Umbenennung von US-Stützpunkten - Konföderierte haben ausgedient

Die Umbenennung von Stützpunkten der US-Armee ist in den USA zu einem hitzigen Diskussionsthema geworden. Im Mittelpunkt der Debatte stehen Stützpunkte, die nach Konföderierten benannt sind und mit einem dunklen Kapitel der amerikanischen Geschichte in Verbindung gebracht werden.

Mit einer militärischen Zeremonie wird das ehemalige Fort Bragg zu Fort Liberty umbenannt / picture alliance
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Autoreninfo

Lisa Davidson ist Journalistin, freie Autorin und Podcast-Host. Sie lebt in Virginia, USA. 

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Auf ihr Militär lassen die Amerikaner normalerweise nichts kommen. Wer an den tief in der Nation verankerten Patriotismus denkt, wird sich auch nicht wundern, dass es nach Angaben des Pentagon und des Military Analysis Network in den Vereinigten Staaten mittlerweile knapp 500 Militärstützpunkte gibt. Doch nun macht der progressive Zeitgeist selbst vor den einst heiligen Army-Stützpunkten nicht Halt. Die Debatte dreht sich dabei nicht um die Einrichtungen an sich, sondern um die umstrittenen Namen einiger Stützpunkte, die mit modernen Werten nicht mehr unter einen Hut gebracht werden können. 

Zahlreiche Militärstützpunkte waren während des Ersten und Zweiten Weltkriegs nach Persönlichkeiten des konföderierten Militärs aus der Zeit des amerikanischen Bürgerkriegs benannt. Im Gespräch mit CBS News erklärte Nina Silber, Historikerin an der Boston University, dies sei damals Teil einer Versöhnungsdemonstration mit weißen Südstaatlern gewesen, um in einer Zeit der Not einen gestärkten Gemeinschaftssinn zu kreieren und den Patriotismus zu unterstützen. Diese Praxis schürte die Diskussion an, dass die Namen der Stützpunkte Personen ehrten, die mit Sklaverei, Rassismus oder Unterdrückung in Verbindung gebracht werden und den damit verbundenen Ideologien eine öffentliche Plattform boten.

Welche Bedeutung steckt hinter den Namen der US-Militäranlagen?

Lokale Gemeinschaften waren damals Teil des ursprünglichen Namensgebungsprozesses. Die schwarze Bevölkerung wurde hingegen von den Gesprächen ausgeschlossen. Zahlreiche Stützpunkte wurden zudem nach Soldaten benannt, die in der Nähe geboren oder aufgewachsen waren, unabhängig davon, wie gut sie ihre Aufgaben erfüllten. 

So gab es auch Anlagen, die nach weniger anerkannten Persönlichkeiten benannt wurden. Ein Beispiel hierfür ist Fort Bragg. Der Stützpunkt in North Carolina wurde ursprünglich 1918 nach General Braxton Bragg benannt, einem General der Konföderierten aus Warrenton, North Carolina, der dafür bekannt war, selbst Sklaven zu besitzen und wichtige Schlachten des Bürgerkriegs zu verlieren, was letztlich zum Untergang der Konföderation beitrug. Mittlerweile wurde der Stützpunkt, der, gemessen an der Einwohnerzahl, zu den größten Militäranlagen der Welt zählt, in Fort Liberty umbenannt. Die Kosten hierfür belaufen sich laut einem Kommissionsbericht auf etwa 6,37 Millionen Dollar.

Proteste rückten Army-Stützpunkte in den Mittelpunkt der Rassismusdebatte

Doch woher kam der plötzliche Sinneswandel? Die geplanten Namensänderungen waren Teil einer breit angelegten Initiative des US-Verteidigungsministeriums, die durch die Black-Lives-Matter-Proteste für George Floyd im Jahr 2020 motiviert waren. Die Demonstrationen, die nach der Tötung Floyds durch einen weißen Polizisten landesweit ausbrachen, und die laufenden Bemühungen um die Entfernung von Konföderierten-Denkmälern rückten die strittigen Armeeeinrichtungen in den Fokus der nationalen Debatte.

