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Der konservative Aufsteiger

Der Berichterstatter des Zweiten Senats, Udo Di Fabio, ist ein ungewöhnlicher Mann: Sein Großvater, Nachfahre verarmten Landadels aus den Abruzzen, kommt 1920 als Stahlarbeiter ins Ruhrgebiet, sein Vater wird Bergmann, Udo kommt 1954 in Walsum zur Welt. Vorgesehen war die spätere Karriere als jüngster Richter am Bundesverfassungsgericht („das erste Gastarbeiterkind“, wie seinerzeit eine Zeitung hervorhob) sicherlich nicht. Denn der Grundschule folgte lediglich die Realschule, dem ZehnKlassen-Abschluss eine Ausbildung bei der Stadt Dinslaken – zum Verwaltungsbeamten im Mittleren Dienst. Zu einem Zeitpunkt, an dem andere Lebensläufe enden, startet der Stadthauptsekretär Di Fabio, inzwischen 24-jährig, noch einmal durch: Nach erfolgreich besuchtem Abendgymnasium studiert er Rechtswissenschaften in Bochum und Soziologie in Duisburg, letztere bei Niklas Luhmann. Anschließend promoviert er in beiden Fächern und krönt diese umfassende Ausbildung mit der juristischen Habilitation in Bonn bei Staatsrechtler Fritz Ossenbühl. Thema: Risikoentscheidungen im Rechtsstaat. Als Professor lehrt Di Fabio Öffentliches Recht in Münster, Trier und München, bis ihn 1999 – gerade 45 Jahre alt! – auf Vorschlag von CDU/CSU der Ruf an das höchste deutsche Verfassungsgericht ereilt. Seit 2003 leitet Di Fabio zudem das Institut für Öffentliches Recht, Abteilung Staatsrecht, an der Universität Bonn. Wer den 51-Jährigen mit dem grauen Dreitagebart für einen Parteigänger oder für in diesem Sinne berechenbar hält, macht sich die Beurteilung von Di Fabio zu einfach: Bei den Verhandlungen um einen Europäischen Haftbefehl – es ging um die mögliche Auslieferung von Deutschen – nahm der forsche Richter den CDU-Bundestagsabgeordneten Siegfried Kauder ebenso ins Verhör wie den Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Ströbele. Und bereits 1997 – vor der Berufung ins Richteramt – vertrat er die SPD-Bundestagsfraktion in Karlsruhe, die Helmut Kohl vor den damaligen Plutonium-Untersuchungsausschuss laden lassen wollte. „Ich will die Institutionen erhalten, die der Gesellschaft ihre Form geben. In diesem Sinne bin ich konservativ“, sagt Udo Di Fabio. Und betont dabei, dass er parteilos „zwischen den drei großen Richtungen“ stehe: Vom Konservativismus habe er den Respekt vor Ehe, Familie, Staat und den Medien; von der Sozialdemokratie das Eintreten für Chancengleichheit; und von den Liberalen die Betonung von Leistung, Wettbewerb und Markt. Welche Priorität Di Fabio der Familie als Keimzelle der Gesellschaft einräumt, davon zeugen neben seinem Bekenntnis im jüngsten Buch „Die Kultur der Freiheit“ wohl vor allem seine vier Kinder.

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