Steuererhöhungen durch die Hintertür - Robert Habeck hat sich verplappert

Obwohl Robert Habeck sein Heizungsgesetz durchgesetzt hat, wettert er noch einmal gegen dessen Kritiker aus der Unionsfraktion. Dabei gibt er indirekt zu, dass die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung gar nicht vollständig als „Klimageld“ an die Bürger zurückgezahlt werden, sondern stattdessen in die Staatskasse fließen sollen.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Mathias Brodkorb ist Cicero-Autor und war Kultus- und Finanzminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Er gehört der SPD an.

So erreichen Sie Mathias Brodkorb:

Anzeige

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist beschlossen. Noch vor der Sommerpause stoppte das Bundesverfassungsgericht die Ampel und rügte, dass eine seriöse Prüfung von Gesetzesvorlagen mit entsprechender parlamentarischer Debatte zum Wesen der Demokratie gehöre.

In der Sache hat die Intervention des höchsten deutschen Gerichts aber nichts geändert. Nicht einmal der zuständige Ausschuss tagte zwischen Gerichtsurteil und Gesetzesverabschiedung. Das jedenfalls kritisierte die Opposition in der Debatte der letzten Woche. Insofern kam alles so, wie es auch zu erwarten war. Aber eines war dann doch interessant. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) hat sich mächtig verplappert.

Sozialer Friede gefährdet?

Und das kam so: Eigentlich sollte es ein Großangriff Habecks auf die Unionsfraktionen sein. Gegenüber stehen sich in der Debatte um das Gebäudeenergiegesetz zwei weltanschauliche Lager. Die einen wollen wie die Ampel mit Verboten und Subventionen die Wärmeversorgung elektrifizieren, die anderen durch marktwirtschaftliche Anreize, also durch CO2-Bepreisung, die Emissionen mindern.

Für Habeck ist Letzteres inakzeptabel. Er berief sich dabei auf wissenschaftliche Simulationen, nach denen sich die CO2-Bepreisung bis 2030 ungefähr verzehnfachen müsste, um dieselben Wirkungen zu erzielen wie das GEG. Das sei also das, was die Union vorschlage, eine Verzehnfachung des Preises „ohne soziale Kompensation“, polterte der Vizekanzler. Und: „Das wird den sozialen Frieden in Deutschland zerlegen.“

Der Angriff auf die Union entpuppt sich bei genauerem Hinsehen allerdings als Selbstanklage – und als Eingeständnis, durch die kalte Küche die Steuern erhöhen zu wollen. Anders nämlich ergibt Habecks Argumentation gar keinen Sinn.

 

Mehr zum Thema:

 

Eigentlich ist die Sache aus marktwirtschaftlicher Perspektive ziemlich einfach. Da weniger CO2 emittiert werden soll, muss es durch Preisanstiege zu einem knappen Gut werden. Eigentlich sollen die hierdurch erzielten Einnahmen aber pro Kopf als „Klimageld“ wieder an die Bürger zurückfließen. So steht es selbst im Koalitionsvertrag der Ampel.

Die dahinter stehende Logik ist recht simpel: Haushalte, die durchschnittlich viel CO2 emittieren, zahlen genau so viel, wie sie zurückerstattet bekommen, werden also nicht belastet. Haushalte, die weniger CO2 emittieren als der Durchschnitt, werden entlastet. Und Haushalte, die mehr CO2 emittieren als der Durchschnitt, zahlen drauf. Sie können sich dann entscheiden, ob sie die Belastung zahlen wollen oder ihre Wärmeversorgung lieber umstellen. Das nennt man marktwirtschaftliche Steuerung.

Die These Habecks, ein solches System würde sozialen Kahlschlag bedeuten, wäre nur unter zwei Annahmen richtig: Erstens müssten die unteren Einkommensgruppen heute mehr CO2 emittieren als der Durchschnitt. Das ist aber nicht der Fall. Und zweitens müsste man in Wahrheit vorhaben, gar nicht alle Einnahmen aus der CO2-Bepreisung wieder an die Bürger zurückzugeben. Und freilich: Wenn man die Bürger erst belastet, ihnen das Geld aber nicht wieder vollständig zurückzahlt, nimmt man ihnen am Ende etwas weg. Das liegt aber nicht an der Marktwirtschaft, sondern an der Ampel.

Je höher das Einkommen, desto mehr Emissionen

Selbst nach den eigenen wissenschaftlichen Befunden der Bundesregierung würde ein marktwirtschaftlich getriebenes CO2-Bepreisungssystem in Verbindung mit einem pro Kopf ausgezahlten Klimageld keine soziale Schieflage hervorrufen, sondern sie umgekehrt vermindern.

