Impfpflicht in Österreich - Ab in den Schuldturm

Die Impfpflicht wird in Österreich wohl ab Februar kommen. Lange Zeit waren die Sanktionierungsmöglichkeiten gegen Impfverweigerer unklar, ein Gesetzesentwurf bringt nun Erhellung. Höchststrafen bis zu 3600 Euro pro Jahr sollen möglich sein – im äußersten Fall gar Beugehaft.

Wer sich nächstes Jahr der Impfpflicht in Österreich widersetzt, muss mit Geldstrafen rechnen / dpa
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Jonas Klimm studierte Interdisziplinäre Europastudien in Augsburg und absolvierte ein Redaktionspraktikum bei Cicero.

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„Wir müssen der Realität ins Auge schauen“, sagte der vergangene Woche zurückgetretene Kurzzeit-Kanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) Mitte November bei einer der vielen Pressekonferenzen, die die österreichische Regierung in den letzten 20 Monaten abgehalten hat. Dieser Pressekonferenz wohnte verglichen zu zahlreichen vorherigen aber eine besondere Brisanz inne: Denn Schallenberg verkündete nicht nur den erneuten Lockdown für das gesamte Land, er teilte auch mit, dass in Österreich ab Februar kommenden Jahres eine landesweite Impfpflicht gelten werde – Österreich wurde damit schlagartig zum Vorreiter in Europa. Der Ex-Kanzler begründete den Schritt damit, dass trotz intensiver Bemühungen nicht genug Menschen zu einer Impfung zu bewegen gewesen seien. Und zog anschließend die direkte Verbindung von der niedrigen Impfquote im Land zu den vollen Intensivstationen.

Fortan herrschte Unklarheit. Nur der 1. Februar war als Startdatum des weitreichenden Regierungsvorhabens bekannt. Für wen das Gesetz gelten soll, wer davon befreit ist und welche Sanktionsmöglichkeiten bei anhaltender Verweigerung für den Staat bestehen – diese Fragen blieben offen. Seit gestern besteht mehr Klarheit, durch die österreichischen Medien wabert seither ein Gesetzesentwurf mit klaren Leitplanken.

Impfpflicht gilt ab 14 Jahren

Von der Impfpflicht eingeschlossen sind demnach alle Personen ab 14 Jahren. Ausgenommen davon sind lediglich Schwangere und Menschen, die sich – ärztlich attestiert – aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen dürfen. Exkludiert sind zudem Personen, die in den vergangenen sechs Monaten nachweislich eine Corona-Infektion durchgemacht haben. Alle anderen Personen müssen laut Entwurf doppelt geimpft sein und sich spätestens 270 Tage nach der vorherigen Impfung „boostern“ lassen.

Zugrunde liegt dem Gesetzesvorhaben ein fest umrissener Zeitplan. Die landesweite Impfpflicht beginnt am 1. Februar. Alle nach wie vor ungeimpften Personen erhalten zwei Wochen später eine Nachricht vom Gesundheitsminister, aktuell wäre das Wolfgang Mückstein (Grüne), versehen mit einer klaren Impfaufforderung. Wer sich bis zum 15. März trotz der Aufforderung nicht impfen lässt, muss mit staatlichen Sanktionen rechnen.

Dabei handelt es sich um empfindliche Geldstrafen. Alle drei Monate müssten demnach Impfverweigerer 600 Euro Strafe zahlen, also 2400 Euro jährlich. Laut ORF könnte die Summe mit möglichen Verwaltungsgebühren auf bis zu 3600 Euro pro Jahr anwachsen. Dem Entwurf zufolge soll das Gesetz bis Ende Januar 2024 befristet sein. Die österreichische Bundesregierung wollte sich zu dem Entwurf noch nicht äußern, zunächst kündigten das Gesundheits- und das Verfassungsministerium an, zusammen mit den Oppositionsparteien SPÖ und NEOS zu beraten. Die rechtspopulistische FPÖ ist als Teilnehmer dieser Gespräche nicht vorgesehen.

Beugehaft als Ultima Ratio

Sollten die genannten Strafzahlungen nicht geleistet werden, bestünde für den österreichischen Staat noch die Möglichkeit der Beugehaft. Das österreichische Verfassungsgericht hatte die Beugehaft zwar zum Ende des Jahres als verfassungswidrig aufgehoben, die österreichische Bundesregierung passte diese aber durch eine Novellierung in Zusammenarbeit mit SPÖ und NEOS an, damit die Vollstreckungsoption weiter als Ultima Ratio besteht.  

Die rechtspopulistische FPÖ vermochte dahinter „totalitäre Züge“ der türkis-grünen Bundesregierung zu erkennen. Sie stimmte dagegen, „um zu verhindern, dass es als weiteres Instrumentarium der Unterdrückung ungeimpfter Personen zum Einsatz kommt“, wie die Nationalratsabgeordnete Susanne Fürst erklärte. Widerspruch kam seitens der Regierung, Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) betonte, dass man die Menschen zum Impfen bewegen wolle und nicht einsperren. Trotzdem müsse die verwaltungsrechtliche Möglichkeit bestehen, ein gewünschtes Verhalten durchzusetzen, so Edtstadler.

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