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(picture alliance) Obama gönnt das Eheglück jetzt auch schwulen und lesbischen Paaren

Barack Obama - Ein Hoch auf die Homoehe

Die Stärke des amerikanischen Präsidenten Barack Obama ist es, seine Anhänger zu vereinen und ein Gemeinschaftsgefühl zu schaffen. Einmal mehr hat er daraus einen Nutzen gezogen – in der Debatte um die Homosexuellenrechte in den USA

Das ist mal wieder ein typischer Obama. Er versucht, alle und jeden mitzunehmen, lässt alle Türen offen. Vergangene Woche hat Barack Obama wieder einmal Politik für ein Millionenpublikum gemacht: Schwule und Lesben, die einander heiraten wollen, sollten das auch tun können, sollen die gleichen Rechte wie alle haben.

Das – so der obamahafte Schachzug – sei seine persönliche Meinung. Und die habe er in den vergangenen Jahren erst entwickelt. Seine beiden Töchter, Sasha und Malia, die sich am präsidialen Abendbrottisch dafür ausgesprochen haben, dass die homosexuellen Eltern einiger ihrer Freunde die gleichen Rechte wie das Paar im Weißen Haus haben müssten, hätten ihn darauf gebracht.

Damit hat er geschickt auf den Vorstoß seines Vizes Joe Biden reagiert, der am Wochenende zuvor zu Obamas Ärger in einem Interview das Thema bereits auf die Agenda gehoben hatte. Da hatte er gesagt, er fühle sich „absolut wohl dabei“, wenn Schwule und Lesben heiraten. Als Reaktion darauf hat Barack Obama wieder einmal seine potentiellen Wähler bezaubert.

Mit den für seine Herausforderer gefährlichsten Waffen, die ihm zur Verfügung stehen: seiner integrativen Art und einem vortrefflichen Gespür dafür, historische Momente zu schaffen.

Mit seinem Bekenntnis kann er nun viele hinter sich versammeln. Jene, die sich schon immer für die Rechte der Homosexuellen eingesetzt haben, die Lesben- und Schwulenverbände, aber auch solche, die wie der Präsident einst selbst, der Homo-Ehe kritisch gegenüberstanden. Noch 2008 hatte sich der Wahlkämpfer Obama gegen eine Hochzeit von Schwulen und Lesben ausgesprochen.

Oft ist es – wie beim Abendbrot der Obamas – die jüngere Generation, die den Weg zur Erleuchtung ebnet, bei manchen auch ein schwules oder lesbisches Kind. Populärer Vertreter dieser Art ist der Republikaner Dick Cheney, dessen Tochter seit Jahren eine offene lesbische Beziehung führt.

Ein geläuterter Mensch wirkt glaubwürdig. Jemand, der Fehler eingesteht, sympathisch.

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Barack Obama ist ein Virtuose auf der Klaviatur der Empathie. Seitdem es diese Kolumne gibt, verkneift sich die Autorin bewusst jegliche Lobhudelei auf den amtierenden amerikanischen Präsidenten. Als Journalist sollte man doch einen kühlen Kopf bewahren. Das schnulzige  „Yes, we can“ der Obama-Unterstützer zum vergangenen Wahlkampf wurde da also nur verschämt in privaten Hinterzimmern angesehen, Fotos aus dem weißen Haus, in denen Obama einem Putzmann im Vorbeigehen kollegial zufaustet, bewusst als Wahlkampfpropaganda abgetan.

Und auch jetzt ist dem neutralen Journalisten natürlich der Propagandaplan der Regierung bewusst, der hinter der Schwulenumarmung steckt. Man weiß, dass Obama an die jungen Wähler heranwill, die ihm die vergangene Wahl gesichert haben, weiß, dass es Signale wie diese braucht, um sie vor dem Urnengang wieder fest auf seiner Seite zu verankern. Und trotzdem wirkt sein neuerlicher Vorstoß in Sachen „Change“.

Die neuesten Studien besagen, dass Obama immer mehr Amerikaner im Bezug auf die Schwulenrechte auf seiner Seite hat. Trotzdem sind die USA ein Land, in dem Schwule noch immer in weiten Teilen des Landes Ausgrenzung, sozialer Repression, gar bösartigem Terror ausgesetzt sind. Geschichten wie jene des Präsidentschaftsbewerbers Mitt Romney, über den es jetzt heißt, er habe in seiner High-School-Zeit einem schwulen Mitschüler als Anführer eines Mobs die Haare abrasiert, sind noch heute in manchen Teilen des Landes keine Seltenheit.

Noch heute leben wir in einer Welt, in der Homosexuelle vor ihrem Staat den Tod fürchten müssen wie in Iran oder Saudi-Arabien, in Uganda oder im Jemen. In der verrückte Gesetze bestehen wie die jamaikanischen, wo homosexuelle Handlungen von Frauen erlaubt, die von Männern aber verboten sind. Oder in der Präsidenten wie der Weißrusse Alexander Lukaschenko ungestraft den deutschen Außenminister beleidigen dürfen („Ich sage mir, besser Diktator sein als schwul“).

Auch wenn Obama die Regelungen der Schwulenehe gleichzeitig den Bundesstaaten selbst überlassen will, ist es immer noch ein revolutionärer Akt, dass er das Tabu im Präsidentschaftswahlkampf gebrochen hat. Leider.

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