Nach einer Studie des Umweltbundesamtes steigt der CO2-Verbrauch mit zunehmendem Einkommen massiv an. Es sind, die anthropogen argumentierende Klimawandelthese vorausgesetzt, also vor allem die Besserverdienenden dafür verantwortlich, dass das Klima aus den Fugen gerät. Insbesondere das Wohnen und die Mobilität zeichnen dafür verantwortlich.

So betragen die Emissionen für Mobilität in einem Haushalt mit einem Nettoeinkommen von weniger als 1000 Euro im Monat ganze 3,2 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr, in Haushalten ab 4000 Euro mit 9,3 Tonnen aber dreimal so viel. Vor allem dafür verantwortlich: Flugreisen.

Umverteilung von oben nach unten durch Marktwirtschaft

Und auch im Bereich Wohnen einschließlich Heizen emittieren Besserverdienende weit mehr CO2 als Bezieher von Niedrigeinkommen oder Otto-Normalverbraucher. Insgesamt konstatiert das Bundesumweltamt bei „einem Netto-Haushaltseinkommen von mehr als 4000 EUR im Vergleich zur Einkommensklasse von unter 1000 EUR im Durchschnitt rund 7400 kg CO2-Äquivalente mehr Treibhausgase“ pro Jahr.

Würden nun die CO2-Preise schrittweise steigen und sämtliche (!) dieser Einnahmen je Kopf wieder an alle Bürger ausgeschüttet, käme es notwendig zu einer sozialen Umverteilung, und zwar von oben nach unten. Robert Habecks Behauptung, der marktwirtschaftliche Vorschlag der Union würde „den sozialen Frieden in Deutschland zerlegen“, entpuppt sich als Luftnummer.

Steuererhöhung durch die Hintertür

Aber das gilt nur, solange man bereit ist, sämtliche Einnahmen tatsächlich über ein Klimageld wieder auszuschütten. Sobald man einen relevanten Teil dieser Einnahmen als Staat einbehält, können selbst jene Haushalte mit geringer CO2-Emission plötzlich zu Belasteten werden. Habecks Argumentation verrät daher implizit, dass er genau das vorhat. Es handelt sich um eine verdeckte Steuererhöhung im Gewande des Klimaschutzes. Und genau so steht es auch im Koalitionsvertrag.

Der Anstieg der CO2-Bepreisung ist in §10 Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) geregelt. Derzeit werden die Emissionszertifikate für je 30 Euro in Umlauf gebracht, bis 2025 soll der Preis auf 45 Euro steigen. Und im Koalitionsvertrag steht ausdrücklich, dass man erst für die „Ausgestaltung der Marktphase nach 2026“, also für weitere Erhöhungen, einen „sozialen Kompensationsmechanismus“ etablieren will. Die Ampel nennt es das „Klimageld“. Bis zu einem Preis von 45 Euro will der Staat die Einnahmen also gar nicht ausschütten, sondern einfach selbst behalten.

Allein im Jahr 2022 betrugen die Einnahmen aus dem europäischen und nationalen Emissionshandel für Deutschland rund 13 Mrd. Euro. Im Jahr 2025 dürften sich schon allein aufgrund des geplanten Preisanstiegs die Einnahmen aus dem nationalen Handel von 6 auf rund 9 bis 10 Mrd. Euro erhöhen und insgesamt auf mehr als 15 Mrd. Euro belaufen. Diese Einnahmen fließen in den „Energie- und Klimafonds“ (EKF), aus dem wiederum Subventionen für Maßnahmen der Dekarbonisierung finanziert werden.

Subventionen zerstören den Marktmechanismus

Mit anderen Worten: Die Bundesregierung entscheidet sich nicht konsequent, ob sie die Wärmewende dirigistisch oder marktwirtschaftlich organisieren will. Da sie ihre Verbotspolitik mit Subventionen abfedern muss, um keinen Volksaufstand zu provozieren, braucht sie Geld für Subventionen.

Einen Teil dieses hierfür benötigten Geldes entzieht sie dabei einem marktwirtschaftlichem Mechanismus, bei dessen reibungslosem Funktionieren der staatliche Dirigismus gar nicht nötig wäre. Aber durch den Entzug dieser Mittel wird die Funktionsfähigkeit des marktwirtschaftlichen Instruments zugleich beschädigt, was ein weiteres Argument für zusätzlichen Dirigismus und zusätzliche Subventionen liefert. Ein gehöriger Teil dieser Subventionen wiederum wird über steigende Inflation einfach in Rauch aufgehen und weitere Subventionen zur Verhinderung sozialer Schieflagen provozieren. Usw. usf.

Und dann beschwert Habeck sich darüber, dass der marktwirtschaftliche Mechanismus nicht richtig funktioniert, obwohl er genau diesen Zustand selbst herbeigeführt hat. Das von Habeck jüngst im Plenarsaal entworfene Horrorszenario entpuppt sich als eine sich selbst erfüllende Prophezeiung.

Anzeige