Klatsche für die CDU, Triumph für die SPD - Die Signalwirkung dieser Wahl ist größer als das Saarland

Während die SPD bei der Landtagswahl im Saarland auf deutlich über 40 Prozent kommt, muss die CDU, lange Jahre stärkste Kraft im kleinsten Bundesland, zweistellige Verluste hinnehmen. Es ist ein Wahlergebnis, das auch im Berliner Konrad-Adenauer-Haus für Depression sorgen dürfte. Denn nach dem Machtwechsel an Partei- und Fraktionsspitze kann sich da noch keine Aufbruchsstimmung hineindeuten lassen.

CDU-Anhänger nach den ersten Prognosen zur Saarlandwahl / dpa
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Autoreninfo

Volker Resing leitet das Ressort Berliner Republik bei Cicero. Er ist Spezialist für Kirchenfragen und für die Unionsparteien. Von ihm erschien im Herder-Verlag „Die Kanzlermaschine – Wie die CDU funktioniert“.

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Gründe wird es viele geben, aber Gründe sind die Pest. Sie werden an der Lage nichts ändern, gar nichts. Für die CDU ist die Saarland-Wahl eine derbe Klatsche, noch viel heftiger als befürchtet. Und für die SPD ist es ein großer Triumph, möglicherweise sogar einer mit Goldrand, wenn es für eine absolute Mehrheit reicht.

Natürlich ist es nur eine Landtagswahl, natürlich ist das ganze Land in Kriegssorge, das stärkt die Kanzlerpartei, natürlich hat Amtsinhaber Tobias Hans (CDU) sich unlängst unglücklich verhalten. Und schließlich hat die Sozialdemokratie auch mit Anke Rehlinger eine Spitzenkandidatin, die so perfekt in das Saarbrücker Staatskanzleichen passt, wie vielleicht nur Annegret Kramp-Karrenbauer vor ihr. Die Parteizugehörigkeit ist da nur zweitrangig, die Volksnähe ist gewiss viel entscheidender. Aber das ändert am großen Bild nichts, die Signalwirkung ist klar schwarz-weiß.

AKK stoppte den Scholz-Zug

Das Mini-Bundesland mit seinem ganz speziellen Charme führt ein Eigenleben. Natürlich lassen sich die Zahlen da nicht einfach hochrechnen. Nicht auf die Bundesebene, aber auch nicht auf die anstehenden Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein in wenigen Wochen. Und dennoch lässt sich eben nicht absehen von dem, was am westlichen Rand der Republik passiert.

Vor fünf Jahren stoppte AKK den Scholz-Zug, so besagt es die Politik-Legende. Damals begann eine Serie von Wahlen, die die CDU gewann und schließlich in der Niederlage von SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz bei der Bundestagswahl 2017 mündete. Mit ihrem fulminanten Sieg von 40,7 Prozent erarbeitete Kramp-Karrenbauer sich damals aber einen Nimbus, der sie sogar in die Spitze der Bundespartei und zur Nachfolgerin von Angela Merkel als CDU-Chefin führte. Welche Folgen also die Wahl heute im Saarland hat, abgesehen vom Regierungswechsel an der Saar, lässt sich bei weitem noch nicht sagen.

Selbstbewusstsein aus dem Saarland

Zunächst kann die Ampel-Regierung, die durch den Krieg in der Ukraine ins straucheln geraten ist, kurz durchatmen. Ihr Berliner Koalitionsvertrag ist in vielen Punkten Makulatur, manche Herzblutthemen erscheinen nur angesichts der Weltlage in einem anderen Licht, dem grellen Licht der Realität. Das wird nun auch die sozialdemokratische Heldin in Saarbrücken nicht ändern können. Doch die SPD wird insgesamt gewiss aus dem Ergebnis im Saarland auch in Berlin Selbstbewusstsein ziehen können.

Die Sozialdemokratie kann nicht nur im Bund gewinnen, sie ist auch in den Ländern wieder da. Das ist die Botschaft, die ziehen wird. Die Dauerkrise der SPD ist beendet, für die Wahlkämpfer an der Küste und am Rhein wird das schon ein ordentlicher Motivationsschub sein. Gründe gibt es immer, aber Gründ sind die Pest. Wichtig ist eben dann doch in der Politik die Stimmungslage.

Das Tal der Tränen für Merz

Und deswegen wird das Ergebnis der Saarlandwahl auch im Berliner Konrad-Adenauer-Haus für Depression sorgen. Zumindest wird sich keine Aufbruchsstimmung hineindeuten lassen, die nach dem Machtwechsel an Partei- und Fraktionsspitze so dringend nötig gewesen wäre. Für Friedrich Merz wird das Tal der Tränen noch länger sein.

Merz hat bislang weder die Parteizentrale noch die Fraktion grundlegend und bis auf die Arbeitsebene neu aufgestellt. Auch die Oppositionsrolle haben noch nicht alle angenommen, daran ändert auch seine fulminante Rede bei den Haushaltsberatungen nichts. Nun war die Niederlage an der Saar erwartet worden, aber sie wird nicht für ein Zusammenrücken sorgen. Vielmehr sind die Merz-Kritiker auf allen Ebenen noch wach – und werden ihm das Saar-Ergebnis vorhalten, ob begründet oder auch nicht. Die NRW-Wahl wird deswegen für die Neuaufstellung der CDU noch mal an Bedeutung gewinnen.

CDU weiter auf dem Rückzug

So klein das Saarland auch ist, es gab einen CDU-Ministerpräsidenten mehr, der auch die öffentliche Wahrnehmung prägen konnte, der in Talkshows saß – wenn auch vielleicht zu häufig für das Empfinden der bodenständigen Saarländer. Aber künftig wird die SPD hier nun eine neue Spitzenfrau präsentieren können. Das ist mehr Zugewinn als nur die eher unbedeutenden Stimmen im Bundesrat. Und die CDU ist weiter auf dem Rückzug. Das wird die prägende Wahrnehmung dieses 27. Februar sein.

 

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