Die AfD und ihr „Flügel“ - Jörg Meuthen, der nächste Lucke

Jörg Meuthen will den „Flügel“ der AfD um Andreas Kalbitz und Björn Höcke abtrennen. Das geht aber gar nicht. Vorher trennt sich die Partei von ihrem Vorsitzenden.

Winkt Jörg Meuthen bald zum Abschied? / dpa
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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In diesen Tagen lernen wir alle viel über Infektionen und wie der Körper mit ihnen umgeht. Dieses neue oder aufgefrischte Wissen hilft auch zu begreifen, was sich im Parteikörper der AfD gerade abspielt. Parteichef Jörg Meuthen hat eine Trennung oder Abspaltung des rechtsextremistischen „Flügels“ um Björn Höcke und Andreas Kalbitz ins Spiel gebracht. Was erstmal ein recht drolliger Vorgang ist, denn zu einer Trennung gehört immer einer, der auch bereit ist, sich zu trennen. Meuthen könnte ersuchen, den „Flügel“ oder Flügelleute der Partei mit einem Ausschlussverfahren loszuwerden. Aber aktiv trennen oder abspalten müssten sich beide schon selbst. Und die denken gar nicht daran.

Warum Gauland recht hat - und schuld ist

Insofern hat der Fraktionschef und Ehrenvorsitzende der Partei, Alexander Gauland schon recht, wenn er Meuthens Vorstoß politisch naiv nennt. Gauland ist aber auch genau derjenige, der daran schuld ist, dass die Partei vom Höckismus schwerst Infiziert ist. Er hat eben nicht in einem frühen Stadium gegen diese Infiltration angearbeitet, sondern Höcke unterstützt, dessen Rassenlehren verteidigt und sogar zur Mitte der Partei erklärt.

Weil er betrunken davon war, wie die AfD unter dem Zutun der Bräunlinge immer mehr Zulauf bekam und in immer höhere Sphären der Umfragen und Wahlen vorstieß. Man kann Gaulands Tun nur so deuten: Ihm ist jedes Mittel recht, seiner ehemaligen politischen Heimat, der CDU so weh wie möglich zu tun. 

Infekt, der nicht im Rachen blieb

Und so breitete sich das, was sich „Flügel“ nennt, immer weiter aus in der Partei. Blieb nicht im Rachen hängen, sondern drang in die Lungenflügel der Partei vor. Meuthen darf man zugutehalten, dass er mit diesem Kurs immer haderte. Aber man muss ihm auch vorwerfen, dass er zu schwach war, das zu unterbinden. 

Nun sieht er mehr Schaden in der bürgerlichen Klientel als Nutzen im Rechtsaußen-Spektrum. Was wahrscheinlich sogar stimmt. Und will Höcke und Co. deshalb abflanschen. Dazu ist es aber zu spät. Das hätte man in einem frühen Infektionsstadium machen müssen. Jetzt sitzen solche Leute überall und geben Meuthen Zunder für seinen aus der Verzweiflung geborenen Vorstoß. 

Der Kurs und die Entwicklung der AfD sind seit Jahren ganz offenkundig. Mit jedem Vorsitzendenwechsel rückte die Partei mehr nach rechts. Von Bernd Lucke über Frauke Petry zu Jörg Meuthen. Und wenn Parteipatriarch Gauland Meuthen nicht noch beispringt, wonach es genau nicht aussieht, dann ist klar, wer als nächstes von der AfD abgestoßen werden wird wie ein Fremdkörper. Kleiner Tipp: Höcke wird es nicht sein.   

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