Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans - Die SPD hat ihren Untergang gewählt

Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans haben die Stichwahl um den SPD-Vorsitz relativ knapp gewonnen. Eine fatale Wahl für die Partei, wie sich nun zeigen wird. Einen SPD-Austritt ziehen nun immer mehr in Erwägung. Es wäre das Ende der Volkspartei

Norbert Walter-Borjans neben Saskia Esken nach dem Sieg / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Als Malu Dreyer die absoluten Stimmen von Olaf Scholz und Klara Geywitz verliest, dachte man für einen Moment: Das kann nicht stimmen. Aber dann ergänzt sie die Prozentzahl, und es steht fest, dass dieser 30. November 2019 in den Geschichtsbüchern eines Tages als der Anfang vom Ende der SPD stehen wird. Diese Partei hat sich selbst abgewählt als maßgebliche Kraft des politischen Betriebs in Deutschland.

Mit etwas mehr als 53 Prozent der Stimmen bei einer tragisch schwachen Wahlbeteiligung von 54 Prozent (nur ein Prozentpunkt mehr als in der ersten Runde) haben sich Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken den Parteivorsitz gesichert. Es ist auszuschließen, dass sich ein Parteitag kommende Wochenende einfach so über das Votum der 425.000 Parteimitglieder (oder deren Hälfte, die gewählt hat) hinwegsetzen wird.

Amateure werden die SPD leiten

Die Todessehnsucht der SPD-Mitglieder muss sehr groß gewesen sein, größer als man von Berlin aus erahnen konnte. Olaf Scholz steht für die Regierungs-SPD unter zwei Kanzlern, einem sozialdemokratischen und einer Kanzlerin von der CDU. Er war der einzige wirkliche Profi unter den verbleibenden Vieren. Jetzt werden Amateure die vormals größte deutsche Volkspartei leiten.

Es liegt im Bereich des Möglichen, dass Norbert Walter-Borjans, der als Finanzminister von Nordrhein-Westfalen mehrmals verfassungswidrige Haushalte vorgelegt hat, als Bundesfinanzminister in die Regierung geht für einen Olaf Scholz, dem nichts als der endgültige Rückzug aus der ersten Reihe, also auch aus dem Kabinett der Großen Koalition bleibt. Das jedenfalls unter der Voraussetzung, dass nicht schon auf dem kommenden Parteitag der Rückzug aus der Regierung beschlossen wird. So suizidal, wie die SPD sich bis hierher gezeigt hat, liegt auch das noch im Bereich des Möglichen.

Esken konfus, ohne jede Stringenz

Die operative Führung der Partei läge bei einem Regierungsmitglied Walter-Borjans dann in den Händen einer Frau, deren bisherige höchste Führungsposition darin bestand, Vizevorsitzende eines Landeselternbeirats in Baden-Württemberg gewesen zu sein. Das ist gewiss ein harter Job, aber natürlich keinerlei Qualifikation, eine Großorganisation wie die SPD zu führen.

Fassen kann man das alles nicht. Vor einigen Wochen hörte ich morgens wie immer Deutschlandfunk. Ich schaltete ein zu einem Zeitpunkt, als ein Interview mit einer Frau im Gange war, deren Stimme ich nicht kannte. Nach wenigen Minuten des Gesprächs war ich mir ganz sicher, dass der sonst so sorgsam arbeitenden Redaktion mit dieser Wahl einer Gesprächspartnerin ein großer Fehler unterlaufen war, dass da ein großes Missverständnis zugrunde liegen muss. Diese Frau redete unzusammenhängendes Zeug, konfus, ohne jede Stringenz. Im Laufe des Gesprächs erfuhr der verstörte Zuhörer, dass es sich bei der Dame am Telefon um Saskia Esken handele, die sich um den SPD-Parteivorsitz bewerbe.  

Unversöhnliche Parteiflügel

Diese Wahl des mutwilligen Untergangs wird eine unmittelbare Folge haben, die sich hinter den Kulissen schon ankündigt. Denn nicht nur das Wahlergebnis erinnert an die Brexit-Wahl in Großbritannien, nach der sich 52 Prozent Brexiteers und 48 Prozent Remainers unversöhnlich gegenüber stehen.

Ebenso ist das jetzt bei der SPD. Und dort gibt es im Unterschied zum Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union eine ganz einfache Lösung für jene, die an jenem historischen 30. November 2019 um kurz nach 18 Uhr einen kleinen Schwächeanfall bekommen haben.

Zerfällt die SPD nun?

Sobald sich deren Kreislauf wieder stabilisierte hat, werden sie die SPD verlassen, werden sie zu SPD-Exiteers. Sie werden diesem todes- und oppositionsseligen Haufen um Norbert Walter-Borjans und Saskia Esken nicht weiter angehören wollen. Schon lange gibt es bei namhaften Kräften in der Partei ernsthafte Überlegungen, eine neue Bewegung zu gründen.

Mit diesem Wahlergebnis werden diese Leute mit einiger Sicherheit diese Idee in die Tat umsetzen. Zurück bleiben werden diejenigen, die die SPD dabei begleiten, wie sie palliativ dem Ende entgegengeht. Therapie, geschweige denn Gesundung ist mit dieser Führung ausgeschlossen.

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