Steuerpolitik und Bürgergeld - Warme Worte und wahre Nutznießer der Ampel-Politik

Während der Kanzler Erleichterungen für diejenigen behauptet, „die das Land am Laufen halten“, belastet die Ampel tatsächlich genau diese Basis der Gesellschaft. Nutznießer sind Transferempfänger und Besserverdiener. Und eine besondere Klientel.

Bundeskanzler Olaf Scholz bei seiner Neujahrsansprache / picture alliance
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Ferdinand Knauß ist Cicero-Redakteur. Sein Buch „Merkel am Ende. Warum die Methode Angela Merkels nicht mehr in unsere Zeit passt“ ist 2018 im FinanzBuch Verlag erschienen.

 

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Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Sozialdemokraten brüsten sich gerne mit dem Anspruch, für sozialen Zusammenhalt zu sorgen. Dass es mit ihm „keinen Abbau des Sozialstaates“ gibt, wie er auf dem Bundesparteitag ankündigte, stimmt. Allerdings sollte man beides nicht miteinander verwechseln. Menschen, die für unterdurchschnittliche Löhne arbeiten, haben nichts davon, wenn das mit ihren Abgaben und Steuern finanzierte sogenannte Bürgergeld für diejenigen angehoben wird, die trotz allgegenwärtiger Arbeitsangebote nicht arbeiten

Eine von Hubertus Heils Arbeitsministerium selbst veröffentlichte Studie des ifo-Instituts zeigt, dass das Bürgergeld, auf das die SPD so stolz ist, nicht nur extrem kompliziert ist. Zitat: „Kaum ein Haushalt dürfte in der Lage sein, die Vorrangprüfung zwischen Bürgergeld und Wohngeld eigenständig durchzuführen oder exakt zu berechnen, wie sich zusätzliches Erwerbseinkommen auf die Transferansprüche und damit auch auf das verfügbare Einkommen auswirkt.“ 

Wichtiger: Die ifo-Spezialisten haben festgestellt, dass in manchen Fällen Menschen sogar finanziell schlechter dastehen, wenn sie legal arbeiten. Als „Aufstocker“, also durch zusätzliche Arbeit zum Sozialhilfebezug, darf manch einer nur 20 Cent pro zusätzlich verdientem Euro behalten. Wer wird dafür schon arbeiten? 

Das unbürgerliche Bürgergeld mästet den Sozialstaat

Der Sozialstaat schafft sich immer mehr selbst seine Klientel an Bedürftigen, indem er sie von der Aufnahme von Arbeit abhält und zugleich anziehend für versorgungssuchende Armutszuwanderer ist. Dass letztere in der offiziösen Diktion pauschal als „Schutzsuchende“ oder „Geflüchtete“ bezeichnet werden, ist dabei ebenso realitätsvernebelnd wie die Bezeichnung „Bürgergeld“. Denn nach bisherigem Verständnis gehörte zum Begriff des Bürgers auch immer der Anspruch, sich selbst und seine Familie durch eigenes Einkommen ernähren zu können. Genau dazu nimmt der wuchernde Sozialstaat aber durch das Bürgergeld seiner Klientel den Anreiz. In seiner tatsächlichen Intention und Auswirkung ist das Bürgergeld eher ein unbürgerliches Instrument der Sozialpolitik. 

Aber auch Scholz‘ Koalitionspartner, Finanzminister Christian Lindner und seine Freien Demokraten, brüsten sich gerne mit vermeintlichen Wirkungen ihrer Politik, die sich bei näherer Betrachtung eher als das Gegenteil des Behaupteten entpuppen. Es geht um die gerne erwähnten Erleichterungen bei der Einkommensteuer, die mit dem Beginn des neuen Jahres wirksam werden. Denen stehen nämlich durch Regierungspolitik verursachte Kostensteigerungen gegenüber: Sozialbeiträge, Netzentgelte für Energie, CO2-Preis, Mehrwertsteuer in der Gastronomie und für Gas. Und die überwiegen in vielen Fällen. 

Wie aktuelle Berechnungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft zeigen, bedeuten die steuer- und abgabenrechtlichen Änderungen für mehr Privathaushalte eher eine Erhöhung der Belastungen. Und: Ausgerechnet die gering bis durchschnittlich Verdienenden werden stärker zur Staatskasse gebeten, während Gut- und Doppelverdiener-Haushalte besser wegkommen. 