 

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Eine vom Kongress eingesetzte Kommission zur Namensgebung beschloss, dass insgesamt neun Armeeanlagen umbenannt werden sollen. Der Verteidigungsminister ist gesetzlich verpflichtet, die von der Benennungskommission vorgeschlagenen Änderungen bis zum 1. Januar 2024 umzusetzen – und der Wandel ist in vollem Gang.

Neubewertung der nationalen Identität

Deutlich wird, dass die Bewegung zur Umbenennung Teil einer größeren nationalen Diskussion über Identität, Integration und Repräsentation ist. Da sich selbst die häufig so konservative und traditionelle amerikanische Gesellschaft weiterentwickelt, ist es unumgänglich, auch nationale Symbole und einstige Ikonen neu zu bewerten. Zudem zielt die Umbenennungsinitiative darauf ab, Inklusivität und Werte wie Gleichheit, Gerechtigkeit und Respekt innerhalb des Militärs zu fördern und ein integrativeres und repräsentativeres Umfeld zu schaffen, das sowohl mit den Werten und Grundsätzen der US-Army als auch mit denen der gesamten Nation in Einklang stehen kann. 

Die Gesellschaft ist gemischter Meinung

Die Entscheidung, die Stützpunkte umzubenennen, wird allerdings nicht von allen begeistert aufgenommen. Kritiker argumentieren beispielsweise, die Umbenennung sei ein Versuch, die Geschichte umzuschreiben. Zudem lösche die Umbenennung die historische Bedeutung und Tradition der Stützpunkte aus. Kritiker stellen auch die Praktikabilität und die Kosten des Umbenennungsprozesses infrage und argumentieren, dass die Ressourcen für andere militärische Prioritäten besser eingesetzt werden könnten.

Lokale Gemeinschaften sind hingegen häufig nicht mit den neuen Namen zufrieden, wie es beispielsweise im ehemaligen Fort Hood in Texas der Fall ist. Die laut Angaben der US Army größte und am dichtesten besiedelte US-Militäranlage der Welt wurde kürzlich in Fort Cavazos umbenannt. Der neue Name erinnert an General Richard Edward Cavazos, einem Veteranen des Korea- und Vietnamkriegs, der als Sohn mexikanisch-amerikanischer Eltern in Texas geboren wurde. Im Jahr 1982 war er der erste Hispanoamerikaner, der vier Sterne auf seiner Uniform trug. Cavazos war nach Angaben der Army für seine Führungsqualitäten und als Mentor zahlreicher Armeekommandeure bekannt. Zahlreiche Bürger haben laut lokalen Medien den neuen Namen aufgrund seines spanischen Ursprungs kritisiert, da dieser schlichtweg schwer auszusprechen sei.

Wandel benötigt mehr als neue Namen 

Die Umbenennung der Stützpunkte der US-Army ist ein deutliches Zeichen für das Engagement der Nation, sich mit ihrer Geschichte auseinanderzusetzen und eine integrative Zukunft zu fördern. Dennoch scheint der Prozess nur ein oberflächliches Produkt der politischen Korrektheit zu sein. Ironischerweise hatten die wenigsten Soldaten mit den ursprünglichen und öffentlich kritisierten Namen ein Problem oder wussten gar nicht über ihren strittigen Ursprung Bescheid. Das macht deutlich, dass es wichtiger ist, kontinuierliche Bemühungen der Vergangenheitsaufarbeitung zu fördern. Denn ein gesellschaftlicher Wandel benötigt mehr als neue Namen der Army-Stützpunkte.

Während die Umbenennung der Stützpunkte ein Symbol für Anerkennung und Fortschritt sein kann, bedarf es auch eines Bekenntnisses zur Notwendigkeit, sich mit historischen Wahrheiten fortwährend auseinanderzusetzen, um eine umfassendere nationale Identität zu erreichen. Nur mit solchen Schritten kann der Weg zu einer Gesellschaft, die sich für Gerechtigkeit, Gleichheit und Einheit einsetzt, geebnet werden. Und hierzu gehört zweifellos auch das Anerkennen einer weniger rosigen Vergangenheit.

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