Frauenquote in der CDU - Was haben wir zu verlieren?

In der CDU gibt es einige Männer, denen Parität nicht logisch erscheint. Das ist legitim. Doch ihre Argumente sind nicht ehrlich. CDU-Mitglied Nora Zabel fordert: Sagt doch einfach, dass Ihr keine Lust habt, 50 Prozent der Macht abzugeben.

Wahlwerbung der CDU Mecklenburg-Vorpommern: Die Debatte um die Frauenquote lässt sich nicht mehr totschweigen / dpa
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Autoreninfo

Nora Zabel ist 23 Jahre, CDU-Mitglied und Studentin der Philosophie und Politikwissenschaft an der Universität Rostock. Sie arbeitet zudem als Social-Media-Referentin in der CDU-Landtagsfraktion Mecklenburg-Vorpommern.

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In der Nacht vom 7. auf den 8. Juli 2020 arbeitet die Struktur- und Satzungskommission der CDU an einem Papier, in dem der Vorschlag gemacht wird, ab dem Jahr 2025 die Parteivorstände auf kommunaler wie auf Bundesebene verbindlich zur Hälfte mit Frauen zu besetzen

Einen Tag, nachdem dieses Papier mehrheitlich von der Satzungskommission beschlossen wurde, folgt ein Aufschrei in der CDU, der sogleich zu einem medialen Aufschrei wird, und einen parteiinternen Prozess in Gang setzt, in dem die CDU sich zu fragen beginnt, wer sie eigentlich ist und wer sie in Zukunft sein möchte.

Längst überfällig

Selten dürfte ein einfacher Vorschlag der Satzungskommission, der ohnehin noch von einem Parteitag verabschiedet werden muss, für so viel Wirbel gesorgt haben. 

Einige Mitglieder finden das derzeitige nominale Verhältnis von Mann und Frau in Ordnung und die ganze Debatte unnötig. Sie wollen sich lieber auf Sacharbeit vor Ort konzentrieren. Für andere ist die Frauenquote längst überfällig. Schließlich haben die Instrumente zur Frauengewinnung in den letzten 20 Jahren wenig bewirken können. Die niederschmetternde Bilanz: Der aktuelle Frauenanteil liegt bei 26 Prozent. 

Wie das Ganze auf dem Parteitag der CDU, der für den Dezember 2020 geplant ist, ausgehen könnte, ist völlig offen. Wird das Papier von den Delegierten, die selbstverständlich mehrheitlich von Männern gestellt werden, abgesegnet? Gibt es für die Mehrheit der Frauen und die progressiven Männer in der Partei ein Happy End oder doch wieder nur einen Cliffhanger, mit der Fortsetzung auf dem übernächsten Parteitag? 

Es lässt sich nicht mehr totschweigen

Doch eines ist sicher: Diese Debatte lässt sich im Jahr 2020 in einer Partei, die den Anspruch hat, das gesamte Volk in Parlamenten repräsentieren zu wollen, nicht mehr totschweigen. Zu groß ist der Druck der Öffentlichkeit. Zu groß das Verlangen der Frauen nach Gleichberechtigung.

Zu groß der Wunsch mancher Männer, uns Frauen nicht mehr „zum Jagen tragen zu müssen“. Und eben zu klug die Analyse, der in dieser Sache sonst so wortkargen Bundeskanzlerin: „Parität in allen Bereichen erscheint mir einfach logisch.“

Einfach keine Lust

Nun gibt es einige Männer in der Partei, denen Parität aus Gründen nicht logisch erscheint. Diese Meinung ist völlig legitim. Doch die Ausführungen dazu sind nicht ehrlich.  

Sagt doch einfach, dass Ihr genervt von der Debatte seid. Dass Ihr am liebsten noch ein paar leere Versprechen machen würdet, dass wir bei Gelegenheit nochmal brainstormen, wie man Frauenthemen in Zukunft stärker besetzen kann, bei denen wir es dann belassen, weil Ihr in Wirklichkeit einfach keine Lust darauf habt, 50 Prozent der Macht abzugeben. 

Das Argument zieht nicht mehr

Das wäre ehrlich, daran kann man arbeiten. Zusammen. Mann und Frau. Doch bitte schiebt auch hier nicht wieder uns Frauen den schwarzen Peter zu, indem ihr uns vermeintlich davor schützen wollt, als „Quotenfrau“ betitelt zu werden. D

Die Verteidigungsministerin und Vorsitzende der CDU, Annegret Kramp-Karrenbauer sagte vor einigen Tagen öffentlich, dass sie der Quote viel zu verdanken habe. Dass sie stolz sei, eine Quotenfrau zu sein. Das Argument, liebe Männer, zieht also nicht mehr. 

Die Bilanz kann sich sehen lassen

Und dann gibt es noch Frauen, die die Frauenquote für zu drastisch halten. Sie haben Angst, dass dadurch zu viele inkompetente Frauen nach oben gespült werden. Ich kann euch die Angst nicht nehmen, aber ich finde, die Bilanz der „inkompetenten Quotenfrauen“ kann sich sehen lassen, denn die Frauen, denen die Quote auf dem einen oder anderen Parteitag zugute kam, sind jetzt Bundeskanzlerin, Verteidigungsministerin und EU-Kommissionspräsidentin. 

Erstere hat erst vor ein paar Monaten vielen Menschen in unserem Land das Leben gerettet, zweitere sorgt jeden Tag dafür, dass wir sicher in Deutschland leben können, und letztere will buchstäblich mit dem von ihr initiierten „green deal“ die Welt retten und sorgt nebenbei dafür, dass auch unsere Kinder und Enkel diese noch so vorfinden. 

Was haben wir zu verlieren? 

Und jetzt einmal umgekehrt betrachtet: Was hätte die CDU mit der Frauenquote zu verlieren? Frauen sicher nicht. Männer? Wohl kaum. Qualität? Im Zweifel wird ein mittelmäßiger Mann durch eine mittelmäßige Frau ersetzt. 

Das schlimmste, was der Partei also passieren könnte, ist, dass sie für Frauen attraktiver wird. 

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