Präsidentschaftswahl auf den Philippinen - Ferdinand Marcos: Ambitionierter Diktatorensohn

Ferdinand „Bongbong“ Marcos dürfte im Mai zum nächsten Präsidenten der Philippinen gewählt werden – und die brutale Linie des scheidenden Rodrigo Duterte fortführen. Der Sohn des gleichnamigen Diktators, der 1986 die Philippinen verlassen musste, gehört zu den populärsten Personen des Landes.

Ferdinand Marcos gilt als wahrscheinlichster Nachfolger von Rodrigo Duterte als Präsident der Philippinen / dpa
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Felix Lill ist als Journalist und Autor spezialisiert auf Ostasien.

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Was das für ein Mann sein muss! Fast immer schaut er freundlich in die Kameras, als würde er auch seine Gegner barmherzig lieben. Auf Social-Media-Plattformen wie Twitter gehört er mit fast einer Million Followern zu den populärsten Personen seines Landes. Er hat einen Abschluss an der renommierten Universität Oxford. Und trotz seiner 64 Jahre zeigt er sich als körperlich topfit. Es müssten also schon einige Überraschungen geschehen, damit Ferdinand Marcos junior diesen Mai nicht zum neuen Präsidenten der Philippinen gewählt wird. In Umfragen liegt Marcos, der sich selbst den freundlichen Spitznamen „Bongbong“ verpasst hat, denn auch mit deutlichem Abstand vorne.

Falls er die Wahl gewinnt, fände die brutale Politik von Rodrigo Duterte, der laut Verfassung nach einer sechsjährigen Legislatur aus dem Amt scheiden muss, quasi einen würdigen Nachfolger. 2016 hatte Duterte seine Wahl unter anderem mit der Ankündigung gewonnen, im Namen der öffentlichen Sicherheit Drogenabhängige erschießen zu lassen. Duterte machte das südostasiatische Land mit seinen 109 Millionen Einwohnern damit insofern sicherer, als dass die Kriminalitätsrate seither deutlich abgenommen hat. Allerdings wurden gleich in seinem ersten Amtsjahr fast ein Viertel mehr Menschen getötet als zuvor. Menschenrechtler schätzen die Zahl seither getöteter Personen auf rund 30.000.

Die Methode Bongbong

Laut Umfragen ist Duterte, der einst als kompromissloser Bürgermeister der südphilippinischen Stadt Davao bekannt wurde, weiterhin höchst populär. Immer wieder hat er sich zum authentischen Außenseiter gegenüber einer aus der Kolonialzeit stammenden Grundbesitzelite stilisiert. Während liberale Politiker rosige Statements über Menschenrechte und Demokratie abgeben, mache er sich im Dienst aller Filipinas und Filipinos die Hände schmutzig. Dabei sind die Hintergründe von Dutertes Beliebtheit zweifelhaft. Schon seinen Wahlsieg errang er mit einer Armee von Trollen und Influencern, die von Dutertes offenbar üppig finanziertem Wahlkampfteam bezahlt worden waren, um gefällige Nachrichten zu streuen und kritische zu untergraben, oft mit Drohungen und Shitstorms. Diese Methode hat Nachahmer gefunden: Politiker diverser Strömungen setzen heute auf die Arbeit von Trollen als moderne Multiplikatoren ihrer Botschaften. Und neben Duterte betreibt dies kaum jemand so aktiv wie Ferdinand Marcos.

Das könnte daran liegen, dass es der Sohn des gleichnamigen einstigen Diktators besonders nötig hat. Ferdi­nand Marcos senior regierte die Philippinen von 1965 bis 1986, verhängte bald nach seinem Wahlsieg das Kriegsrecht. Zehntausende Oppositionelle, Journalisten und Aktivisten wurden verhaftet oder getötet. Zudem bediente sich Familie Marcos in einer Höhe von Milliarden US-Dollar aus der Staatskasse.

Für die politische Karriere von Sohn Bongbong müssten dies eigentlich sehr schlechte Vorzeichen sein. Allerdings übt sich seine Familie seit Jahrzehnten in der Kreation von Alternativerzählungen. Zuletzt behauptete der nun kandidierende Marcos, dass sein Vater 1986 nicht durch Demokratieproteste und sich gegen ihn wendende Militärs aus dem Land gejagt worden sei, sondern einfach nicht willens gewesen wäre zu kämpfen. Hätte er gewollt, wäre er im Amt geblieben. Nicht wenige im Land glauben das. Ähnlich wie die anderen Falschinformationen, die über Marcos junior gestreut werden. So war er zwar an der Universität Oxford eingeschrieben, hat aber nie einen Abschluss erlangt. Laut der Onlineanalysefirma Sparktoro sind fast die Hälfte seiner Follower auf Twitter Fake-Accounts. 

Viel Fassade

Und auch seine Fitness ist zweifelhaft; zumindest ist der Junior immer mal krank, wenn es ihm passt: Als er in Oxford bei den Prüfungen durchfiel, führten Vertreter der Diktatorenfamilie gegenüber der Universität Asthma und Traumatisierungen an, um dem Spross doch noch so etwas wie einen Abschluss zu ermöglichen. Auch Anfang Januar war Bongbong plötzlich krank: Mehrere Petitionen haben insbesondere mit dem Verweis auf Marcos’ Steuerhinterziehung die Ungültigkeit von dessen Kandidatur gefordert. An einer Anhörung hierzu nahm Bongbong nicht teil; er könne vor Schmerzen nicht sprechen, hieß es.

Sollte Ferdinand Marcos junior, der über politische Inhalte erstaunlich wenig sagt, die Wahl gewinnen, wird wohl auch über die Vergangenheit wenig gesprochen werden. Der scheidende Präsident Duterte hat dem Ex-Diktator Marcos senior kurz nach seinem Wahlsieg eine verspätete Bestattung auf dem Heldenfriedhof in Manila beschert. 

Als Kandidatin für das Amt der Vizepräsidentin neben Marcos junior tritt übrigens Sara Duterte an, die Tochter von Präsident Rodrigo. Sollte das Duo erfolgreich sein, könnte es in sechs Jahren mit getauschten Rollen sogar erneut antreten.

 

Dieser Text stammt aus der Februar-Ausgabe des Cicero, die Sie jetzt am Kiosk oder direkt bei uns kaufen können.

 

 

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