Straße von Hormus - Das Duell der Saarländer

Heiko Maas und Annegret Kramp-Karrenbauer kennen sich noch gut aus Landes-Groko-Zeiten. In der Frage um eine deutsche Militärbeteiligung in der Straße von Hormus bremst der Außenminister die neue Verteigungsministerin nun aus – und macht Deutschland erneut zum Gespött in der Nato

Heiko Maas und Anngret Kramp-Karrenbauer unter Tage im Jahr 2012 / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Der CDU-Vorsitzenden und neuen deutschen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ist nach ihrem Antrittsbesuch bei Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg zum Vorwurf gemacht worden, sie spreche unzureichend Englisch. Dabei war die Sprache tatsächlich noch das geringste Problem. Viel peinlicher als ihr Übersetzungsstöpsel im Ohr war ihr Geeier zu einer möglichen deutschen Beteiligung an einer Militäroperation in der Straße von Hormus – zum Geleitschutz westlicher Tanker in diesem strategischen Engpass der weltweiten Ölversorgung.

Die Verteidigungsministerin tat so, als sei diese Frage noch offen. Dabei hatte der Außenminister der deutschen Bundesregierung eine Beteiligung längst abgelehnt. Dieses erste Duell der Saarländer hat der Mann in den engen Anzügen klar für sich entschieden. Maas und Kramp-Karrenbauer kennen sich noch aus gemeinsamen Groko-Zeiten in Deutschlands kleinstem Bundesland. Doch nun hat der einstige landespolitische Juniorpartner der Novizin im Verteidigungsministerium auf bundespolitischer Bühne empfindlichen Schaden zugefügt.

Folgenloses Geschwätz

Doch unter Kramp-Karrenbauers Niederlage leidet nun die ganze Bundesregierung, die über Tage mit gespaltener Zunge geredet hatte, und letztlich ganz Europa. Was hatte AKK nicht für große Worte in den Mund genommen bei ihrer ersten Regierungserklärung unmittelbar nach ihrer Vereidigung vor knapp zwei Wochen. Es gehe darum, Verantwortung zu übernehmen „im engen Schulterschluss mit unseren Partnern.“ Die Welt warte auf Europa, zitierte die neue Verteidigungsministerin ihre Vorgängerin, die neue EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen: „Und die Welt braucht Europa.“ Daher müsse Deutschland seine Armee „stark machen auch in handfesten militärischen Fähigkeiten.“ Als ein „Partner, der einen fairen Teil der Aufgaben schultert.“

Alles richtig. Aber leider folgenloses Geschwätz. Denn kurz nach diesen markigen Worten testete der neue britische Premierminister Boris Johnson die Belastbarkeit dieser deutschen Ansage. Ein Tanker der Briten ist in der Straße von Hormus von iranischen Revolutionsgarden festgesetzt worden. Die Briten sind unter akutem Handlungszwang und hatten sich an die europäischen Verbündeten Frankreich und Deutschland mit der Bitte gewandt, gemeinsam eine Art militärischen Geleitschutz für die westlichen Tankerflotten in der Meerenge zur Verfügung zu stellen.

Die deutsche Reaktion war wie immer: erst keine, dann widersprüchliche Aussagen, dann das Stopp-Schild von Heiko Maas, dann das Geeier von AKK bei der Nato. Verschanzt hatten sich die Deutschen, über die die Verbündeten nun wider die Augen rollen, hinter dem Umstand, dass sich Boris Johnson nach seiner europäischen Bitte und dem deutschen Schweigen an den amerikanischen Präsidenten gewandt hatte mit der nämlichen Bitte.

Deutschland steht blamiert da

Das gab der deutschen Bundesregierung, besonders dem eigenmächtig handelnden deutschen Außenminister, die Möglichkeit, die sozialdemokratische Antipathie gegen alles Militärische hinter dem Argument zu verstecken, dass man Donald Trumps Iran-Politik nicht teile und deshalb an dieser Mission nicht teilnehmen werde. Eine entsprechende Bitte der USA (die schon deshalb abermals eingeht, um Deutschland vor den Nato-Partnern erfolgreich und zu Recht vorzuführen) wurde wiederum abgelehnt.

Deutschland steht damit sicherheitspolitisch wieder einmal blamiert da. Die eigenen gültigen verteidigungspolitischen Richtlinien legen genau einen solchen Einsatz wie jenem in der Straße von Hormus aus Gründen der Versorgungssicherheit nahe. Eine positive Reaktion auf die Bitte des britischen Premiers hätte darüber hinaus einen doppelten Nutzen gehabt: Man hätte erstmals eine europäische Mission auf die Beine gestellt, die hätte zeigen können, dass es auch mal ohne die USA geht. Was in diesem Fall besonders wichtig gewesen wäre, weil Donald Trump mit dem Aufkündigen der (imperfekten, aber dennoch wichtigen) Atomvereinbarung mit dem Iran tatsächlich ein problematischer Partner für eine Militärmission in dieser Region ist. Europa, das immer sein Festhalten an der Vereinbarung betont hat, steht da ganz anders da.

Das Gerede von stabiler Partnerschaft

Zum anderen, und das wäre nicht minder wichtig gewesen, hätte Kontinentaleuropa dieses Seil von Boris Johnson, das er über den Kanal geworfen hatte in Form seiner Bitte, schon deshalb aufgreifen müssen, weil es in Zeiten eines real werdenden Brexit die britische Insel weiter mit dem europäischen Festland vertäut hätte.

Das Reden von einer weiter festen und stabilen Partnerschaft hätte einen ganz konkreten Beleg gehabt. So aber ist das ebenso Gerede um nicht zu sagen: Geschwätz wie jenes vom deutschen Partner, der angeblich einen fairen Teil der Aufgaben schultert.

Dieser Partner tut genau das eben wieder nicht.

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