Junge Union zur Europawahl - „Danke für nichts!“

Nur 28,9 Prozent holten CDU und CSU am Sonntag bei der Europawahl. Die CDU-Führung macht für das schlechte Ergebnis auch ihre Jugendorganisation verantwortlich. Hier nimmt ein Mitglied der Jungen Union Stellung zu den Vorwürfen

Ursula von der Leyen und AKK: Ziele erreicht? / picture alliance
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Thorben Meier, Jahrgang 1987, ist Mitglied der Jungen Union und der CDU in Nordrhein-Westfalen.

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Wer am Sonntag als einfaches Mitglied von CDU und Junge Union (JU) die Reaktionen aus der CDU auf das Wahlergebnis verfolgte, dürfte einigermaßen überrascht gewesen sein: Ursula von der Leyen und Annegret Kramp-Karrenbauer redeten davon, man habe „Ziele erreicht“. Klar, es gab auch Zähneknirschen, aber eine Botschaft blieb beim Zuschauer hängen: „Wir haben irgendwie gewonnen!“ Es gibt selten Anlässe, sich als einfaches Mitglied einer Partei so weit entfernt von der Führung zu fühlen, wie nach einer solchen Klatsche und solchen Reaktionen. Ich war: fassungslos!

Wer zu diesem Zeitpunkt dachte, schlimmer könne es nicht mehr gehen, der wurde spätestens am Montagmorgen eines besseren belehrt: Laut einer internen Analyse der CDU-Parteizentrale sei – neben einer Handvoll anderer Faktoren – vor allem ein „vermeintlicher Rechtsruck der Jungen Union“ Schuld am Wahlergebnis. Mit anderen Worten: Die Junge Union hat es verbockt. So etwas ist dann doch bemerkenswert.

Zurück zu den bürgerlichen Kernthemen

Ich kenne viele JU-ler, die in den vergangenen Wochen und Monaten fast täglich für diese Partei im Wahlkampf unterwegs waren. An Wahlständen, in Fußgängerzonen, in Sitzungen und, und, und. Die mit Bürgern gesprochen haben, deren Frust abbekamen – und sich dennoch immer weiter eingesetzt haben: für diese Partei und ihre Idee von Europa. Leute, die das nicht für Posten oder Ämter tun, sondern aus Überzeugung und Pflichtbewusstsein. Weil ihnen Europa und diese Partei wirklich etwas bedeuten.

Und dann dieser „vermeintliche Rechtsruck“ – was für ein seltsamer Blick auf die Dinge. Ja, die JU ist inhaltlicher Motor unserer Partei. Aber dabei geht es nie um einen „Rechtsruck“, sondern darum, sich den eigenen, zutiefst bürgerlichen Kernthemen wieder stärker zu widmen. Wenn man in den zurückliegenden Jahren sehr viele Schritte nach links gegangen ist, dann sind ein paar deutliche Schritte hin zu unseren Wurzeln ganz sicher kein „Rechtsruck“, sondern eine gebotene, maßvolle Kurskorrektur. Und dafür steht auch unser neuer Bundesvorsitzender, der – in meinen Augen – einen wirklich guten Job macht.

Angesichts dieses Engagements vieler JU-ler und der inhaltlichen Akzente dürften viele, als sie von der Analyse aus der Parteizentrale hörten, gedacht haben: „Danke für nichts!“

Der direkte Draht zum Nachwuchs fehlt

Dabei war es vor allem die Parteiführung, die in den vergangenen Tagen agierte, als sei „dieses Internet“ ein Trend, der quasi über Nacht aus Kalifornien zu uns herübergeschwappt wäre. Man wartete ja fast auf den Hinweis, das alles würde sich „eh nicht durchsetzen“. Doch plötzlich war es da, und niemand war drauf vorbereitet. Ein YouTube-Video mit Millionen Klicks, und die Antwort der CDU? Eine 11-seitige pdf-Datei! Wahnsinn. Eigentlich war man fast froh, dass die pdf-Datei nicht auch noch ausgedruckt und gefaxt wurde. Viele in der JU waren schlichtweg fassungslos.

Für mich ganz persönlich zeigt sich darin mehr als ein bloßes Augenblicksversagen, sondern ein grundsätzliches Problem: Eine Sprachlosigkeit in der Parteiführung angesichts völlig neuer Kommunikation und politischer Meinungsbildung. Und anstatt da auf die JU zu hören, macht man lieber: nichts. Oder sogar besser: Man gibt der JU noch eine Mitschuld. Naja. Dabei wäre es doch ein leichtes, wenn die Partei den Nachwuchs viel stärker einbinden würde. Keine teuren Workshops und Grafiken mit irgendwelchen hippen Berliner Werbeagenturen oder Meinungsforschern, sondern der direkte Draht zum eigenen Nachwuchs, der doch Teil dieser jungen Generation ist. Die können das. Man muss ihnen nur besser zuhören. Das wäre ein echter Neuanfang.

Von Sebastian Kurz lernen

Leider scheint man das in Berlin noch immer anders zu sehen: Zwar hat sich die Parteivorsitzende – gottseidank – von der These, die JU sei schuld, distanziert. Aber nun hört man stattdessen, man wolle jetzt grüne Themen stärker besetzen. Ansonsten – so jedenfalls der Eindruck – solle alles beim alten bleiben. Mehr grüne Themen also? Obwohl doch jeder weiß, dass der Wähler am Ende das Original wählt. Für mich wäre dieses Kopieren grüner Themen kontraproduktiv und das genaue Gegenteil von „Wir haben verstanden“.

Dass man mit einer starken Einbindung der Parteijugend und einem strikt bürgerlichen Kurs, einer Besinnung auf die eigenen Wurzeln, sehr wohl Wahlen gewinnen kann, das zeigt dieser Tage einer: Sebastian Kurz mit der ÖVP. Die haben am Sonntag das beste Ergebnis aller Zeiten bei einer Europawahl eingefahren. Da können wir noch viel von lernen.

 

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