2015 begonnen, nachdem Russland die Krim im März 2014 annektiert hatte. Zur Eröffnung im Jahr fuhr Putin demonstrativ am Steuer eines LKW von Russland über die Brücke auf die Krim.

 

Für die Ukraine war die Brücke immer ein legitimes militärisches Ziel

In der russischen Staatspropaganda wurde sowohl die kurze Bauzeit als Erfolg gefeiert als auch die Tatsache an sich, dass durch die Brücke der Anschluss der Krim an Russland vollendet wurde. Die Ukraine betrachtet die Halbinsel dagegen als Teil des ukrainischen Staatsgebiets, zuletzt im August hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj gesagt, dass „der Krieg mit der Okkupation der Krim begonnen“ habe und „mit ihrer Befreiung enden“ werde.

 

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2018 hatte Russland ukrainische Schiffe daran gehindert, die Meerenge, die von der Brücke überspannt wird, in Richtung des Asowschen Meers zu passieren. Offizielle Vertreter der Ukraine hatten seit Kriegsbeginn immer wieder gesagt, die Brücke sei ein legitimes militärisches Ziel, da über die Brücke die Versorgung der russischen Besatzungstruppen im südlichen Teil der Ukraine stattfindet. Erst vor wenigen Tagen zeigten Videos, wie über die Brücke per Schiene ganze Züge voller russischer Panzer auf die Halbinsel bewegt werden.

Noch ist unklar, wie schwer die Brücke beschädigt wurde. Für die Versorgung der russischen Truppen in der südlichen Ukraine ist der Vorfall jedoch ein weiterer schwerer Schlag: Zuletzt mussten sie nördlich des Flusses Dnipro im Gebiet Cherson schwere Niederlagen hinnehmen. Seit etwa zwei Wochen befreit die Ukraine dort Ortschaft um Ortschaft.

Russische offizielle Vertreter hatten nach den ersten militärischen Vorfällen auf der Halbinsel Krim, hinter denen wahrscheinlich ukrainische Sabotagekommandos standen, mit schweren Konsequenzen für den Fall einer Attacke auf die Brücke gedroht. „Die Antwort wird so hart sein, dass nicht nur Kiew erzittert“, sagte die Abgeordnete Olga Kowitidi im August gegenüber RT. Zugleich hatten russische Offizielle immer wieder betont, wie gut die Brücke durch die russische Flugabwehr und sonstige Einheiten geschützt sei.

Bisher spielt Russland den Vorfall herunter

Offizielle ukrainische Vertreter halten sich – wie schon bei früheren Attacken auf die Krim in diesem Sommer – mit Äußerungen zurück, die die Verantwortung der Ukraine für den Vorfall belegen könnten. Gleichzeitig verhehlen sie nicht ihre Freude über die Attacke. Präsidentenberater Mychajlo Podolak schrieb am Morgen auf Twitter: „Krim, die Brücke, der Anfang. Alles, was illegal ist, muss zerstört werden, alles, was gestohlen wurde, muss der Ukraine zurückgegeben werden, alles, was von Russland besetzt wurde, muss vertrieben werden.“

Erst vor wenigen Tagen hatte Präsident Putin der Ukraine mit dem Einsatz auch nuklearer Sprengkörper gedroht, sollte das russische Staatsgebiet angegriffen werden. Bisher spielt die russische Seite den Vorfall auf offizieller allerdings herunter: Putins Pressesprecher Dmitrij Peskow teilte heute mit, der Präsident habe eine „Regierungskommission zur Aufklärung der Gründe für den Vorfall und die baldige Behebung seiner Folgen“ berufen.

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