Am 14. Mai ist Muttertag - Für „Feminist:innen (m/w/d)“ ein einziges Ärgernis 

Trotz aller Kritik im Namen der „Diversität“: Der Muttertag ist beliebt wie eh und je. Doch ausgerechnet eine katholische Kita verbietet ihren Kindern nun, den Eltern zum Mutter- und Vatertag Geschenke zu basteln – denn das sei diskriminierend.

Blumensträuße in einem Blumengeschäft / picture alliance
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Dr. Hugo Müller-Vogg arbeitet als Publizist in Berlin. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher zu politischen und wirtschaftlichen Fragen, darunter einen Interviewband mit Angela Merkel. Der gebürtige Mannheimer war von 1988 bis 2001 Mitherausgeber der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

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Am Sonntag ist Muttertag. Um einem weit verbreiteten Unsinn gleich vorzubeugen: Nein, den haben nicht die Nazis eingeführt; sie haben ihn nur missbraucht. US-Präsident Woodrow Wilson hatte den zweiten Sonntag im Mai schon 1914 zum Ehrentag für Mütter ausgerufen. In Deutschland wird er seit 1923 begangen, stark gefördert von Floristen, von Süßwarenherstellern, Parfümerien und Schmuckanbietern.   

Nicht ganz so alt wie dieser Festtag ist die Debatte darüber, ob er noch zeitgemäß ist. Nicht zuletzt von Feministinnen wird schon seit langem moniert, mit diesem Tag würden Frauen mit Kindern auf ihre Rolle als Hausmütterchen reduziert und folglich diskriminiert. Die entsprechenden „Expert:innen“ tragen ihre Bedenken Jahr für Jahr vor.  

In dieser Beziehung erleben wir in diesem Jahr keine Zeitenwende. Rechtzeitig zum 14. Mai hat der Familien- und Bildungsforscher Wassilios Fthenakis für die Abschaffung dieses Tages plädiert: „Ich glaube, dass wir den Muttertag umwidmen sollten in einen Elterntag. Sonst schieben wir der Mutter eine Verantwortung zu, die sie allein nicht wahrnehmen kann und auch nicht wahrnimmt.“ Auch baue der Muttertag „Druck auf Frauen auf, die tagsüber keine Zeit haben, sich um die Kinder zu kümmern“. Mit dem Muttertag diktiere die Gesellschaft der Frau, wie sie zu sein habe. 

Mutter/Vater/Kind nicht mehr die Norm?

Nun ist es ja keineswegs so, dass der Muttertag in allen Familien begangen wird. Viele Mütter genießen es, wenn ihre Arbeit in und für die Familie einmal im Jahr besonders gewürdigt wird. Viele jüngere Frauen legen auf diese Art von Dankbarkeit hingegen keinen Wert. Gleichwohl steigt der Umsatz in Blumengeschäften am Samstag vor dem Muttertag deutlich an. Und die Tankstellen decken sich vorsorglich ebenfalls mit Blumen ein. Auch ist in Altenheimen zu beobachten, dass die Bewohnerinnen am Muttertag so viel Besuch bekommen wie allenfalls noch an Weihnachten.  

Ob und wie der Muttertag begangen wird, hängt vielfach davon ab, welche Erinnerungen die Eltern von heute an die Zeiten haben, als sie ihren Müttern Blumen oder Bastelarbeiten schenkten und ein Gedicht vortrugen. Mancher Brauch wird in vielen Familien vererbt. In anderen wiederum wird mit solchen Traditionen bewusst gebrochen. Sei’s drum. Schließlich muss am Muttertag niemand seiner Mutter besondere Aufmerksamkeit zuteilwerden lassen. „Jeder nach seiner Façon“ ist das einzig richtige Prinzip.
 

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Doch bekanntlich heißt deutsch sein, „eine Sache um ihrer selbst willen tun“. Das dachte sich auch das Kita-Team einer Katholischen Kindertagesstätte in Mittelhessen. Das hat nämlich den Eltern der anvertrauten Kleinen per Brief mitgeteilt, was es vom Muttertag hält – nämlich nichts. Und der Vatertag wird gleich mitverdammt. So wird den Eltern mitgeteilt, dass „ab diesem Jahr keine Geschenke mehr mit Ihren Kindern“ gebastelt würden. Dem Brief zufolge wurden in früheren Jahren von den Kindern „stereotypische Geschenke angefertigt“, zum Beispiel „Blumen für die Mutter und Werkzeug für den Vater“. Man braucht allerdings schon viel Phantasie, um sich vorzustellen, wie die lieben Kleinen Werkzeuge „angefertigt“ haben.  

Keine Bastelarbeiten mehr für den Mutter- und Vatertag, das hat in dieser katholischen Einrichtung natürlich einen tieferen Sinn. „In der heutigen Zeit, in der die Diversität einen immer höheren Stellenwert erhält, möchten wir diese vorleben und keinen Menschen ausschließen.“ Geschenke zum Mutter- und Vatertag seien „vielleicht für viele Mütter und Väter eine tolle Geste“ – aber auch diskriminierend. Denn sie würden einen Teil der Gesellschaft ausschließen, behauptet das Kita-Team. „Außerdem ist die Konstellation Mutter/Vater/Kind nicht mehr die Norm in heutigen Familien.“  

Der Einzelhandel rechnet mit einem zusätzlichem Muttertagsumsatz von 973 Millionen Euro

Da fragt man sich unwillkürlich, wer hier diskriminiert oder ausgeschlossen wird, wenn Kinder der Mutter oder dem Vater etwas schenken. Auch die Kinder von Alleinerziehenden haben Mütter und Väter. Bei einem lesbischen Paar wiederum erledigt sich die Frage nach dem Vatertag von selbst, sofern man den Samenspender nicht irgendwie einbeziehen will.  

Aufhorchen lässt indes, dass die Konstellation Mutter/Vater/Kind ausgerechnet in Mittelhessen nicht mehr die Norm sein soll. Oder sollten die kleinen Besucher dieser Kita mehrheitlich bei homosexuellen Paaren leben, in denen beide Elternteile entweder männlich oder weiblich sind? Das müsste doch „Familienforscher“ in großer Zahl in den Kreis Marburg-Biedenkopf locken, um dieses Phänomen gründlichst zu erforschen. Wo sonst sind Familien mit homosexuellen Elternpaaren „die Norm“, wie das Kita-Team suggeriert?  

Was immer diese „Erzieher:innen (m/w/d)“ und andere „Fortschrittliche“ am Muttertag zu kritisieren haben: Der Muttertag „lebt“ sehr wohl. Nach Angaben des Handelsverbands Deutschland (HDE) rechnet der Einzelhandel mit einem zusätzlichem Muttertagsumsatz von 973 Millionen Euro. Das Argument, mit diesen Ausgaben versuchten nicht wenige erwachsene Söhne und Töchter, ihr schlechtes Gewissen gegenüber der eigenen Mutter zu beruhigen, ist nicht aus der Luft gegriffen. Doch ist es nicht besser, wenigstens einmal im Jahr der eigenen Mutter seine Dankbarkeit zu zeigen als gar nicht?  

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