Corona-Hilfen für die Wirtschaft - Zombie-Unternehmen führen in die Inflation

Deutschland beherbergt nach Berechnungen rund zehn Prozent an Zombie-Unternehmen: Gerade noch so zahlungsfähig, jedoch unfähig, in die Zukunft zu investieren. Gerade die Corona-Hilfen für Unternehmen dürften sich als Zombifizierungsprogramm der Extraklasse entpuppen.

Notenbanken wie die EZB werden so lange nachlegen, bis die eigenen Programme wirken / dpa
Anzeige

Autoreninfo

Daniel Stelter ist Gründer des auf Strategie und Makroökonomie spezialisierten Diskussionsforums „Beyond the Obvious“. Zuvor war er bei der Boston Consulting Group (BCG). Zuletzt erschien sein Buch „Ein Traum von einem Land: Deutschland 2040“.

So erreichen Sie Daniel Stelter:

Anzeige

Zombies sind allgegenwärtig. Nein, nicht die Untoten aus Horrorfilmen sind gemeint, sondern die ganz realen Untoten in der Wirtschaft. Gemeint sind Unternehmen, die mit Mühe und Not in der Lage sind, ihren Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, aber nicht genug verdienen, um in neue Produkte und Anlagen und die Ausbildung ihrer Mitarbeiter zu investieren. Immerhin jedes zehnte Unternehmen in Deutschland soll nach Berechnungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich ein solcher Zombie sein.

Da tröstet es wenig, dass es in den anderen Teilen Europas noch schlechter aussieht: Gut 15 Prozent der französischen, spanischen und italienischen Unternehmen fielen bereits 2019 in diese Kategorie.

Die Ursache dieser zunehmenden Zombifizierung ist rasch ausgemacht: Das Bankensystem ist zu schwach kapitalisiert und kann deshalb nur wenige Verluste verkraften, ohne selbst in Probleme zu geraten. Zombie-Banken und Zombie-Unternehmen stützen sich wie zwei Betrunkene gegenseitig.

Corona und der Zombie-Schub

Dabei bewirkt die zunehmende Zombifizierung genau das Gegenteil von dem, was die Notenbanken mit ihrer Politik des billigen Geldes vorgeben erreichen zu wollen. Statt steigender Preise bekommen wir Preisdruck. Das kann nicht überraschen, achten doch Unternehmen, die vor allem darauf ausgerichtet sind, die erforderliche Liquidität für die nächste Zinszahlung zu beschaffen, nicht auf die Profitabilität und sind eher geneigt, über den Preis zu verkaufen. Sie haben auch keine Mittel für Investitionen und Innovationen.

Die Rettungsprogramme infolge der Corona-Krise dürften dem Anteil der Zombies nun einen weiteren Schub verleihen. Staatliche Stützungsprogramme für angeschlagene Firmen, das Fluten der Finanzmärkte mit weiterer Liquidität und die faktische Übernahme des Kreditausfallrisikos für Banken sind ein Zombifizierungsprogramm der Extraklasse – angesichts der schweren Krise aber wohl alternativlos. 

Ein immer größerer Teil unserer Wirtschaft wird so abhängig von anhaltend billigem Geld und laxen Kreditstandards. Die Folge: noch weniger Wachstum, noch geringere Inflation und damit noch größere Probleme für noch mehr Schuldner.

Damit aber nimmt auch der Druck zu, diese Abwärtsspirale endlich zu überwinden. Die ökonomische Antwort ist nur in der Theorie gut: die Pleiten endlich zuzulassen und Zombie-Unternehmen und -Banken in den Konkurs zu schicken. Die Folge wäre eine Wirtschaftskrise, die wohl nur mit der Großen Depression vergleichbar wäre. Politisch völlig undenkbar.

Warum bei Zombifizierung Inflation droht

Deshalb werden wir erleben, dass die Maßnahmen von Staaten und Notenbanken so lange verstärkt werden, bis sie wirken. Mit immer größeren Ausgabenprogrammen und immer offenerer Finanzierung dieser Programme durch die Notenbanken wird die Politik alles daransetzen, Wachstum und Inflation nach oben zu treiben – und am Ende damit Erfolg haben.

Die Zombifizierung wirkt zwar zunächst deflationär, vor allem aber zersetzt sie die Angebotsseite der Wirtschaft zusehends. Produktionskapazitäten veralten, und die Unternehmen sind nicht mehr in der Lage, im selben Umfang wie früher Waren und Dienstleistungen zu erstellen. Nimmt man die Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel hinzu und die absehbar nächste Runde im Handelskrieg zwischen den großen Weltregionen, stehen wir vor dem Szenario schrumpfenden Angebots, auf das eine von Staaten und Notenbanken befeuerte Nachfrage trifft. Das dürfte schließlich zu höheren Inflationsraten führen.

Aus Anlegersicht sind die Konsequenzen klar und unerquicklich. Sobald die Inflation kommt, dürften steigende Nominalzinsen jenen zusetzen, die zu viele Schulden haben, und damit auch die Aktien- und Immobilienmärkte unter Druck setzen. Strategische Diversifikation auf Aktien, Gold und Immobilien bleibt richtig. Um nicht selbst zu zombifizieren, geht es nun darum, reale Verluste zu minimieren.

Dieser Text stammt aus der Oktober-Ausgabe des Cicero, die Sie am Kiosk oder direkt bei uns portofrei kaufen können.

 

 

Jetzt Ausgabe kaufen

Anzeige