Minister im Bundeswehrparka - Behördenchefs oder Volksvertreter?

Wenn Verteidigungsminister Boris Pistorius sich in Militärkleidung ablichten lässt, will er damit signalisieren, dass er etwas vom Fach versteht. Dem liegt jedoch ein Missverständnis über die Funktion von Bundesministern zugrunde.

Der Verteidigungsminister ist Zivilist, und das sollte man ihm auch ansehen: Boris Pistorius in Bundeswehr-Kluft / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Jörg Phil Friedrich ist Philosoph, Publizist und Unternehmer. Er studierte Physik, Meteorologie und später Philosophie und schreibt über Fragen aus Wissenschaft, Religion und Politik. Zuletzt erschien sein Buch „Degenerierte Vernunft - Künstliche Intelligenz und die Natur des Denkens“. Seit 1994 ist er Geschäftsführer eines Softwarehauses in Münster.

So erreichen Sie Jörg Phil Friedrich:

Anzeige

Die frühere Verteidigungsministerin wurde wegen ihrer unpraktischen Kleidung bei Truppenbesuchen in den sozialen Medien und wohl auch an manchem Abendbrot- und Stammtisch verhöhnt und belächelt. Ihr Nachfolger, schon in Statur und Habitus ein „ganzer Mann“, lässt sich hingegen gern im aktuellen Bundeswehrparka ablichten. Zwar ohne Dienstgradabzeichen, aber doch uniformiert. Es soll wohl sagen: Ich bin einer von euch, ich stehe auf der Seite der Soldaten und Offiziere. Schließlich gäbe es auch geländetaugliche Kleidung ohne Flecktarn-Design. 

In der Bevölkerung gibt es dafür große Zustimmung. Boris Pistorius ist mit Abstand der beliebteste unter den Leuten, die Spitzenpositionen in der Politik vertreten. Zeigt er doch in seinem Auftreten bis hin zur Kleidung, dass er vom Fach ist, dass er was von der Sache versteht und mithin ein geeigneter Chef für die ganze Behörde namens Bundeswehr ist. 

Eine Ministerin ist keine Managerin

Dem liegt allerdings ein Missverständnis darüber zugrunde, welche Funktion die politischen Führungskräfte in den Ministerien haben sollen. Dieses Missverständnis begegnet einem auch in Diskussionen darüber, ob denn diese Ministerin oder jener Staatssekretär je durch Studium oder Arbeit Fachkenntnisse in dem Bereich erworben habe, für den das Ministerium verantwortlich ist, das von diesen Personen geleitet wird. 

 

Das könnte Sie auch interessieren:

 

Eine Ministerin ist aber keine Managerin, keine Führungskraft wie eine Unternehmenschefin. Sie befindet sich mit ihren politischen Staatssekretären an der Schnittstelle zwischen Volksvertretung und Behörde – und sie ist an dieser Stelle in der Exekutive die Vertreterin und Bevollmächtigte des Parlaments. Unser politisches Spitzenpersonal steht an dieser Stelle auf der Seite der Politik, und damit auf der Seite des Parlaments, in dessen Auftrag es handelt. Seine Aufgabe ist es, die politischen Entscheidungen, die im parlamentarischen Prozess, in den Ausschüssen und im Kabinett getroffen werden, in den Ministerien umzusetzen und durchzusetzen. 

Minister bleiben Ausführungsorgan des Parlaments

Für die fachliche Leitung der Arbeit der Bundesbehörden, seien es die Ministerien, die Verwaltungen auf Bundesebene, die Bundespolizei oder die Bundeswehr, gibt es Spitzenbeamte, Generäle, die beamteten Staatssekretäre und die Leiter von Bundesämtern. Generäle tragen Uniformen und haben eine militärische Laufbahn absolviert, die sie an diese Stelle gebracht haben, so wie etwa die Präsidentin des Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand, promovierte Wirtschaftswissenschaftlerin ist und seit über 20 Jahren in der Behörde Karriere gemacht hat, die sie nun leitet. 

Die Staatstheorie unterscheidet aus gutem Grund nicht nur Legislative und Exekutive, sondern innerhalb der Exekutive die Regierung (die sogenannten Gubernative)  von der öffentlichen Verwaltung, der Administrative. Wer als Politiker an der Spitze eines Ministeriums steht, bleibt Politiker, bleibt als Teil der Regierung Ausführungsorgan des Parlaments und letztlich der Wähler. Das sollte auch der Verteidigungsminister nicht vergessen. In einer zivilen Demokratie sind Verteidigungsminister für gewöhnlich Zivilisten, und es ist gut, wenn man ihnen das auch ansieht. 

Anzeige