Neues Gesetz im Irak - Todesstrafe für Kontakt zu Israelis

Das irakische Parlament hat ein Gesetz verabschiedet, das den Bürgern des Irak jeglichen Kontakt zu Israelis bei Todesstrafe verbietet. In der Tat sind Antisemitismus und Israelhass im Irak weit verbreitet - außer bei der kurdischen Minderheit. In der israelischen Öffentlichkeit findet das neue Gesetz indes nur wenig Beachtung.

Demonstranten feiern in Bagdad das neue Anti-Israel-Gesetz und dessen Initiator Muqtada Al-Sadr / dpa
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Mareike Enghusen berichtet als freie Journalistin über Politik, Wirtschaft und Gesellschaft im Nahen Osten, vornehmlich aus Israel, Jordanien und den Palästinensergebieten. Sie hat Politik- und Nahostwissenschaften studiert und ihre journalistische Ausbildung an der Henri-Nannen-Schule absolviert.

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Am Donnerstag vergangener Woche konnte das irakische Parlament einen seltenen, wenngleich zweifelhaften Erfolg für sich verbuchen: Mit satter Mehrheit verabschiedeten Abgeordnete verschiedener Parteien, die sich sonst auf wenig einigen können, ein Gesetz mit dem Titel „Normalisierung und Aufnahme von Beziehungen mit dem zionistischen Gebilde kriminalisieren“. 275 von 329 Volksvertretern stimmten dafür. Die Konsequenz: Irakischen Bürgern, die in irgendeiner Form Kontakte zu israelischen Personen oder Institutionen knüpfen, droht von nun an die Todesstrafe oder lebenslange Haft.

Eingebracht hatte den Gesetzesentwurf der schiitische Kleriker und Politiker Muqtada Al-Sadr, eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des Landes. 2003 hatte er die „Mahdi-Armee“ gegründet, die gegen die US-Truppen im Land kämpfte, bis sie 2008 offiziell aufgelöst und später als „Friedenskompanien“ neu aufgelegt wurde. Die Verabschiedung des Gesetzes pries Al-Sadr als „großartigen Erfolg“, den die Iraker auf der Straße feiern sollten. Hunderte ließen sich Medienberichten von seinem Aufruf leiten, versammelten sich im Zentrum Bagdads und riefen israelfeindliche Parolen.

Schon zuvor hatte der Irak den jüdischen Staat nicht anerkannt und seinen Bürgern das Reisen nach Israel verboten. Derart scharfe Strafen, wie das neue Gesetz sie vorsieht, gab es bisher jedoch nicht.

Das US-Außenministerium verurteilte die Maßnahme

Israelische und amerikanische Regierungsvertreter kritisierten den Schritt erwartungsgemäß heftig. „Das kann nicht ernstgemeint sein!“, kommentierte Tom Nides, US-Botschafter in Israel, einen Artikel über das Gesetz auf Twitter.

Auch das US-Außenministerium verurteilte die Maßnahme. „Diese Gesetzgebung gefährdet nicht nur die Meinungsfreiheit und fördert ein Umfeld des Antisemitismus, sondern steht auch in krassem Gegensatz zu den Fortschritten, die Iraks Nachbarn erzielt haben, indem sie Brücken gebaut und die Beziehungen zu Israel normalisiert und damit neue Möglichkeiten für Menschen in der gesamten Region geschaffen haben“, teilte dessen Sprecher Ned Price mit.

„Das ist ein Gesetz, das den Irak und das irakische Volk auf die falsche Seite der Geschichte stellt und von der Realität abkoppelt“, twitterte seinerseits der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Lior Haiat. „Die Veränderungen im Nahen Osten und die Friedens- und Normalisierungsabkommen zwischen Israel und arabischen Staaten, die den Menschen der Region Stabilität und Wohlstand bringen, sind die Zukunft des Nahen Ostens.“ Insgesamt fand das neue Gesetz in der israelischen Öffentlichkeit indes nur wenig Beachtung.

Die irakischen Kurden sind Israel gegenüber freundlicher eingestellt

Viele Iraker sind gegenüber Israel kritisch bis feindlich eingestellt und unterstützen den Kampf der Palästinenser. Innerhalb der kurdischen Minderheit jedoch herrscht eine freundlichere Einstellung gegenüber dem jüdischen Staat vor. Israel seinerseits stellte sich 2017 öffentlich hinter die Bestrebungen kurdischer Gruppierungen, einen unabhängigen Kurdenstaat zu etablieren. Außerdem bezieht Israel Öl aus dem nordirakischen Kurdistan, trotz Protesten vonseiten der irakischen Regierung.

Auf einer Konferenz in Kurdistan hatten im vergangenen September über 300 irakische Bürger für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit Israel plädiert. „Wir fordern, in das Abraham-Abkommen integriert zu werden“, hieß es in einer Abschlusserklärung der Konferenz. Im Rahmen jener Abraham-Abkommen hatten 2020 die Vereinten Arabischen Emirate, Bahrain, Marokko und der Sudan ihre Beziehungen mit Israel normalisiert. Die irakische Regierung distanzierte sich anschließend von der Konferenz, die sie als „illegales Treffen“ bezeichnete. Muqtada Al-Sadr drängte die Regierung gar, sämtliche Teilnehmer der Konferenz verhaften zu lassen.

Organisiert hatte die Veranstaltung ein Mann namens Joseph Braude, Amerikaner mit irakisch-jüdischen Wurzeln und Gründer des Center for Peace Communications, das sich für Kontakte zwischen Israelis und Arabern einsetzt. Auch er hatte für das neue irakische Gesetz nur harte Worte übrig. „Sadrs neues Gesetz wird dem Irak neue Schande einbringen“, urteilte er auf Twitter, „Investoren und Friedens-NGOs vertreiben und einen Keil zwischen das Land und seine eigene Diaspora treiben.“

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