Weniger für die Kleinen, mehr für die Großen

„Unterm Strich zahlt ein Single mit einem Jahresbruttoeinkommen von 50.000 Euro auf das Jahr gerechnet 40 Euro mehr an Steuern und Abgaben.“ Verlierer sind ausgerechnet Alleinerziehende und Familien mit bescheidenem Einkommen. Zum Vergleich: Eine Gutverdiener-Familie mit zwei Kindern und einem gemeinsamen Bruttojahreseinkommen von 130.000 Euro hat am Ende des Jahres 262 Euro mehr, eine Familie mit 42.000 Euro Jahreseinkommen 33 Euro weniger zur Verfügung. Besonders hart trifft es nach den IW-Berechnungen Alleinerzieher mit einem Kind und einem Jahresbruttoeinkommen von weniger als 36.000 Euro: minus 144 Euro. 

Gut bedient werden von der Ampel kinderlose Singles mit einem weit überdurchschnittlichen Jahreseinkommen von über 100.000 Euro brutto (plus 79 Euro), während Singles mit nur bis zu 30.000 Euro (also zum Beispiel junge Berufsanfänger, die noch keine Familie gegründet haben, es aber wollen) 76 Euro weniger in der Tasche haben. Ganz nebenbei ist die Steuer- und Abgabenpolitik der Ampel also auch noch eine Anti-Familienpolitik. 

IW-Forscher Martin Beznoska kommentiert das so: „Die Versäumnisse der Regierung und die unsachgerechte und verfassungswidrige Haushaltspolitik müssen am Ende die Steuerzahler ausbaden. Dass gerade Alleinerziehende und Familien mit einem geringen Einkommen unter dem Strich am stärksten belastet werden, kommt erschwerend hinzu.“

Fazit: Die Politik der Ampel-Koalition kommt finanziell einer seltsam ungleichen Gesellschaftskoalition zugute, nämlich Nicht-Arbeitenden und Besserverdienern. Die eigentlichen großen Gewinner des Bürgergelds und der Staatsexpansionspolitik der Ampel generell sind natürlich jene, die das Bürgergeld nicht kassieren, sondern im Staatsapparat für seine Verteilung zuständig sind. 

 

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Scholz behauptet in seiner Neujahrsansprache:  „… unterm Strich entlasten wir auch weiterhin all diejenigen, die jeden Tag aufstehen und zur Arbeit gehen. Die unser Land am Laufen halten.“ Er singt da auch das Hohelied auf jene, die „Pakete ausfahren oder Supermarktregale einräumen. Die vorher ihre Kinder zur Schule bringen und nach der Arbeit noch den Haushalt schmeißen.“ Das sind genau diejenigen, die laut obiger Rechnung durch die Ampel-Politik nicht ent- sondern zusätzlich belastet werden. 

Scholz behauptet konkret: „Eine vierköpfige Familie mit einem normalen Einkommen hat im nächsten Jahr mehr als 500 Euro zusätzlich zur Verfügung.“ Das stimmt laut IW eben gerade nicht. Für diejenigen, die das Land und nicht zuletzt den von den Sozialdemokraten so energisch ausgebauten Sozialstaat am Laufen halten mit ihren Steuern und Abgaben und nicht zuletzt ihren Erziehungsleistungen für die eigenen Kinder, hat Scholz nur warme Worte übrig. Ihm sei „wichtig, dass ihre Leistung gesehen und anerkannt wird“, sagt Scholz in seiner Neujahrsansprache über die Land-am-Laufen-Halter. Aber in der wirklichen Welt jenseits der warmen Worte brummt ihnen die Ampel vor allem mehr Steuern und Abgaben auf, während sie den Nicht-Arbeitenden mehr Bürgergeld und den Besserverdienern weniger Steuern gönnt. 

„Wir alle – gemeinsam“ würden auch mit „Gegenwind“ klarkommen, verkündet Scholz in seiner Neujahrsansprache pathetisch. Wen er als Windschutz einsetzt, sagt er nicht. Aber seine Politik lässt es die Betroffenen spüren. 

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