Wird Margrethe Vestager neue EU-Kommissionspräsidentin? - Die Beste soll es machen

Ins Rennen um die Nachfolge von Jean-Claude Juncker ist Bewegung gekommen. Die Grünen haben sich auf die Seite der liberalen Allianz von Emmanuel Macron geschlagen. Die favorisiert eine Frau. Tatsächlich wäre Margrethe Vestager die ideale neue EU-Kommissionspräsidentin

Frischer, wacher, positiver: Margrethe Vestager wäre die ideale Nachfolgerin für EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker / picture alliance
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Christoph Schwennicke war bis 2020 Chefredakteur des Magazins Cicero.

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Jean-Claude Juncker ist das Gesicht Europas und das Gesicht zu Europa: Europa sieht alt aus, müde, frühvergreist und selbstzufrieden zugleich. Und da draußen in der Welt sind junge Kräfte am Werk, sie warten nicht darauf, bis sich das große Altersheim Europa dazu aufraffen kann, seine Wettbewerbsfähigkeit in einer härter gewordenen Welt und ihrer neuen Ordnung wieder herzustellen. Sie schaffen Fakten und neue Kräfteverhältnisse. China an erster Stelle. 

Aber es gibt dynamische Kräfte in der Europäischen Union. Die stärkste ist der französische Staatspräsident Emmanuel Macron, der es offenbar leid ist, auf seinen deutschen Counterpart Angela Merkel zu warten. Drei Anläufe hat er unternommen, die Buddha-Kanzlerin zu einer Reaktion auf seine Reformvorschläge zu stimulieren. Zweimal lief er damit ins Leere. Einmal antwortete die neue CDU-Parteivorsitzende.  

Jung, frisch, wach

Nun hat Macron ein liberales Bündnis geschmiedet, eine Art En Marche en Europe, und er hat sich für den Schlüsselposten, die Nachfolge von Jean Claude Juncker, die stärkste Figur herausgesucht, die man sich für einen neuen Schub in Europa vorstellen kann, die Dänin und bisherige Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Diese Frau vereint alles in sich, was Europa jetzt braucht: einen starken Willen, eine bezwingenden Charme und eine ungeheure positive Energie, die sie im persönlichen Kontakt verströmt. Sie wirkt jünger als sie ist, frisch und wach. Sie ist das Gegenbild zum ausgelaugten Amtsinhaber, der viel älter aussieht als er ist und dessen Blick dem eines Dackels immer ähnlicher wird. 

Es gibt tausend operative Gründe, warum Margarethe Vestager es am Ende nicht werden wird. Sie liegen alle in der inneren Machtarithmetik des Machtmonstrums EU begründet. Wenn sie es nicht wird, dann wäre Vestagers Schicksal sogar die völlige Versenkung: Wegen veränderter politischer Verhältnisse in Dänemark bliebe sie vermutlich nicht Wettbewerbskommissarin – ein Amt, in dem sie den Netzgiganten Google und Co. um Milliarden Strafsteuern erleichtert hat. 

Die Frauenkarte als Trumpfkarte

Aber es wehen im Moment auch einige günstige Winde, die in Vestagers Segel blasen. Die Grünen, die starke Kraft aus Deutschland, haben sich auf ihre Seite geschlagen. Macron hält über Daniel Cohn-Bendig seit jeher guten Kontakt zu ihnen. Sein Bündnis erweitert um die Grünen könnte eine Kraft entfalten, die das alte Schwarz-Rot-Kartell in Brüssel endlich aufbricht. 

Den entscheidenden Trumpf haben die Unterstützer der toughen Dänin dabei noch gar nicht gespielt. Der nächste Kommissionspräsident muss eine Frau sein. Europa ist in der Mythologie seit jeher weiblich, in seiner real existierenden  Form aber immer ein Gebilde aus alten Männern gewesen. Die Frauenkarte wird oft gespielt für Kandidatinnen, die sich nicht durch Qualifikation, sondern nur über die Quote empfehlen. 

Bei Margrethe Vestager würde sie einmal einer Kandidatin zugute kommen, die sich jenseits ihres Geschlechts durch schiere Eignung aufdrängt. Sie ist vielleicht die beste unter allen, die in Rede stehen.  

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